Die Straße - Schauplatz, Verkehrsweg, Lebensraum

Eine Ausstellung des Amts für rheinische Landeskunde

Christa Feltgen, Steffeln

 

Am 10. November 1989 wurde in der Kreisverwaltung Daun die Ausstellung des Amts für rheinische Landeskunde in Bonn vorgestellt: "Die Straße - Schauplatz, Verkehrsweg, Lebensraum - Rheinische Straßenbilder aus fünf Jahrzehnten". Landrat Karl-Adolf Orth konnte an diesem Tag als Gäste den Leiter des Amts für rheinische Landeskunde, Herrn Dr. Fritz Langensiepen und den deutschen Vertreter des Volkskunderates Rhein-Maas, Dr. Alois Döring begrüßen, von denen die Idee und die Ausführung dieser Dokumentation in Bildern ausgegangen waren.

Die Ausstellung sei im März 1987 in Eschweiler eröffnet, so erläuterte Dr. Langensiepen in seinem Referat, und danach in vielen anderen Städten gezeigt worden. Die eigentliche Sammlung umfasse mehr als 4000 Aufnahmen aus der Zeit von 1900 bis 1950. Er freue sich, daß diese Ausstellung nun auch nach Daun gekommen wäre. Die Bonner hätten schon zum wiederholten Male erfahren dürfen, daß besonders der Kreis Daun großes Verständnis für ihre Arbeit gezeigt habe. Auch hätten sie hier immer Mitarbeiter gefunden, die ihnen bei ihren Recherchen zur Seite standen. Dabei gehöre der Kreis doch zu Rheinland-Pfalz und habe eigentlich mit den Aktivitäten des Landschaftsverbandes Rheinland nicht viel zu tun. Aber es hätten sich trotzdem gute nachbarschaftliche Beziehungen ergeben. So habe auch diesmal die Kreisverwaltung Daun alles getan, um dieser Fotoausstellung einen Erfolg zu garantieren.

Als Dank für die Mithilfe des Kreises überreichte Dr. Langensiepen Landrath Orth das neu erschienene Begleitbuch zu dem Dokumentarfilm des Amts für rheinische Landeskunde über die Mausefallenherstellung in Neroth. Landrat Orth revanchierte sich mit dem noch druckfrischen Jahrbuch des Kreises Daun für 1990. Die Ausstellung selbst, bereichert durch Fotografien aus dem Kreis Daun, umfaßte die Themen "Straßenzüge und Häuserfronten", "Karren, Kutschen und Kraftwagen", "gefährliche und gefährdete Straßen", "Straßenalltag", "Feste und Feiern" sowie "Kinderleben, Freizeit und Feierabend".

Im Gegensatz zu den Bildern, die uns heute in den Medien begegnen, schildert diese Sammlung von Straßenaufnahmen nichts Außergewöhnliches. Die Fotografierten stehen nicht im Mittelpunkt spektakulärer Ereignisse. Die Aufnahmen zeigen eher den kleinen Mann von der Straße. Aber diese Bilder haben für uns die Welt von früher eingefangen, die sonst so schnell niemand beschrieben hat, weil sie den Menschen damals so selbstverständlich war. Sie sind wie ein Spiegel der Kultur und Sozialgeschichte. Ihr Wert liegt in der Fülle der Dokumentationen und breiter, regionaler Streuung, zeigen sie doch Dörfer und Städte, Bergland und Ebene, Landwirtschaft und Industrie.

Es ist schon erstaunlich, wie viele Aufnahmen zu den einzelnen Themen für die Sammlung alter Fotografien eingeschickt wurden. Man weiß allerdings wenig von den Menschen, die diese Aufnahmen gemacht haben. Sicher fungierten einige als Dorf- und Landfotografen, die nebenberuflich häufig Kinder- und Familienbilder gemacht haben, um sich etwas dazuzuverdienen.

So wurde manchmal nur rein zufällig ein Alltagsmotiv gewählt. Daß auch dies nicht immer die volle Wahrheit aussagen kann, zeigen zum Beispiel die Aufnahmen von Straßenbauarbeiten. Wohl sind da Menschen abgebildet, die mitgeholfen haben und alle Maschinen, die eingesetzt wurden; doch Arbeitsbedingungen und Mühsal der Arbeit kann so ein Foto nichtwiedergeben. Dafür sind aber oft, möglicherweise unbewußt aufgenommen, das damalige Milieu schildernde Kleinigkeiten festgehalten worden. Dies ist bei einem Bild der Fall, wo eine junge Frau selbstbewußt die Dorfstraße entlangflaniert, auf der die Kühe vorher unübersehbare Spuren hinterlassen hatten. So erzählen manche Aufnahmen eine ganze Geschichte. An das Spielzeug der Kinder, die Dinge des täglichen Gebrauchs, erinnern die Fotos; auch daran, daß es damals üblich war, daß alle Hausbewohner auf die Straße stürzten, wenn sich dort etwas Besonders abspielte. Genauso weisen sie darauf hin, daß einst die Straße am Sommerabend ein Ort zum Ausruhen war. Dann saß man vor der Tür und unterhielt sich mit seinen Nachbarn.

So ist mit dieser Sammlung alter Fotografien vom Amt für rheinische Landeskunde in Bonn eine weitere Dokumentation zusammengetragen worden. Neben Filmen über altes Handwerk und Sammlungen von Mundarttexten und vielen anderen volkskundlichen Arbeiten ist damit noch eine Möglichkeit für unsere Nachkommen geschaffen, sich mit dem Leben zu Anfang unseres Jahrhunderts auseinandersetzen zu können.

Vielleicht wecken die Bilder dieser Ausstellung ein wenig die Sehnsucht nach der guten alten Zeit, täuschen Behaglichkeit vor und verweben sich mit den Erinnerungen an Erlebnisse aus der eigenen Jugendzeit. Wir können nichts daran tun, daß es heute auf unseren Straßen anders aussieht. Aber wir können dafür sorgen, daß die Veränderungen und die Zerstörungen noch intakter, lebendiger Straßenzüge nicht weiter um sich greift.