Die alte Eiche

Theo Pauly, Gerolstein

 

Da stand sie einst, seit mehr als hundert Jahren,

auf kargem Boden eingepflanzt, und trotzte Wind und Wetter;

sie hatte knorrig weit die Äste ausgefahren,

so wie die Buche dort im Hain, ihr weitentfernter Vetter.

 

Sie spendete der alten Scheune Schatten,

sie war den Kindern "Mal" beim Fangen-Spiel,

den Kindern, die ihr Schulhaus gleich daneben hatten,

und denen ihr gewalt'ger Umfang stets gefiel.

 

Sie war dem Bauern, der den Hof daneben hatte,

mit ihrer Riesenkrone, dicht und weit ausladend,

auf der am Stamme festgemachten Tannenlatte

der Lieblingsplatz für seinen Feierabend.

 

Sie wachte über alles Dorfgeschehen,

sie hütete manch Kind bei seinem Spiel,

so mancher blieb in ihrem Bannkreis stehen,

weil ihm ihr Wuchs und Aussehen gefiel.

 

Dann ward ihr Platz gebraucht - ein neues Haus sollt' hier erstehen,

der alten Eiche Zeit war um, man fällte sie;

sie dürft' nicht weiterleben, mußte gehen.

Das Haus auf ihrem Platz ersetzt sie nie!