Basaltabbau auf dem Roßbüsch

Peter Jakobs, Simmern

 

Wenn in den 30er Jahren an Wochentagen im nordwestlich von Niederbettingen gelegenen Roßbüsch Detonationen in Böllerschußart ertönten, wurde dies von der Bevölkerung ohne besondere Aufmerksamkeit wahrgenommen. Man wußte: Es ist 17 Uhr und die schwer arbeitenden Menschen haben Feierabend auf dem Roßbüsch, dem Lavasteinbruch auf Bann Oberbettingen.

Zu Fuß kamen die Arbeiter täglich zu der schweren Arbeit im Steinbruch der Firma Bender aus Mayen. Für einen Stundenlohn von RM 0,50 und weniger wurde das Letzte aus den Menschen herausgeholt zu einer Zeit, da kaum oder fast keine technischen Geräte und Hilfsmittel zur Verfügung standen. Bei Wind und Wetter, im Sommer bei starker Hitze, im Winter bei strengem Frost und hohem Schnee wurden Packlage und Pflastersteine in Handarbeit gefertigt und zum Abtransport bereitgestellt. Das Gestein im Bruch hatte eine sehr geringe Bodenabdeckung, also fast keinen Abraum. Der Lavabasalt wurde von der Wand abgesprengt, (daher auch die tägliche Sprengung zum Arbeitsende) dann mit dicken Hämmern kleingeschlagen. Im Gegensatz zum Steinbruch Kyllerkopf konnte auf dem Roßbüsch während des ganzen Winters durchgearbeitet werden. Der Basalt, nach dem Griechischen Basanos= Probier- und Wetzstein wegen seiner Härte, gehört gleich dem Tacht und dem Phonolith zur Gruppe der jüngeren Eruptivgesteine. Er ist ein Gebilde der Tertiärperiode. Während er ein vielfach verbreitetes Hartsteinvorkommen darstellt, tritt er bei uns im Gebiet der Eitel als eine in mächtigen, unterirdischen Strömen geflossene Lava entgegen. Die wesentlichen Bestandteile des Basalts sind außer Plagioklas, Olivin, Magnetit, insbesondere aber Leucit und Augit. Die Hauptfundstätten der Lava sind der Raum Mayen - Kottenheim, Niedermendig und Umgebung. Kleinere Ströme treten im Kreis Daun auf, so im Raum Rockeskyll - Walsdorf -Hohenfels und im Räume Oberbettingen -Niederbettingen auf dem hier beschriebenen Roßbüsch.

Die Lava trat säulenförmig in den einzelnen Strömen aus, so auch bei uns. Man kann sich diese Bildungsweise sowohl durch Zusammenziehung der Massen bei ihrem Erkalten erklären, wie gleichfalls als Bildungstheorie gelten kann, daß eine Ausdehnung der Massen stattgefunden hat, als dieselben aus dem geschmolzenen in den festen Zustand übergingen. Beide Entstehungsursachen lassen die säulenförmige Bildungsweise zu.

Die Stammarbeiter des Betriebes, Peter Letsch und Peter Schmitz aus Oberbettingen, Hanni Endres und Heinrich Jakobs aus Niederbettingen sowie die Pflastersteinspezialisten Karbach aus Hillesheim und Josef Luxem, Oberbettingen, wurden im Laufe der Jahre, so würde man heute sagen, ein Team, das sich nicht schonte.

Peter Letsch heute: "Zum Bearbeiten der dik-ken Brocken mit dem Hammer bedurfte es auch eines Geschicks. Der Arbeiter mußte die Struktur des Steines kennen und zum Zerschlagen die richtige Fläche finden."

Während der Wintermonate in den Jahren 1940 und 1941 wurden französische Kriegsgefangene zusätzlich im Steinbruch eingesetzt, die sonst in der Landwirtschaft arbeiteten. Peter Letsch erinnerte sich weiter an die großen Risiken bei Rückgang des Frostes: "Kuhlen Hanni hatte einmal durch lautes Schreien vor dem Nachrutschen der oberen Schicht warnen können und so die darunter arbeitenden Mitarbeiter vor dem sicheren Tode gerettet."

Die Nachfrage nach Packlage steigerte sich derart, daß man mit den Lieferungen in Verzug kam. Der Bau der Reichsautobahn im Räume Wittlich und des Westwalls waren hierfür die Ursache. Sehr stark machte sich das Fehlen eines Anschlusses an die Reichsbahn bemerkbar. So wurde als Abhilfe vom Steinbruch bis an die Straße Niederbettingen - Oberbettingen eine Kleinbahn gelegt, die den Transport der Packlage zu den bereitstehenden Lkw's übernahm. Diese brachten das Gestein meistens in Waggons, die am Bahnhof Oberbettingen bereitstanden. Aber auch hier bestanden Gefahren. Bei Nässe kam es oftmals vor, daß durch den starken Druckder schwerbeladenen Loren die Kleinlok ins Rutschen kam und der Führer der Lok sich nur durch den Absprung retten konnte. Erinnerlich ist dem Chronisten ein Fall, bei dem der Firmenchef nach der erfolgten Meldung eines derartigen Unfalls zunächst nach dem Zustand der Diesellok fragte, um sich dann anschließend nach dem Wohlbefinden des Führers zu erkundigen.

Es kam auch vor, daß Jugendliche aus Schabernack an Wochenenden die Loren abwärts in rasender Fahrt laufen ließen, bis diese in den Kurven aus den Schienen sprangen. Verständlich, daß der Ärger am Montagmorgen bei den Arbeitern groß war.

Den Arbeitern auf Roßbüsch wurde nichts geschenkt. Hätte man sie nach den Anforderungen und Leistungen entlohnt, sie wären steinreich geworden. So blieb es bei dem kargen Verdienst, erzielt bei einer Witterung, die oft wechselhaft war. Mangel bestand zudem an entsprechend wetterfester Arbeitskleidung. Den Tagesabschluß bildeten immer wieder die Gesteinsprengungen des Sprengmeisters Heinrich Jakobs. Hierzu bediente man sich des einzigen vorhandenen technischen Hilfsmittels; des Kompressors mit Deutzmotor. Peter Schmitz bohrte die Sprenglöcher ins Gestein, meistens an der Wand. Die Sprengladungen wurden durch eine Zündschnur zur Explosion gebracht, nachdem vorher ein Warnsignal geblasen wurde. Es kam zwar selten vor, aber hin und wieder ging ein Schuß nicht los. Nach einer Sicherheitszeit von etwa 10 Minuten wurde an Ort und Stelle nach der Ursache geforscht.

Auch wenn Feierabend auf dem Roßbüsch war, für die Arbeiter war der Tag noch lange nicht zu Ende, denn zu Hause wurden sie in der eigenen Landwirtschaft erwartet, die auf die Arbeitskraft angewiesen war.

Am Morgen vor der Schicht war das Vieh im Stall zu versorgen und in den Sommermonaten ging der Arbeitstag kaum vor 22 Uhr zu Ende. Seit dem Jahre 1941 ruht die Arbeit. Die Diesellok und Gleisanlagen wurden nach Hitlers Überfall auf Rußland dorthin gebracht. Die Arbeiter erhielten ihre Einberufung zur Wehrmacht und blieben zum Teil im Krieg.

Noch heute kann man die Überreste des Steinbruchs Roßbüsch erkennen und sich Anlage und Ablauf vorstellen. Nicht vorstellen kann man sich aber heute Schweiß, Mühen und Fleiß, die hier von Söhnen der Eifel aufgebrachtwerden mußten, umfürdie Frau, Kinder und Familie das Existenzminimum zu erreichen.