Natur und Landschaft

Gewaltige Orkanschäden in unseren Eifelwäldern

Martin Manheller, Hillesheim

 

In der Zeit vom 25.1. 90 bis 28. 2. 90 (Aschermittwoch) tobten insgesamt sechs verheerende Orkane über West- und Mitteleuropa. Sie setzten nicht nur ganze Regionen unter Wasser und richteten große Sachschäden an, sondern kosteten weit über 50 Menschen das Leben.

Besonders große Schäden hinterließen in Mitteleuropa die beiden letzten Orkane, bekannt unter den Namen "Vivian" und "Wibke".

Während die vorausgegangenen vier die ersten Einbrüche in unseren Wäldern schafften, legten die beiden letzten ganze Waldareale buchstäblich nieder.

Die weitaus größten Waldschäden entstanden dabei in der Bundesrepublik. Hier wurden, nach den bisher vorliegenden Zahlen, Bäume mit einer Masse von über 60 Mio. m3 geworfen und gebrochen. Besonders stark betroffen war das Bundesland Rheinland-Pfalz, in dem allein über 11 Mio. m3 Windwurfholz anfielen.

Der Schwerpunkt des Schadensgebietes lag hier in den Mittelgebirgen: Eifel - Hunsrück, Westerwald - Taunus.

Allein im Kreis Daun muß mit einer Windwurfmasse von über 1,1 Mio. m3 gerechnet werden. Auf die Waldfläche bezogen, dürfte unser Landkreis damit zu den am schwersten betroffenen im Bundesland zählen.

In den letzten 150 Jahren wurde die Waldfläche in unserer Region durch Wiederaufforstung von Ödlandflächen um 40 % vergrößert.

Durch korrekte Pflege und maßvolle Nutzung entwickelten sich leistungsfähige und vorratsreiche Hochwälder.

Diese bisher nie dagewesene Katastrophe zerstört jene großartige Aufbauleistung und hinterläßt teilweise riesige Kahlflächen.

Vor allem die alten Nadelholzbestände sind teilweise ganz verschwunden. Ihnen wurde in erster Linie der Umstand zum Verhängnis, daß sie meist auf den gut wasserversorgten, staunassen Plateaulagen stockten und aufgrund ihrer Baumhöhe (über 30 m) und der ganzjährigen Benadelung dem Sturm eine besonders günstige Angriffsmöglichkeiten boten.

Aber selbst die im Winterhalbjahr unbelaubten Laubaltholzbestände sind von diesen Orkanen mancherorts hart betroffen worden, besonders dort, wo die Laubbäume aufgrund der guten Nährstoff- und Wasserversorgung ebenfalls große Baumhöhen erreichen.

In den zerklüfteten, unterdevonischen Tonschiefer- und Grauwackeböden, wo alle Baumarten tief wurzeln und sich mit ihrem Wurzelsystem gut verankern, wurden zwar weniger Bäume geworfen - dafür war hier aber ein hoher Anteil gebrochener Bäume zu verzeichnen. Selbst starke Eichen hielten nicht stand und zerbarsten im Stamm. Unter den meisten Forstleuten ist man sich einig, daß gegen solch gewaltige Orkanboen auf Dauer keine hochwachsenden Baumarten bestehen können.

Sollten sich diese Stürme häufiger wiederholen, könnte dies das Ende der mitteleuropäischen Nadel- und Laubhochwälder bedeuten.

Dies hätte nicht nur unabschätzbare Folgen für die langfristige Holzversorgung unseres Landes - die bereits heute zu mehr als 50 % durch Importe bestritten werden muß, wobei das Holz teilweise aus Regionen kommt, in denen man eine Waldvernichtung praktiziert -sondern auch für die unverzichtbaren Funktionen unserer Wälder wie Sauerstoffproduktion, Wasserfilterung und-speicherung, Klimaregulierung und schließlich Lebensraumsicherung für viele bedrohte Tier- und Pflanzenarten.

Wir können alle nur hoffen, daß die vielfach befürchtete und vom Menschen verursachte Klimaveränderung, die eine Ursache für die Sturmkatastrophe sein kann, durch rasches Handeln abgewendet wird.

Trotz großer Unsicherheiten in der Einschätzung der Zukunft unserer Wälder mußte die Aufarbeitung des Windwurfholzes und der Wiederaufbau zügig in Angriff genommen werden. Denn es galt, die großen Holzwerte, die für den Kreis Daun mit etwa 165 Mio. DM veranschlagt werden, so rasch zu bergen, daß weder größere Wertverluste durch Insekten-und Pilzbefall entstehen, noch daß es zur Massenvermehrung verschiedener rinden- und holzbrütenden Borkenkäferarten in nicht aufgearbeitetem Holz kommt, die dann eine große Gefahr auch für die noch stehenden Bestände bedeutete.

Deshalb ist es das Ziel, bis Ende des Jahres 1990 den größten Teil der stärkeren Nadel-und Laubhölzer aufzuarbeiten.

Da die Zahl der im Kreisgebiet beschäftigten Waldstammarbeiter für die Aufarbeitung dieser Windwurfmassen bei weitem nicht ausreichte, mußten in großem Umfange Holzerntemaschinen und Fremdarbeiter mit eingesetzt werden.

Für die Waldbesitzer stellt dabei die Finanzierung der Windwurfaufarbeitung und die Konservierung der bisher nicht absetzbaren Hölzer das größte Problem dar.

Auf Kreisebene werden die Gesamtkosten für Aufarbeitung und Holzkonservierung mit etwa 80 Mio. DM veranschlagt.

Davon entfallen allein auf den Gemeindewald fast 60 Mio. DM.

Dieser riesige Finanzbedarf kann natürlich von den Waldbesitzern nur dann aufgebracht werden, wenn Landes- und Bundesregierung umfangreiche finanzielle Hilfe gewähren. Bedenkt man, daß die Waldbesitzer nicht nur ihren Wald als Erholungsraum, sondern auch dessen umfangreiche Schutzfunktionen der gesamten Bevölkerung unentgeltlich zur Verfügung stellen, wird es an der Verpflichtung zur finanziellen Unterstützung durch die Allgemeinheit wohl kaum einen Zweifel geben.

Obwohl bis zum jetzigen Zeitpunkt eine finanzielle Hilfe zwar zugesagt, aber noch nicht ausgezahlt ist, haben alle Waldbesitzer sofort mit der Aufräumung der Windwurfschäden begonnen.

Es wurden bereits hohe Ausgaben in Erwartung staatlicher Zuwendungen getätigt.

Dank des außerordentlichen Einsatzes aller Beteiligter wie Waldarbeiter, Holzeinschlagunternehmer und Forstbeamten, konnte bis zum Sommer bereits ein beträchtlicher Teil des Windwurfholzes aufgearbeitet und - da Verkaufsmöglichkeiten derzeit nur in geringem Umfang bestehen - umweltschonend auf sogenannten "Naßlagerplätzen" gelagert werden. Auf Naßlagerplätzen wird das Holz durch künstliche Beregnung so feucht gehalten, daß weder Insekten- noch Pilzbefall möglich ist und es über fünf Jahre in seinem Wert erhalten werden kann.

Ein großer Vorteil dieser Art der Holzkonservierung besteht darin, daß die Hölzer nicht zum Schutz vor Insektenbefall mit Pflanzenschutzmittel behandelt werden.

Der rasche und überwiegend reibungslose Arbeitsfortschritt bei der WW-Aufarbeitung und -Konservierung war nur möglich, weil in unserer Bevölkerung eine große Bereitschaft zur aktiven Mithilfe, aber auch zum Tolerieren aller Beeinträchtigungen, die mit der Windwurfaufarbeitung verbunden sind, vorhanden war. Hier seien die Bereitstellung von Grundflächen für die Holzlagerung, die Mithilfe beim künstlichen Beregnen des gelagerten Holzes durch die örtlichen Feuerwehren und die vielfältigen Hilfeleistungen bei den Aufräumungsarbeiten ebenso, wie das Verständnis für die Einschränkung der Erholungssuche im Wald durch die Aufarbeitung und das Rücken des Holzes erwähnt.

Buchenbestand, Schadenbestandsaufnahme im Frühling

Ein Naßlagerplatz wird bestückt

Für diese Mithilfe und Unterstützung wie auch das Verständnis, sei allen herzlich gedankt.

Wenn auch die Aufräumung dieser Sturmkatastrophe noch lange nicht abgeschlossen ist und weitere Sturmschäden in den kommenden Wintern zu befürchten-sind, so muß doch jetzt bereits über den Neuaufbau unserer Wälder gründlich nachgedacht und dort, wo es möglich ist, dieser bereits in Angriff genommen werden. Zwar erscheint es aus Sicht der Forstleute kaum möglich, Wälder aufzubauen, die alle Nutz-, Schutz- und Erholungsfunktionen erbringen und außerdem solchen Naturgewalten - wie wir sie im Winter erlebten - standhalten können.

Dennoch soll versucht werden, durch den verstärkten Anbau von heimischen Baumarten wie Buche, Eiche, Esche, Ahorn, die von Natur aus bei uns vorherrschten, stabilere Wälder aufzuforsten.

Man wird aber auch in Zukunft nicht auf den Anbau von Nadelhölzern, vor allem Fichte und Tanne, verzichten können, nicht nur weil diese Baumarten sehr wohl auf vielen Standorten gut wachsen und eine hohe Stabilität besitzen, sondern weil unsere heimische Holzindustrie diese Baumarten, die die wichtigsten Bauholzlieferanten darstellen, nicht entbehren kann. So verschafft besonders die Fichte, die in kurzen Umtriebszeiten hohe Massen- und Werterträge erbringt, dem Waldbesitzer einen Teil der Einnahmen, die er braucht, um einen ökologisch gesunden Wald aufbauen und pflegen zu können. Denn besonders der Wiederaufbau unserer Wälder wird mit hohen Kosten verbunden sein, die die Waldbesitzer nur mit umfangreicher, staatlicher Hilfe aufbringen können.

Finanzielle Unterstützung des Landes ist auch deshalb unbedingt erforderlich, weil in den kommenden Jahren die Einnahmen aus dem Holzverkauf bei der Mehrzahl der Waldbesitzer erheblich zurückgehen werden. Die meisten Altholzvorräte sind durch den Windwurf aufgebraucht und der Holzeinschlag muß stark reduziert werden. Der Wiederaufbau darf nicht an fehlenden Haushaltsmitteln scheitern.