Eine Gemeinde im Blickfeld

Kerpen - Loogh

Rudolf Raetz, Kerpen

 

Im Rahmen des 29. Landeswettbewerbes "Unser Dorf soll schöner werden" im Jahre 1989 wurde seitens der Landeskommission der Gemeinde Kerpen, gemeinsam mit der Gemeinde Schwegenheim, (Landkreis Germersheim), der Öko-preis des Landes Rheinland-Pfalz zuerkannt. Dieser seit zwei Jahren neu geschaffene Ökopreis des Umweltministerium des Landes Rheinland-Pfalz wurde vom zuständigen Minister Dr. Alfred Beth am 16.3.1990 in einer Feierstunde den Repräsentanten der Gemeinde Kerpen, Bürgermeister Nikolaus Ratz und Ortsvorsteher Rudolf Raetz, im Beisein zahlreicher Gäste und der Bevölkerung von Kerpen und Loogh übergeben.

Die verliehene Auszeichnung basiert auf herausragenden ökologischen Leistungen der Gemeinde in der Gemarkung von Kerpen und Loogh, sowie in beiden Ortsteilen. Unter großer Teilnahme der Bevölkerung wurden Min-ster Dr. Beth und den zahlreichen Gästen bei einer Rundfahrt durch die Gemarkung Kerpen-Loogh und der Besichtigung der Ortsteile die besonderen ökologischen Leistungen durch den langjährigen Förster, Forstamtmann i. R. Horst Bürgel, durch Ortsbürgermeister und Ortsvorsteher vorgestellt. Horst Bürgel, unter dessen Leitung der größte Teil dieser Maßnahmen durchgeführt und bis heute betreut wurden, gab über Sinn und Zweck Erläuterungen. Hier konnten in erster Linie die zahlreichen Windschutzhecken in der Gemarkung Kerpen genannt werden.

In den Jahren 1957 bis 1962 stand in Kerpen-Loogh die Flurbereinigung an. Dabei wurde der bestehende, über die ganze Gemarkung verstreute Heckenbestand bis auf einen winzigen Restbestand entfernt. Durch den damaligen Gemeinderat unter Bürgermeister Peter Stump wurde im Rahmen der Flurbereinigung die Anpflanzung mehrerer Kilometer Windschutzhecken beschlossen. In die neue Parzellierung der Feldflur hatte man die Windschutzstreifen als Anbindung an die vorhandenen, bewuchsbestandenen Kalksteinrippen der Gemarkung eingeplant.

Mit der Anpflanzung im Dezember 1960 unter Leitung von Förster Horst Bürgel wurde mit einer ersten, für diese Zeit nicht üblichen ökologischen Maßnahme, begonnen. Dies ist ersichtlich aus Flurbereinigungsverfahren in Nachbargemeinden im gleichen Zeitraum wo wir noch heute eine ausgeräumte Feldflur vorfinden. Bei der Bepflanzung der Windschutzstreifen wurden nur heimische, bereits auf unseren natürlichen Kalkrippen vertretene Pflanzen - Haselnuss, Wolliger Schneeball, Schwarz-Weißdorn, Hundsrose, Pfaffenhütchen, Seidelbast, roter Hartriegel, gelber Hartriegel, Salweiden, Holunder, Brombeere, Stachelbeere und Heckenkirsche - als Sträucherarten verwendet. Als Baumarten wurden Hainbuche, Rotbuche, Traubeneiche, Feldahorn, Wildapfel, Wildbirne und Wildkirsche mit eingepflanzt. Ein zusätzliches Einbringen von Wild-und Heckenkirsche sowie Wildbirne, Wildapfel, Apfelrose und Gemeiner Schneeball in die Windschutzhecken dient als Futterplatz für die heimische Vogelwelt.

Erwähnenswert ist, daß sich zwei Landwirte durch die Anpflanzung eines Heckenstreifens auf ihren landwirtschaftlichen Grundstücken an der Maßnahme beteiligten.

Im Jahre 1980 wurden die Windschutzhecken der Gemeinde vom damaligen Gemeinderat mit Ortsbürgermeister Walter Manstein unter Naturschutz gestellt und mehrfach Pflegemaßnahmen durchgeführt. Sinn dieser Pflegemaßnahmen war, so erläuterte Horst Bürgel bei der Rundfahrt, die Windschutzhecken als Hecke zu erhalten und nicht in Hochstämme auswachsen zu lassen.

Das abgeschnittene Geäst wurde als Deckungsund Lebensraum für die Kleintierwelt in der Hecke belassen (Feldhuhn). Denn nur als Hecke bietet der Schutzstreifen Lebensraum für Kleintiere und Brutstätte der Vogelwelt, auch für bedrohte Arten.

Ferner konnten dem Umweltminister und den Gästen das Naturschutzgebiet Hönselberg und die vielen erhaltenen Kalktrockenrasengebiete gezeigt werden.

Besonders erwähnenswert sind die Kalktrokkenrasen am Hönselberg mit Wacholder-Schutzgebiet, am Loogher-Berg, Ko-Berg und Höhenberg in der Gemarkung Kerpen.

Hinzu kommen in der Gemarkung von Kerpen und Loogh die vorhandenen Kalkrippen mit ihrem artenreichen Bewuchs als Nichtwirtschaftswaldflächen.

Die vielen, natürlich belassenen Feldraine in der Gemarkung beider Orte bilden mit den vorgenannten großflächigen Gebieten mit Kalktrockenrasen Biotope einer äußerst seltenen Pflanzen-, Blumen- und Insektenwelt. Auf diesen Standorten findet man seltene Pflanzen und Blumen; Seidelbast, Küchenschelle, Wacholder, Orchideen (darunter zehn verschiedene Knaben-Krauter), Waldvöglein, Händelwurz, Stendelwurz, Zweiblatt, Fliegen-Ragwurz, Waldhyazinthe, Blaugrassegge, Deutscher Enzian, Fransenenzian, Lungenenzian, Hauheschel, Färber-Kamille, Lungen-Kraut, Tausendgülden-Kraut, Steinklee, Walderdbeere, Hundsveilchen, Wiesensalbei, Natternkopf, Wilder Dosten, Golddistel, Labkraut, Gemeiner Thymian und Hornkleearten.

Mit ihren Samen sind sie eine Nahrungsgrundlage der Insekten - und Vogelwelt, besonders für überwinternde Vogelarten. Somit sind diese Flächen zu Rückzugsgebieten einer bedrohten Pflanzen- und Tierwelt geworden, mit der Orchideenvielfalt, den verschiedenen Schmetterlingsarten und Insekten wie Hummel und Biene. In diesem Zusammenhang sei besonders die Planung eines Schutzgebietes auf dem Bahnkörper in der Gemarkung Kerpen erwähnt. Die alte Bahnstrecke, 1973 stillgelegt, ist in den letzten Jahren zu einem Standort und Lebensraum seltener Pflanzen und Tiere geworden. So ist der Bahndamm, teilweise stark mit Schwarz- und Weißdorn bestanden, zum Nistplatz für den vom Aussterben bedrohten Neuntöter geworden.

Besondere Aufmerksamkeit der Gäste erregte ein Teil unregulierter, mäandernder Bachläufe in den Gemarkungen Kerpen und Loogh, die trotz Flurbereinigung erhalten wurden. Bachläufe mit üppigem Roterlen- und Weidenbewuchs, die dem Eisvogel, der Wasseramsel, Gebirgsbachstelze und verschiedenen Fledermausarten noch Lebensraum bieten.

Bei den begradigten Bachläufen in der Gemarkung konnte man auf die ungenutzten Böschungen hinweisen, die zum Teil wieder mit Roterlen bestanden sind. Heute sind sie Rückzugsgebiet einer sumpf- und wasserliebenden Pflanzen- und Tierwelt. Als besondere Maßnahme wurde die Anlegung eines Feuchtbiotops am Stausee Kerpen gewertet, das während des Baues der Freizeitanlage 1980 angelegt wurde.

Ferner konnte auf einige private ökologische Maßnahmen hingewiesen werden. Hier sind erwähnenswert die Umwelttage, (Frühjahr -Herbst), die seit Jahren von den Vereinen der beiden Orte durchgeführt werden. Besondere Beachtung fand die jährliche Nistkastenaktion des Angelsportvereins mit einer Biotopsicherung am Stausee und Rudersbach von Kerpen. In diesem Zusammenhang wurde auch auf die Landbewirtschaftung der Bauern von Kerpen und Loogh hingewiesen. Eine Nitratbelastung des Grundwassers von 13 mg/l, läßt auf eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung der Feldflur schließen.

Am Ende der Rundfahrt brachte Horst Bürgel noch zum Ausdruck, daß man in der Öffentlichkeit über Standorte seltener Pflanzen und Tiere keine Auskunft gäbe. Er habe leider und oft schlechte Erfahrungen gemacht und mit der Preisgabe über Standorte Tier und Pflanze akut gefährdet. Ferner habe er während seiner 30jährigen Dienstzeit versucht, die Unsitte und schwere Umweltschädigung durch das Verbrennen des alten Grasbewuchses an den Feldrainen zu bekämpfen, sie aber leider bis heute noch nicht endgültig ausgerottet.

Im Zentrum von Kerpen der Dorf platz; hier der Brunnen vor einem historischen, sehr gut restaurierten Gebäude.

Nach der Rundfahrt durch die Gemarkung Kerpen-Loogh wurden ökologische Maßnahmen im Ort Kerpen und am Ortsrand dem Umweltminister und den Gästen durch Ortsbürgermeister Nikolaus Ratz und Ortsvorsteher Rudolf Raetz vorgestellt. Es wurde darauf hingewiesen, daß die Gemeinde Kerpen neben einer Dorfgestaltungssatzung, (aus dem Jahre 1980, erste im Reg. Bez. Trier), auch eine Begrünungssatzung mit Auflagen für standortgerechte Bepflanzung hat.

Die Begrünungssatzung, die 1988 vom Gemeinderat erlassen wurde, hat zum Ziel die Wiederanpflanzung heimischer Baum- und Sträucherarten im Ort, um dadurch ein Verdrängen nicht standortgerechter Blautannen oder fremdländischer Baum- und Heckenarten zu erreichen.

Ortsbürgermeister Ratz führte aus, daß diese Maßnahme durch finanzielle Beihilfe der Gemeinde bei der Anpflanzung auf privaten Haus- und Gartengrundstücken unterstützt wurden. Umweltminister und Gäste konnten feststellen, daß der Gemeinde hier ein durchgreifender Erfolg gelungen ist. So konnte man sich davon überzeugen, daß Thujahecken durch Hainbuchenhecken ersetzt wurden. Viele Blautannen wurden durch die Anpflanzung von Linden-, Kastanien-, Ahorn-, Eichen- und Obstbäumen ausgewechselt.

Hierfür war eine Entsiegelung bituminöser Flächen im Ortskern auf privaten Grundstücken und Gemeindeflächen erforderlich.

Dadurch waren auch Erdbeete für Blumen geschaffen. Positiv wurde von den Teilnehmern aufgenommen, daß der Ortskern durch Blumenbeete und nicht durch Blumenkübel, Kästen oder Bottiche verschönert wurde, wie es schon einmal 1987 im Gespräch war. Unterstützt haben diese ökologischen Maßnahmen die Pflanzung von Laubbäumen und Hainbuchhecken am Ortsrand und an markanten Stellen innerhalb des Ortskernes auf Gemeindegrundstücken. Ferner wies Ortsbürgermeister Ratz auf die Dorferneuerungsmaßnahmen der letzten drei Jahre im Ort Kerpen hin, bei denen erhebliche Begrünungsmaßnahmen durchgeführt wurden.

Der Fußweg an der Niedereher Straße in Richtung Friedhof, (DE-Maßnahme 1988), ist hierfür ein treffendes Beispiel. So wurde entlang des neugeschaffenen Fußweges, (ca. 500 Meter) eine Hainbuchenhecke und als Abschirmung zur Kreisstraße eine Reihe Ahornbäume gepflanzt. Miteingebunden in die Begrünung wurde die Ortsrandkreuzung Bachstr./Schulstraße und Niedereherstraße, was bei der Besichtigung einen sehr positiven Eindruck hinterließ. Erwähnenswert ist auch die Begrünung mit Klettergewächsen an Betonmauern und Einfassungen bei privaten und gemeindeeigenen Gebäuden.

Anerkennung fanden die Hausgärten direkt am Ortskern im Irrweg und das Bemühen der Gemeinde, mit einem kleinen Zuschuß den typischen Eifellattenzaun (senkrechte Latten) wieder als Einfriedung der Gärten und Grundstücke einzuführen, um damit Maschendraht und Plastik verschwinden zu lassen.

Als Mittelpunkt des Ortskerns von Kerpen wurde der Dorfplatz besichtigt, umrahmt von Häusern mit alter Bausubstanz, die hervorragend gestaltet sind. Der Dorfplatz mit Erdbeeten, Blumen und Rosensträuchern, Klettergewächsen an der Umrandungsmauer und ein in der Mitte stehender Lindenbaum konnten den besten Eindruck hinterlassen. Der kurze Stop am Dorfplatz wurde dazu benutzt, Umweltminister Beth und den Gästen die Geschichte der Burg und des Dorfes Kerpen zu erläutern, auf seine besondere geologische Lage in der Hillesheimer Kalkmulde hinzuweisen. Dabei fand der Geo-Pfad der Verbandsgemeinde Hillesheim mit seinem zweiten Ausgangspunkt vom Vorplatz der Burg Kerpen die ungeteilte Aufmerksamkeit.

Zum Abschluß der Ortsbesichtigung sprachen Ortsbürgermeister Nikolaus Ratz und Ortsvorsteher Rudolf Raetz vom mühevollen Weg in Sachen Ortsbegrünung. Er habe viele Einzelgespräche und Überzeugungskraft bei der Bevölkerung erfordert.

Übereinstimmend wurde von beiden erklärt, daß dieser Weg noch nicht zu Ende sei.