Rose-Marie Gericke-Frischeisen
Porträt einer eigenwilligen Frau
Raymond Pauquet, Stadtkyll
Es ist ein schier unmögliches Unterfangen, all die künstlerischen Ansätze, die das Oevre der Fotografin Gericke-Frischeisen auszeichnen und die Absichten dieser unkommerziellen Galeristin mit ihrer Gesamtkonzeption in wenigen Worten darzulegen. Dennoch soll hier der Versuch unternommen werden, die kommunikative Frau, die der Bevölkerung in ihrem unmittelbaren Wirkungskreis bekannt ist, da sie leise, ungewöhnliche Wirbel verursacht, vorzustellen.
Vor etwa zwanzig Jahren kam die Fotografin, zunächst auf der Suche nach einer Ferienwohnung, zum ersten Mal in die Eitel. Nach einer Odyssee durch die Vulkaneifel, wie sie selber sagt, richtete sie ihr Augenmerk auf Basberg, wo sie das ehemalige, alte Schulhaus erwarb. Heute ist Basberg, ein kleines idyllisches Eifeldorf unweit von Steffeln im Oberen Kylltal gelegen, das Domizil der Künstlerin und gleichzeitig Sitz der "Galerie am Katzenberg". Nach gut durchdachten Umbauarbeiten ist aus dem einstigen Klassenzimmer und zwei weiteren Räumen im Erdgeschoß eine intime Galerie entstanden, die 1987 eröffnet wurde. Auf diese Weise hat das einst zu didaktischen und pädagogischen Zwecken errichtete Haus nichts von seiner Funktion eingebüßt. Ganz im Gegenteil, es ist Absicht der Künstlerin, eine zwanglose Begegnungsstätte entstehen zu lassen. Dabei versteht sich ihre reich mit Bildern ausgestattete Behausung nicht nur als visuelle Schulung, sondern auch als Möglichkeit, in einer businessorientierten Zeit, wo kaum noch Muße zur Kommunikation bleibt, Raum zu schaffen für Gespräche.
Offiziell eingeladen wird von Frau Gericke-Frischeisen pro Jahr nur einmal, dann nämlich, wenn sie ihre neuen Arbeiten präsentiert und die Türen des Gesamtkunstwerks am Katzenberg vielen Besuchern offenstehen. Daß in der Galerie aber auch Arbeiten anderer Künstler willkommen sind, zeigte die Jahresausstellung im Sommer 1988 "Brückenschlägen - künstlerische Ausdrücke Behinderter". Davon abgesehen sind offizielle Einladungen mit viel Pauken und Trompeten gar nicht erforderlich; ein. Anruf genügt, um einen Termin mit Frau Gerik-ke-Frischeisen zu vereinbaren; vorausgesetzt, sie ist nicht gerade mit ihrer Kamera unterwegs, wird sie jederzeit für ein Gespräch bereit sein.
Als ich das erste Mal dieses liebevoll eingerichtete Haus betrat, verschlug es mir die Sprache vor lauter Eindrücken, hervorgerufen von all den vielen Bildern an den Wänden und vielen Details, die sich dem Betrachter öffnen oder sich vor ihm verschließen und erst entschlüsselt werden wollen. Genauso, wie die Autorin selbst, die zwar jedem Gesprächspartner offen entgegentritt, sich aber scheut, zu viel über sich selbst zu reden und Dinge preiszugeben, die nur durch aufmerksames Betrachten der Bilder wahrzunehmen sind. Sie haßt die nichtssagende Auflistung ihrer biographischen Daten und gibt nur ungern Statements über sich selbst ab. Wenn sie bei Ausstellungseröffnungen darum gebeten wird, sich selbst vorzustellen, verweigert sie's, faßt sich kurz und überlaßt das Reden lieber anderen.
Ihr Werk läßt sich, trotz aller Vielfalt, leicht den zwei klassischen Kategorien der Landschafts und Pflanzenfotografie zuordnen, wobei bei vielen ihrer Arbeiten auch eine Gleichgewichtung beider Motive vorliegt. Was dargestellt wird, ist fast immer die Natur, ja sogar die Schönheit der Natur. Ob nun die weitangelegte Landschaft mit Tiefenwirkung oder das großformatige Detail einer Pflanze, immer handelt es sich um Bilder, die großen Optimismus ausstrahlen. Die Fotografin Gericke-Frischeisen, Jahrgang 32, lichtet keine Horrorvisionen zerstörter Wälder mit umgestürzten Bäumen ab, sondern zeigt die Natur von ihrer besten Seite und wirbt so für deren Erhaltung. Mit viel Herz und ihrem sensiblen Talent, die uns noch verbliebene, intakte Schönheit aufzuspüren, wandelt sie durch die Landschaft, die Augen immer weit geöffnet für das nächste Motiv. Hat sie es gefunden, bleibt sie ruckartig stehen, um es auf sich wirken zu lassen. Damit fängt die Arbeit an; oft kommt es vor, daß die Künstlerin viele Male zum gleichen Motiv wandert oder mehrere Stunden wartend davor verbringt, harrend auf einen bestimmten Lichteinfall und einer damit verbundenen speziellen Stimmung. Auf diese Weise kommen einzigartige Naturdarstellungen zustande, die die Fotografin keinerlei Laborkosmetik unterzieht. Eine spätere Bearbeitung ihrer Arbeiten im Labor lehnt Gericke-Frischeisen strikt ab, nicht einmal Ausschnittsvergrößerungen läßt sie zu. Eine konsequente Frau also, deren Arbeitsweise so schlicht ist wie die Inhalte, die auf ihren Fotografien dargestellt sind.
Saftige Wiesen, grüne Baumalleen, feurige Vogelkirschen und strahlend gelbe Sonnenblumen; alles Bildmotive, die durch die Linse dieser Frau an Glanz gewinnen. Fotos, die wie gemalt erscheinen, denn Angst vor Unscharfen hat die Künstlerin nicht. Und immer wieder Farben. In der ganzen Galerie konnte ich kein einziges Schwarz-Weiß- Foto entdecken, warum wohl?