Die Trilobitenfelder bei Gees

Gerd Ostermann, Mehren

 

Die Trilobitenfelder bei Gees sind mit die jüngsten Naturschutzgebiete im Kreis Daun und zugleich die bemerkenswertesten. Im Gegensatz zu imposanten Schutzgebieten wie den Maaren ist dieses Gebiet den meisten Bewohnern des Kreises wohl unbekannt. Das verwundert nicht, denn seine Besonderheiten liegen eher im Unscheinbaren, wenn nicht sogar gänzlich unter der Erde verborgen.

Paläontologen und Geologen aus der ganzen Welt verbinden mit den Trilobitenfeldern einzigartige Fossilienfunde. Schutzziel ist daher die Erhaltung der fossilienführenden Sedimentschichten - insbesondere der verschiedenen Trilobitenarten - aus wissenschaftlichen und naturgeschichtlichen Gründen. Andererseits sollen durch die Unterschutzstellung die Kalkmagerrasen mit angrenzenden Gebüsch- und Mischwaldformationen, mit ihren seltenen, in ihrem Bestand bedrohten Tier- und Pflanzengesellschaften erhalten werden.

Historie

Die Felder sind "nicht nur die bekannteste Fossilfundstelle der Eifel, sondern eine der berühmtesten Fossilfundstellen der Welt überhaupt" (Kowalski 1978). Sie ist zudem die älteste, von Fachleuten regelmäßig aufgesuchte Fossilfundstelle der Eifel.

1825 beschrieb Bronn die beiden häufigsten Geeser Trilobitenarten (Phacops (Geesops) schlotheimi und Phacops latifrons) und löste damit eine Welle von Trilobitenfunden aus, die bis heute zu insgesamt 90 Beschreibungen von Arten und Unterarten führte; 26 davon finden sich in Gees und sind zum Teil zum ersten Mal hier beschrieben worden.

Arten wie Scutellum alutaceum geesense Rud. & E. Richter 1956, Phacops (Geesops) schlotheimi (Bronn 1825) und die Rippenqualle Holoconularia geesensis Hergarten 1985 tragen den Namen des Ortes. Batti Dohm widmete in seinem Buch "Stielauge der Urkrebs" (1933) einem Eifel-Trilobit die Hauptrolle in diesem erdgeschichtlichen Roman.

Von Alexander von Humboldt (1769-1859) wird erzählt, daß er bei einem Besuch in Gees so viele Fossilien fand, daß die Taschen seines Fracks davon überquollen. Daraufhin kaufteer einigen erstaunten Bauersfrauen, die auf dem benachbarten Feld arbeiteten, ihre langen Wollstrümpfe ab, um die Vielzahl der Fundstücke in sein Quartier tragen zu können (Richter 1930).

Um die Jahrhundertwende begannen systematische Grabungsarbeiten, und neuartige Präparationsmethoden führten zur Freilegung zahlreicher, außergewöhnlicher Exemplare, die weltweite Verbreitung in paläontologischen Museen und Sammlungen fanden.

Der Andrang unzähliger Sammler und die ausufernden Zerstörungen an Ausgangsgestein, Flora und Fauna führten zur einstweiligen Unterschutzstellung als Naturschutzgebiet (1984) und 1987 zur endgültigen NSG-Ausweisung. Die Südwest-Spitze des NSG war zuvor schon zeitweise als Naturdenkmal gesichert (ND Wacholder- und Moorgebiet "Pelmer Moß", 1941-1970),

Heute ist das Graben und Sammeln von Fossilien in den Trilobitenfeldern verboten.

Entstehung

Das zur Gemeinde Pelm gehörige 17 ha große Gebiet erstreckt sich unmittelbar südwestlich von Gees, entlang des Südost-Randes der Gerolsteiner Kalkmulde. Es ist aufgebaut aus Mergelkalken und Teil der Ahrdorf-Schicht aus der mitteldevonischen Eifel-Stufe.

Wieder freigestellter Kalkmagerrasen mit Wacholder.

Trilobiten (Dreilapper) sind Gliedertiere, die im tropischen Devonmeer vor etwa 360 Mio. Jahren seichte Uferzonen bevölkerten. Ihre anatomische Aufteilung in Kopfschild, Rumpf und Schwanzschild und in linke Seite, Mittelabschnitt und rechte Seite führte zu ihrer Namensgebung (trilobatus = dreigelappt). Sie stellen eine selbständige Klasse des Arthropodenstam-mes zwischen den Arachniden (Spinnen und Skorpione) und den Crustaceen (Krebsen) dar. Unter den günstigen ökologischen Bedingungen am Südrand der Gerolsteiner Kalkmulde konnten sich die Trilobiten in eine "Lagune" entlang des Pelm-Salmer-Weges zurückziehen. Strömungsfreies und gleichmäßig warmes Wasser, das Absetzen von feinem Kalkschlamm und gelegentliches Trockenfallen des Meeresbodens mögen zum guten Erhaltungszustand der Fossilien dieser urzeitlichen Lebensgemeinschaft beigetragen haben.

Vegetation

Neben der erdgeschichtlichen Bedeutung ist auch der ökologische Zustand des Gebietes von besonderem Interesse.

Auf engstem Raum finden sich so unterschiedliche Pflanzengesellschaften wie Perlgras-Buchenwald (Melico-Fagetum), der entlang des Baches in einen galerieartigen Hainmieren-Erlen-Auenwald (Stellario-Alnetum glutinosae) übergeht, nicht bodenständige Kiefern- und Fichtenbestände, bachbegleitende Hochstaudengesellschaften (Valeriano-Filipenduletum), Naß- und Feuchtwiesen (Calthion), intensiv genutzte Fettweiden (Lolio-Cynosuretum), magere Glatthaferwiesen (Alchemillo-Arrhena-theretum) bis hin zum Enzian-Schillergrasrasen (Gentiano-Koelerietum) mit Wacholder (Juniperus communis) als der kennzeichnenden Art für ehemalige Schafbeweidung.

Arten wie Große Händelwurz (Gymnadenia conopsea), Blaugras (Sesleria varia), Deutscher Enzian (Gentianella germanica), Breitblättriges Knabenkraut (Dactylorhiza majalis), Blauer Eisenhut (Aconitum napellus), Seidelbast (Daphne mezereum) zeugen vom Schutzwert der Flächen. Hinzu kommen zahlreiche Tierarten wie Vögel, Schmetterlinge, Schnek-ken, Eidechsen und Käfer, denen diese Pflanzengesellschaften als Lebensraum dienen.

Eingriffe und Gefährdungen

Die zum Teil massiven Grabungen ahnungsloser Hobbysammler und profitsüchtiger Fossilienhändler führten und führen stellenweise zum vollständigen Abtrag der Vegetation und zu unwiederbringlichen Zerstörungen der Fossilienschichten, deren Erforschung bis heute noch nicht vollständig abgeschlossen ist. Funde aus der jüngsten Vergangenheit, wie die sehr unscheinbaren Versteinerungen von Graptolithen und Conularien (Hergarten 1985, 1988, Kowalski 1987), belegen dies.

Die verbliebenen Reste der Wacholderheide sind durch eine starke Ausbreitung von Kiefern, Schlehen und anderen Gebüschen gefährdet. Das Aussetzen der früher üblichen Beweidung und derdadurch fehlende selektive Verbiß von Gräsern, Krautern und Gehölzen durch das Weidevieh führte zu einer Ausbreitung dieser Arten. Sie verdrängen in wenigen Jahrzehnten den charakteristischen Bewuchs des Kalkmagerrasens.

Schutz und Pflege

Schutzmaßnahmen beschränkten sich zunächst auf das Aufstellen von Grabungsverbotsschildern und einer provisorischen Einzäunung des Grabungsfeldes. Im Herbst 1989 begann die Kreisgruppe des Bundes für Umwelt und Naturschutz in freiwilligen Pflegeeinsätzen mit der Freistellung der Wacholderheide. Auf der jetzt wieder offenen Teilfläche können wärmeliebende Tier- und Pflanzenarten der Kalkmagerrasen die alten Grabungsstellen wieder besiedeln.

Phacops (Geesops) schlotheimi aus den Trilobitenfeldern bei Gees. Foto: Thomas Pompe

Die Aufstellung eines Pflegeplans und weitere biotoplenkende Maßnahmen - insbesondere zur Verhinderung weiterer Abgrabungen - sind dringend erforderlich, um die komplexe Struktur des Gebietes zu erhalten. So wird es infolge der Uneinsichtigkeit mancher Fossiliensammler vermutlich unumgänglich sein, die Grabungsfelder durch einen massiven Zaun zu schützen. Von den Vegetationseinheiten sollten die Kiefern- und Fichtenbestände langfristig in einen naturnahen, standortgerechten Laub-Mischwald umgewandelt werden. Die Reste der Wacholderheide können durch gezielte Gehölzentnahmen erhalten werden. Angrenzendes Wirtschaftsgrünland kann durch extensive Nutzung eine wichtige ökologische Bereicherung darstellen.

Wer sich für weitere Informationen über die fossilen Lebensgemeinschaften von Gees und den geologischen Aufbau des Gerolsteiner Raumes interessiert, kann sich während der Öffnungszeiten an das Naturkundliche Museum in Gerolstein (Tel. 0 65 91 / 52 35) und Diplomgeologe Gernot Jung (Tel. 0 65 91 / 13 85) wenden. Hobbysammler können dort auch Auskunft erhalten über freigegebene Grabungsstellen in der Umgebung von Gerolstein.

Literatur:

Bronn, H.G. (1825): Über zwei neue Trilobitenarten zum Calymene-Geschlechte, gehörig. Taschenb. f. d. ges. Mineralogie, 19, 317-321, Frankfurt/M.

Dohm, B, (1933): Stielauge der Urkrebs. Leipzig

Dohm, B. (1930): Die Kalkmulde von Gerolstein in der Eifel. Wittlich.

Hergarten, B. (1985): Die Conularien des Rheinischen Devons. Senckenbergiana lethaea 66, 269-297, Frankfurt/M.

Hergarten, B. (1988): Conularien in Deutschland. Aufschluß 39, 321-356 Heidelberg.

Kowalski, H. (1978): Die Trilobitentrift bei Gees - Ein weltberühmter Fossilienfundort. Eifel-Jahrbuch 1979, 57-61, Düren.

Kowalski, H. (1982): Eifeler Trilobiten und ihre Geschichte. Aufschluß 33, 437-451, Heidelberg.

Kowalski, H. (1987): Zwei Dendroideen (Graptolithina) aus dem Mitteldevon der Eifel. Aufschluß 38, 1-4, Heidelberg.

Meyer, W. (1986): Geologie der Eifel. Stuttgart.

Richter, Rud. & E. (1930): Neue Hörner-Trilobiten in unserer Schausammlung. Natur und Museum 60, 31-45, Frankfurt/M.

Steininger, J. (1831): Bemerkungen über die Versteinerungen, welche in dem Übergangs-Kalkgebirge der Eifel gefunden werden. Programm Gymnasium zu Trier, 3-44, Trier (Blattau).