Versteinertes Leid

Peter Mauel, Berndorf

 

Wer über Kreuze in der Gemarkung Berndorf berichtet, kommt am "Siechkreuz" nicht vorbei. Eine wohlgeformte Anhäufung von Steinen - in der Mitte die Kreuzform - erinnert an die Gegend, in der die "Siechen" dahinvegitierten, wo sie starben. Zuerst war da ein einfaches Holzkreuz, in beinahe jeder Generation mußte es erneuert werden und zuletzt geschah dies nach dem zweiten Weltkrieg. Als Standort wird die Südseite des "Mittleren Berges" angegeben, eine Gewannde, die den Flurnamen "Am Siechhäuschen" trägt. Ein Kreuz aus Holz sucht der Wanderer hier vergebens, da befindet sich heute die Zufahrt zum Steinbruch. Bei den Rodungsarbeiten vor Inbetriebnahme des Bruches legte man das abgefaulte Kreuz zur Seite, Brombeeren wuchsen darüber, Gestrüpp. . . ; seit einigen Jahren gibts nun eben dies Gebilde aus Stein, zunächst siehts aus wie ein Haufen lose aufgeschichteter, flacher Kalksteine. Dann erkennt man, daß die Frontseite ein Kreuz aus rötlichem Hasselt (Grauwacke) birgt, dazu kleine Versteinerungen aus den umliegenden Feldern und auch sie haben eine Bedeutung. Sie sollen daran erinnern, daß auch Kinder vom Siechtum, vom Aussatz nicht verschont blieben. Die Kranken -meist hatten sie Lepra oder die Pocken -wurden in jener Zeit außerhalb der Dörfer "ausgesetzt", sie waren sich selbst überlassen und lebten mehr schlecht als recht von milden Gaben ihrer armen Zeitgenossen oder der Durchreisenden. Sie litten Not, die Aussätzigen, das ist gewiß.

Im vergangenen Jahr wurde das "Steinkreuz" eingeweiht, ein Zeichen, daß dies Elend der Kranken noch nicht vergessen ist. Betend und singend zog eine Prozession mit der Musikkapelle zum Steinbruch, Pater Eich sprach Worte der Fürbitte, segnete das steinerne Kreuz und die Gemeinde sang nach der Melodie eines alten Kirchenliedes vier Verse, eigens für diese Stunde geschrieben. . .

O du heilig Kreuze, daran mein Herr gehangen in schweren Todesbangen, gedenk o Herr der Menschen, die vor gar vielen Jahren nach hier verbannet waren. Öffne die Himmelstore, laß sie nicht länger darben, die hier am Aussatz starben.

Zu guter Letzt wir bitten, gib allen, die da kamen, mein Herr, dein'n Segen - Amen.

Die Gedenkstätte aus Stein, Nachfahre des hölzernen Siechkreuzes am "Mittleren Berg" bei Berndorf.

Foto: M. Schönberg