Michelbach - ein Ort mit Geschichte

Paul Krämer, Gerolstein

 

Schannat, der bewährte Historiker unserer Eifelheimat, berichtet in seiner: "Eiflia Illustrata" über diese Gemeinde folgendes: "Michelbach liegt an der Grenze des Kreises Prüm, südlich von Gerolstein,unterhalb von Niedereich am Michelbache, der oberhalb des Dorfes im königlichen Walde entspringt und unterhalb desselben in das linke Ufer der Kyll fließt. Michelbach gehörte zum Hofe Gerolstein und ist auch jetzt noch nach Gerolstein eingepfarrt. Früher war die Kirch ein Filial der Pfarrei Sar-resdorf im Eitler Dekanat. Die Gemeinde besitzt 631 Morgen Holzungen und 350 Morgen Schiffel- und Wildland." (Eiflia III, 2, 1, 49 ff). Wie bei vielen der kleinen Eifeldörfchen legen Klima und Boden ihre geschichtliche Entwicklung weithin fest. Das Kerbtal des Michelbaches bietet nur wenigen Bauernhöfen genügend Raum. Wann diese Wildnis besiedelt wurde, ist nicht ganz offenkundig. Anzunehmen ist die Rodung dieses Geländes durch Hörige des Grafen von Blankenheim, dem die Burg Gerhardestein (Geratstein=Gerolstein) gehörte. Mit der Verleihung eines Stadtrechtes durch Kaiser Ludwig den Bayern im Jahre 1336 an Gerhardestein erfolgte eine Erweiterung des Wirtschaftsraumes.

Sichere Informationen über den Weiler Michelbach erhalten wir mit der Einführung der Reformation in der Grafschaft Blankenheim-Gerhardstein um 1569/70. Da sich die Filiale Michelbach aber treu in der alten Religion verhielt, erhielt sie ab 1595 gewisse Vorrechte in der Pfarrei Geratstein. Der Historiker Barsch nennt um 1850 nur 20 Wohnhäuser mit rund 140 Seelen. Die amtliche Zählung von 1965 ergibt 35 Haushaltungen mit 128 Bewohnern. Die wirtschaftliche Blütezeit des Ortes wird im 18. Jahrhundert gewesen sein, die es ermöglichte, ein eigenes Gotteshaus zu erbauen.

Der Anschluß an die neuere Zeit erfolgte mit der Übernahme des Rheinlandes durch Preußen um 1817. Dies brachte auch eine Verbesserung des Schulwesens, das mehr als nur die bäuerliche Winterschule umfaßte. Reichte vorher für den Unterricht eine größere Bauernstube aus, mußte der Lehrer zu seinem Lebensunterhalt selbst agrarisch tätig sein, war er zugleich Küster und Organist, so wurde er im Winter reihum bei den Bauern verpflegt. Nach dem Kriege von 1870/71 wurde ein bescheidenes Schulgebäude errichtet, wo sich im Erdgeschoß der Schulsaal und in der 1. Etage die Dienstwohnung des Lehrers befanden.

Für die Bevölkerung brachte das Jahrzehnt nach 1850 einen gewissen wirtschaftlichen Auftrieb. Mit dem Bau der Eifelbahn von Köln nach Trier um 1870 und den vielen Querverbindungen in den folgenden Jahrzehnten nach Westen und Osten, fanden viele jüngere Arbeitskräfte eine feste Stelle bei der Reichsbahn und der Reichspost. Die besseren Verkehrserschließungen förderten den Absatz im Forstwesen, der Industrie von Steine und Erden und der Mineralwasserwerke. Auch brachte die neue Drahtwarenfabrik in Gerolstein manch dankbare Arbeitsstelle. Viele nachgeborene Bauernsöhne und Töchter suchten einen Arbeitsplatz an Rhein und Ruhr, in städtischen Haushalten. So weist die Statistik für Michelbach für 1818 nur 96 Einwohner aus, aber 1960 derer 152, von denen 63 als Erwerbspersonen gezählt sind; hiervon sind 35 männlich. Von den dörflichen Arbeitskräften sind 22 in der Landwirtschafttätig, 41 in anderen Berufen und 16 ohne Berufsangaben. Die Entwicklung des Ortes ist symptomatisch für diese Zeit. Von den 41 Arbeitskräften des Jahres 1960 waren am Ort tätig 17 (davon 5 Frauen), 17 waren Tagespendler (1 Frau) und 7 waren Wochenpendler (2 Frauen).

Jahr    1818

1843

1871

1905

1939

1950

1960

Einw.      96

140

173

176

121

140

152

(Quelle: Statistik Band 34, 110 ff.)

Diese nüchternen Zahlen verwischen die wahre soziologische Struktur des Ortes. Die große Zahl der nebenberuflich betriebenen landwirtschaftlichen Höfe ist auffallend. Von 35 gewinnen nur zwei ihren unmittelbaren Lebensunterhalt aus der Landwirtschaft; alle übrigen Haushaltsvorstände sind irgendwie im weiten Amtsbezirk tätig. Der nächste Fußweg zum Bahnhof beträgt acht Kilometer und die Versorgung durch Busverbindungen ist bescheiden. Die große Hanglage der Gemarkung und eine recht starke Parzellierung der Grundstücke engt die wirtschaftliche Tätigkeit sehr ein. Irreführend ist die Zahl der Berufslosen, die doch irgendwie im landwirtschaftlichen Produktionsprozeß eingespannt sind.

Die kleine Volksschule mit kaum 20 Kindern wurde nach dem zweiten Weltkrieg aufgelöst, die Grundschüler gingen nach Büscheich, die Hauptschüler nach Gerolstein. Die soziologische Struktur erhellt besonders gut die Betrachtung des Wirtschaftsraumes der Gemeinde; er umfaßt 817 ha. Der Ort hatte 1960 26 landwirtschaftliche Betriebe, von denen die Mehrzahl - nämlich acht - weniger als zwei ha, 13 nur bis fünf ha Land, zwei Bauern 7.5 ha und je einer 10 oder 20 ha Boden besaßen. Die mageren Böden, ihre Hanglage und eine unwirtschaftliche Parzellierung in 359 Areale ließen kaum rationelle Landwirtschaft zu. Nur vier Traktoren wurden gehalten, zwei Pferde, 105 Rinder, 48 Milchkühe und 21 Schweine. Diese Zahlen beweisen das Übergewicht des Grünlandes mit rund 70 ha über das Ackerland von 25 ha, wo der Getreidebau für Viehfutter überwiegt. Die vielen, eng angrenzenden Wälder (220 ha), belebt mit Rot- und Schwarzwild, belasten den Ackerbau. Der Rest der Gemarkungen ist durch Hutungen und Ödland belegt. Diese dürftige Agrarstruktur sichert den Bewohnern nur einen bescheidenen Lebensunterhalt. Viele Haushaltungen sind dringend auf einen Nebenerwerb angewiesen, und die Löhne, in der Fremde erworben, werden im elterlichen Haushalt angelegt. Aus dem Zeitgeist heraus ist es naheliegend, daß manche Fremdenpensionen ihren Gästen einen ruhigen und schönen Aufenthalt bieten; Michelbach wurde zum beliebten Ausflugsziel, hat sich einen Namen gemacht.