Neue Kreisbibliothek in Daun

Ursula Nawrath, Daun

 

Die Eröffnung

Mit einem großen Festakt wurde am 2. Oktober 1989 die Kreisbibliothek Daun nach zweieinhalbjähriger Aufbauarbeit im Beisein von Kultusminister Dr. Georg Gölter ihrer Bestimmung übergeben.

Landrat Karl-Adolf Orth betonte in seiner Begrüßungsrede die Bedeutung der zentralen Einrichtung für das ganze Kreisgebiet und den Stellenwert, der aller Kulturarbeit im Kreis Daun beigemessen wird.

Prof. Dr. Herbert Heckmann von der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung ging in seinem Vortrag über die "Abenteuer des Lesens" auf Fragen der Lese-Erziehung und des individuellen Erlebens von Literatur ein. Kultusminister Dr. Gölter stellte die Situation des rheinland-pfälzischen Bibliothekswesens kurz dar und betonte die Wichtigkeit Öffentlicher Bibliotheken als Informations- und Begegnungsstätten, die große Teile der Bevölkerung erreichen. Er stellte die Kreisbibliothek Daun als erstes Pilotprojekt vor, das zur Verbesserung der Literaturversorgung im ländlichen Raum gefördert wurde. Bei einer anschließenden Bibliotheksführung durch die Leiterin, Dipl.-Bibliothekarin Ursula Nawrath, hatten die Gäste Gelegenheit, sich mit dem neuen Angebot und den Räumen der Bibliothek vertraut zu machen.

Der lange Weg des Aufbaus

Die Eröffnung der Kreisbibliothek Daun setzte einen Schlußstrich unter eine lange, recht anstrengende Vorbereitungszeit, in der nur eine Fachkraft zur Verfügung stand. Noch 1986 lag der Kreis Daun an 13. Stelle in der Literaturversorgung des Landes Rheinland-Pfalz. Die Defizite in der kulturellen Ausstattung wurden Gegenstand einer großen Kulturdebatte im Kreistag, die die Dinge ins Rollen brachte. Es gab damals über 30 ehrenamtlich geleitete Büchereien im Kreis, die mit großem Engagement arbeiteten.

Gemeinden und freie Träger waren jedoch nicht in der Lage, eine Öffentliche Bibliothek mit zentralen Aufgaben und Ergänzungsfunktion zu errichten. So übernahm der Landkreis die Aufgabe der Literaturversorgung. Im April 1987 ging es dann los:

Zunächst im Rahmen einer AB-Maßnahme wurde Dipl.-Bibliothekarin Ursula Nawrath für den Aufbau der neuen Kreisbibliothek eingestellt. Als Erstes galt es, ein Konzept zu erarbeiten und den Altbestand der ehemaligen Stadtbücherei Daun zu überprüfen. Gleichzeitig wurde ein Grundbestand an Büchern, Zeitungen, Zeitschriften, Literaturkassetten, Sprachkursen und Spielen aufgebaut, so daß bis zur Eröffnung etwa 15.500 Medien vorhanden waren.

Ihren Standort fand die Bibliothek im ehemaligen Internatsgebäude des Thomas-Morus-Gymnasiums und damit mitten im Schulzentrum der Stadt. Nach umfangreichen Umbauarbeiten ist sie hier in freundlichen, hellen Räumen auf ca. 450 qm untergebracht, wo ansprechende Möblierung zum Verweilen einlädt. Eine besondere Attraktion ist die Kinder- und Jugendabteilung, die durch ein großes Wandbild der Kunstpädagogin Annette Müller ihre eigene Atmosphäre erhält.

Viel Leben in der neuen Bibliothek

Die Eröffnungsfeier am 2. Okt. 1989 war Auftakt zu einer Veranstaltungswoche in der Bibliothek; Kinder und Jugendliche waren zur Autorenlesung mit Max von der Grün eingeladen, der aus "Friedrich und Friederike" und den allseits bekannten "Vorstadtkrokodilen" las. Abends wurde dann mit der Erzählung "Späte Liebe" das erwachsene Publikum angesprochen. Hoch ging es her beim Luftballonwettbewerb für die kleinen Leseratten. Fast 500 Kinder bevölkerten die Wiesen vor der Bibliothek, und bei diesem Ansturm mußte das anschließende Märchentheater gleich zweimal vorgeführt werden. Den Abschluß der Eröffnungswoche bildete eine vergnügliche Lesung mit Leonhard Reinirkens, den Radiohörern durch die Abenteuer des verschmitzten Mönchs Fra Bartolo gut bekannt. Die Veranstaltungen sollten jede Altersgruppe ansprechen und haben den ersten Lesern bereits den Weg zur Bibliothek gewiesen.

Blick in die Sachbuchabteilung der Kreisbibliothek.

Trubel in der Kinderbibliothek bei der Preisverleihung im Luftballonwettbewerb.

Im ersten Halbjahr waren weiterhin Walter Kempowski, die Kinderbuch-Autorin Angela Sommer-Bodenburg, Nelly Das und der Illustrator Manfred Schlüter zu Gast in der Kreisbibliothek.

Eine Bibliothek mit vielen Aufgaben

Die Kreisbibliothek Daun stellt eine Neuheit im Land Rheinland-Pfalz dar. Als einzige Bibliothek in der Trägerschaft eines Landkreises hat sie überörtliche Funktionen für ihr Einzugsgebiet. Sinn des Pilotprojekts war es, die Literaturversorgung nicht auf den Standort Daun zu beschränken, sondern für das ganze Kreisgebiet anzubieten.

Dies ist nur in Zusammenarbeit mit den vorhandenen ehrenamtlichen Büchereien, mit Schulbibliotheken und Jugendeinrichtungen möglich. Bei der großen Flächenausdehnung des Kreises mit seinen 109 Ortsgemeinden fällt es nicht leicht, die Bevölkerung zu erreichen.

Zum einen geschieht dies durch Ausleihe größerer Bücherpakete, die vor Ort eine kostenlose und abwechslungsreiche Bestandserweiterung ermöglichen. Diese "Blockbestände" im Umfang von 70 bis 140 Büchern werden nach einigen Monaten wieder ausgewechselt. Im internen Leihverkehr verschickt die Kreisbibliothek die benötigten Bücher an die ehrenamtlichen Büchereien. Ein Postservice richtet sich an einzelne Benutzer, denen der Weg zur Bibliothek zu weit ist.

Neben diesen überörtlichen Funktionen arbeitet die Kreisbibliothek zusätzlich als Schulbibliothek für die beiden Gymnasien und die Außenstelle der Berufsbildenden Schule am Ort. Die Öffnungszeiten sind dem Schulbetrieb angepaßt. Inden Pausen, nach der Schule, vor dem Nachmittagsunterricht und an Schulsamstagen können die Schüler die Bibliothek nutzen. Es werden häufig Klassenführungen durchgeführt, um die Schüler an den Umgang mit der Bibliothek zu gewöhnen. Bei dieser vielfältigen Nutzung bleiben Konflikte natürlich nicht aus. So fehlt zur Zeit noch ein Gruppenarbeitsraum für Schulzwecke, in den Pausen herrscht Stoßbetrieb und ein erheblicher Lärmpegel, so daß erwachsene Benutzer lieber auf die Nachmittag- und Abendstunden ausweichen. Die Versendung von Blockbeständen macht Doppelanschaffungen bei gefragten Themen unumgänglich.

Das erste Halbjahr: Weiter auf Erfolgskurs

Eine erste Bilanz zeigt es: Die Kreisbibliothek Daun wurde vom ersten Tag an erstaunlich gut von der Bevölkerung angenommen.

Die ausgedehnten Öffnungszeiten ( 32 1/2 Stunden pro Woche) sollen jedem die Möglichkeit geben, die Bibliothek aufzusuchen. Besonderer Wert wurde darauf gelegt, daß der Bibliotheksbesuch mit Einkaufs- und Behördengängen verbunden werden kann. So werden drei lange Abende bis 19 oder 20 Uhr angeboten. Die neue Bibliothek stieß offenbar auf großen Bedarf. Bereits in den ersten sechs Monaten meldeten sich etwa 2.000 Benutzer an, im gleichen Zeitraum konnten schon ungefähr25.000 Entleihungen verbucht werden.

Besonders erfreulich für die Kreiseinrichtung ist es, daß ihr Einzugsgebiet tatsächlich den ganzen Kreis umfaßt. Angemeldete Benutzer kommen aus 93 der 109 Ortsgemeinden zur Bibliothek oder lassen sich Bücher zuschicken, 12 % der Benutzer wohnen in Orten außerhalb des Kreisgebietes. Die ersten Ergebnisse sind ermutigend, doch der Aufbau ist noch nicht abgeschlossen. Um allen Interessen gerecht zu werden, wird die Kreisbibliothek im Endausbau ungefähr 30.000 Medien aus allen Sachgebieten anbieten können.