Mit einer' 'Hundestärke'' von Haus zu Haus

Erinnerung an Bäckermeister Schmidt aus Walsdorf

Peter Jakobs, Simmern

 

Viele Dörfer in der Eifel werden seit dem Wegfall der sogenannten "Tante-Emma-Läden" von Verkaufswagen angefahren, die Waren aller Art anbieten.

Diese Vertriebsart ist nicht neu. Schon in den dreißiger Jahren hatten findige Kaufleute und Handwerker diese Art des Verkaufs entdeckt und ihre Waren auch außerhalb des Betriebes oder Geschäftes angeboten, um zusätzlichen Umsatz zu erzielen.

Einer von ihnen war der Bäckermeister Peter Schmidt aus Walsdorf. Er hatte eine Bäckerei mit angeschlossenem Gernischtwarenhandel.

Schon um 1933 entdeckte er den "Markt an der Kyll", wie man heute sagen würde. Er nahm die Belieferung der Kylldörfer Niederbettingen, Dohm-Lammersdorf und etwas später auch Bolsdorf auf. Sein Verkaufswagen war ein Handwagen, der von einem Hund gezogen wurde und mit Kapazität für ca. 25 - 30 Brote ausgestattet war. Pünktlich auf die Minute war Schmidt da und es mußte schon etwas Besonderes vorgefallen sein, wenn er mal später kam. Als "Walsdorfer Bäcker" war er in aller Munde, geachtet und angesehen. Fleiß, Zuverlässigkeit und Ehrlichkeit bescheinigten ihm die Kunden gern.

Am Samstagmittag begab er sich auf die Fahrt in die Kylldörfer. Hier wurde er nicht nur von den Erwachsenen erwartet. Oft solls vorgekommen sein, daß die Kinder von der Straße heimliefen und sagten: "Mama, Du mußt mich baden, der Walsdorfer Bäcker ist da." Dadurch wußten sie, daß es Samstag war.

Mühselig war die Fahrt auf schlechten Straßen und schwerbeladen der Handwagen, auf der Hinfahrt Brot und Backwaren, auf der Rückfahrt Mehl aus Ballmanns-Mühle in Dohm, das die Landwirte für die Bäckerei im Lohnverfahren zur Verfügung stellten. Vielfach mußte Peter Schmidt bei Steigungen dem treuen Zuggefährten helfen. Der Walsdorfer Bäcker kam bei Wind und Wetter, im Sommer, im Winter. Er war umsichtig und hilfsbereit, freundlich, reell und überaus genau.

Sein Kundenstamm wuchs nicht zuletzt dank der überaus guten Qualität, die er lieferte.

Im "Stammhaus Walsdorf" schwärmte Schmidt von seinen "Kunden an der Kyll". Ihnen zu dienen, sie zufriedenstellend zu beliefern, dafür war ihm nichts zuviel. Noch vor Kriegsausbruch schloß sich Peter Schmidt mit dem Metzgermeister Krag aus Walsdorf zusammen und belieferte so in der Folgezeit per Pkw die Kylldörfer mit Brot und Fleischwaren.

Beide, Schmidt u. Krag, setzten die Kundenbetreuung zu Beginn des II. Weltkrieges fort. Später wurde der Brotvertrieb von der Niederbettinger Kolonialwarenhandlung Angela Ludwig übernommen.

Nach Kriegsende, als die ersten, schmerzlichsten Wunden geheilt waren, wollte Peter Schmidt wieder seine geliebten Kunden an der Kyll aufsuchen. Am 7. 8. 1945 beschlagnahmte die Kreisverwaltung Daun den dafür vorgesehenen, notdürftig hergerichteten Pkw im Namen der französischen Militärregierung. Damit wurde der erste Versuch einer Lieferung in die Kylldörfer im Keim erstickt. Erst nach Rückgabe des Fahrzeuges im Jahre 1948 durch die Franzosen war es möglich, die "Kunden an der Kyll" wieder mit frischer Ware zu versorgen. Die Freude im Kylltal war groß, als Peter Schmidt wieder da war. Noch heute spricht man bei den älteren Mitbürgern mit Hochachtung vom "Walsdorfer Bäcker", von der Zeit, als er vor dem Krieg mit seinem Hundewägelchen Samstag für Samstag die Kylldörfer mit Brot versorgte.

1955 starb Peter Schmidt - er war 72 Jahre alt geworden. Ein Jahr vor seinem Tode hatte er den Betrieb seinem Schwiegersohn Franz Dries übergeben.