Der Hausener Hof Hilgersberg

Eine untergegangene Siedlung bei Höchstberg

Alois Mayer / Erich Mertes

 

1989 feierte Hausen im Kreis Daun sein 600jähriges Bestehen.

Suchen Sie nun bitte nicht auf der Kreiskarte, wo die Gemeinde Hausen liegt. Sie werden sie nicht finden. Denn heute nennt sich dieser landschaftlich reizvolle Ort am Fuße des mächtigen Berges Höchst "Höchstberg". Seine Namensänderung war bedingt durch mehrere Gebietsreformen.

Durch die Verordnung des preußischen Staatsministeriums über die Zusammenlegung von Landkreisen wurde der Kreis Adenau am 30.9. 1932 aufgelöst und auf die Landkreise Ahrwei-ler und Mayen aufgeteilt. Ab diesem Datum befand sich Hausen in der Bürgermeisterei Kelberg, im Kreis Mayen, im Regierungsbezirk Koblenz.

Im preußischen Ministerialerlaß vom 30. 6. 1934 wurde der seit 1389 bestehende Ortsname Hausen in Höchstberg geändert, um einer Verwechslung mit Hausen bei Mayen vorzubeugen. Vorher waren folgende Vorschläge eingereicht worden: Ürhausen, Höchsthausen, Hilgersberg.

Am 7.11.1970 trat das 7. Landesgesetz von Rheinland-Pfalz in Kraft. Nach diesem wurde die Verbandsgemeinde Kelberg aus dem Kreis Mayen und dem Regierungsbezirk Koblenz herausgelöst und dem Kreis Daun im Regierungsbezirk Trier zugeordnet. Seit dieser Zeit bildet das aufstrebende 400-Seelen-Dorf den östlichen Abschluß des Kreises Daun.

Schwer lesbare Urkunde

Die erste schriftliche Erwähnung des Dorfes Höchstberg stammt von 1389. Am 6. Februar dieses Jahres (Samstag nach Lichtmeß), verpachtet Tilgin von Daun, genannt von Zollever, seinen Hof zu Husen bei Uersfeld. Von diesem ursprünglichen Besitzer Teylleghin leiten sich heute noch gebräuchliche Flurnamenbezeichnungen ab, wie z. B. "Tielges-beumgen" (1553), "Thieltges-Baum" (1590) und "Tilgesbäumgen" (1705).

Nachstehend ein kurzer Auszug aus der ersten Urkunde von Hausen (Höchstberg) von 1389. Der sehr schwer zu lesende Text enthält die wortgetreue Umschrift der mittelalterlichen Urkunde. Zur Erleichterung wurden nur die Substantive großgeschrieben und die Interpunktion eingefügt:

 

Ich Teylleghin van Dune, den man nent van Zulleuer, dun kunt inde kennelyche allen Luden dye dussen Breyff seyt off hoerrent leyssen, dat ich myt myme goden vurdachten inde wal besunneneym mode, Rade inde Wyllen vur mych, myne Kynt inde vur alle unsse Erffue inde Nakunenden inwech verleynnen inde werluwen han myt Namen mynen Hoff zu Hussen, der gelegen ist by Ursfelt under Hogerechte des Hus van Nürburgh myt alle syme Zubehör, Weyssen, Lant, naß inde drüye, nyt vßge-scheyden, dem bescheydenen Manne Peter van Adenauwe, Drussessen in der Zut Burch-man zu Nürburgh myt vurwerden inde godem Underscheyde, also zu wussen, dat der vurg Peter inde synne Eruen assue Helleder duß Breyffe sal den vurg Hoff han, halleden inde besychen myt syme Zubehoir asse vurg zeyn Jar na Datu woyllegende duß Breyffe . . .

Diese Urkunde lautet frei übersetzt:

Ich, Tilgin von Daun, genannt von Zolver, verkünde hiermit allen Leuten, die diesen Brief sehen oder hörend lesen1, daß ich mit meinem guten vorbedachten und wohlbesonnenen Mute, Rat und Willen für mich, meine Kinder und für alle unsere Erben und Nachkommen hinweg verleihe und verliehen habe mit Namen meinen Hof zu Hausen, der gelegen ist bei Uersfeld, im Hochgericht des Hauses von Nürburg, mit allem seinem Zubehör, Wiesen, Land, naß und trocken, nichts ausgeschieden2, dem bescheidenen Manne Peter von Adenau, Truchseß3, und derzeit Burgmann zu Nürburg. Ihr sollt wissen, daß der vorgenannte Peter und seine Erben oder Besitzer dieses Briefes den vorgenannten Hof haben, halten und versehen sollen mit allem seinem Zubehör wie vorgenannt, zehn Jahre lang nach Datum dieses Briefes. Was der vorgenannte Peter aus dem Hof netto erwirtschaftet, das soll er mir, meinen Kindern oder Erben zur Hälfte jährlich auf St. Martinstag im Winter (11. 11.) nach Daun liefern, wie ihm das von mir, meinen Kindern und Erben angewiesen worden ist. Und ich, vorgenannter Tilgin, meine Kinder und meine Erben wollen es mit dieser Hälfte, die mir vorgenannter Peter auf seine Bescheidenheitjährlich nach Daun schickt, genug sein lassen. Und ich, vorgenannter Tilgin, gelobe für mich, meine Kinder und alle meine Erben den vorgenannten Peter und alle seine Erben in guter Treue und rechtem Glauben4 bei dieser Beleihung zu lassen, wie es oben geschrieben steht, ohne Klage, Irrungen oder Hindernisse meinerseits als Tilgin, meiner Kinder oder Erben oder sonst jemand von uns. Und wenn diese obengenannten zehn Jahre nach Datum dieses Briefes vergangen sind, so soll der oben erwähnte Hof zu Hausen mit allem seinem Zubehör sofort wieder an mich, Tilgin, an meine Kinder und Erben zurückfallen, ohne Widerrede, Klage, Irrungen oder Hindernisse des vorgenannten Peters, seiner Erben oder sonst jemand von seiner Seite. Alle Arglist, neue Wunden und Klage, sei es in der Zuständigkeit geistlichen oder weltlichen Gerichts, das ist alles in den vorgenannten Punkten dieses Briefes gänzlich ausgenommen und ausgeschlossen. Zur Bestätigung habe ich, Tilgin, mein Siegel unter den diesen Brief gehangen und habe des weiteren gebeten, daß zum Zeugnis der Wahrheit, Gobelin von Polch, Burgmann zu Nürburg, auch sein Siegel neben das meine unten an diesen Brief hängen wolle. Und ich, der vorgenannte Jobel von Polch, bekenne, daß alle vorgenannten Punkte dieses Briefes der Wahrheit entsprechen und um beider Willen Tilgins habe ich mein Siegel unten an diesen Brief gehangen.

Und das wurde gegeben5 im Jahre 1389 nach Christi Geburt, samstags nach Maria Lichtmeß (=6. 2.)

Ein cleverer Geschäftsmann

Der Burgmann Peter von Adenau war als Truchseß auf der Nürburg für die dortige Hausverwaltung zuständig und hatte die Aufsicht über die Tafel der Herren. Drei Jahre vorher, 1386, hatte er sich vom Kloster St. Maximin bei Trier, "vom Prior und Konvent", auch schon mit Gütern in Barweiler belehnen lassen.

Es scheint auf den ersten Blick, als hätte sich Peter von Adenau auf Landwirtschaft verlegen wollen. In seiner Funktion als Truchseß sieht das jedoch anders aus. Hier hatte er die Möglichkeit, seine eigenen landwirtschaftlichen Erzeugnisse an die Hausverwaltung der Nürburg zu verkaufen, die ihm persönlich unterstand. Das war sicher ein gutes Geschäft. Nur so wird verständlich, daß er dem Höchstberger (Hausener) Tilgin von Daun 50 % der Einkünfte von dem Hilgersberger Hof zubilligte, die er auf St. Martinstag noch nach Daun zu liefern versprach. Tilgin, genannt von Zolver, war offenbar über dieses Angebot selbst erstaunt, denn er hält in der Urkunde fest: "Und ich, vorgenannter Tilgin, meine Kinder und meine Erben wollen es mit dieser Hälfte, die mir vorgenannter Peter auf seine Bescheidenheit jährlich nach Daun schickt, genug sein lassen." Tilgin hat also jede Kontrolle außer acht gelassen, ob er auch wirklich die Hälfte erhalten wird. Allgemein war es üblich, die Pachtsumme genau festzulegen, und ein normaler Zins lag bei 10%.

Tilgin von Daun nennt den Peter von Adenau in der Urkunde einen bescheidenen Mann. Im Hinblick auf die hohe Pacht sieht das zunächst auch so aus, denn er gibt sich ja mit den halben Einkünften zufrieden. Bei näherer Betrachtung erscheint er aber gar nicht mehr so bescheiden.

Der Pachtvertrag brachte beiden Profit. Tilgin erhielt weit mehr an Pacht als sonst üblich war, und der Nürburger Truchseß Peter von Adenau erwarb für zunächst zehn Jahre einen ertrag-reichen Bauernhof bei Höchstberg, dessen Produktionsumfang und -inhalt in seine Pläne paßten. Die Arbeit machten ja wie üblich die Bauern.

Wir müssen ihm zumindest heute, nachdem die Feudalzeit 200 Jahre überwunden ist, einen ausgeprägten Geschäftssinn zuerkennen, um es in unserer modernen Sprachweise auszudrücken. Ob es nach der damaligen Moralauffassung Korruption war, wollen wir heute nach 600 Jahren nicht mehr beurteilen. Möge Peter von Adenau ruhen in Frieden.

Wüstung Hilgersberg

Wie aus der ältesten Urkunde des Dorfes ersichtlich, verpachtete Ritter Tilgin von Daun seinen Hof zu Hausen. Kann heute noch nachgewiesen werden, wo dieser Hof war und was es mit ihm auf sich hatte?

Der Hausener Hof des Tilgin von Daun, genannt von Zollever, war identisch mit dem späteren Hof Hilgersberg. Dies überliefern die Heimatforscher Metten und Fenger. Und die Geschichte des Hofes Hilgersberg kann durch die Jahrhunderte bis heute nachverfolgt werden.

Diese mittelalterliche Siedlung lag in der Flur 4, südlich der Höhe 445,9, dort wo sich heute der Acker mit dem Flurnamen "Hillersberg" ^Hilgersberg) befindet. Neben seiner erstmaligen Erwähnung 1389 wird der Hof dann wieder 1412 genannt. Seine Besitzer waren mit dem Rittergeschlecht Zolver von Ulmen verschwägert.

1597 erfahren wir in einer Urkunde, daß Leute von Hilgersberg und dem jetzt getrennt genannten Dorf Hausen für das Trierer Haus zu Ulmen "Dienst und Fron schuldig" sind zu tun. Nicht nur sie allein, sondern insgesamt waren es damals 27 Personen, die für den Adel arbeiteten und ihm dienen mußten. Diese 27 Bauern wohnten zum einen im kölnischen Land, nämlich in Berenbach, Mosbruch, Sassen, Gunde-rath, Uersfeld, Hausen und Hilgersberg; zum anderen in virneburgischen Orten, nämlich (Ober) Elz und Mannebach (Chronik Ulmen, 27).

1620 erfahren wir in einem aufregenden Mordprozeß sogar den Namen eines Bewohners jenes Hofes, Claß von Hilgersberg - A. Mayer (E. Mertes, Schauprozeß anno 1620, in: JbKD 1985,231).

1623/24 werden Personennamen sowie Hilgersberg und Hausen getrennt genannt. In der Virneburger Kellnerei-Rechnung dieses Wirtschaftsjahres heißt es unter dem Titel "Geldeinnahmen" "so jährlich unbeständig vom Maischatz (= eine im Monat Mai fällige Abgabe) im Kirchspiel Uersfeld, welcher gleich wie die vorigen durch die Schöffen zu Retterath, nach jedes Vermögen jährlich umgelegt (= gezahlt) wird ..." unter anderem:

Abeln Anna zu Hilgersberg, 3 Albus

Godderts Frau zu Hausen, 2 Albus

In einem Abgabeverzeichnis des Erzstiftes Köln von 1599 steht: "Die Fabrik in Uersfeld hat im Amt Nürburg von einem Höfchen genannt Hilgersberg" an Hafer 10 Malter. Es handelt sich hier um die Abgaben der sogenannten Kirchenfabrik, von der Metten schreibt:

"Das ganze Dorf (= Uersfeld) ist der Kirche lehnspflichtig über ein Gut: Hilgersberg genannt, wovon jährlich ad 22 Malter an dieselbe geliefert werden."

Danach haben sich die Abgaben der Fabrik zwischen 1599 (= 10 Malter) und 1789 (= 22 Malter) mehr als verdoppelt.

 1772 wurde ein Landmaß vom Hilgersberger Hof errichtet (= er wurde vermessen). Danach umfaßte er 537 Morgen Wildgelände, die 21 Malter Hafer Grundpacht brachten. Der Besitz war an 20 kurmündige Lehnsmänner verteilt. Demnach hatte also ein Pächter durchschnittlich 26,85 Morgen Pachtland, für die er rund einen Malter Hafer Pacht zahlen mußte. Die beiden Dörfer Hausen und Gunderath lagen ganz auf Hilgersberger Lehnen, "alles was sie besitzen, gehört darunter". Die Ortschaften Kötterichen, Uersfeld und Sassen besaßen nur einen kleinen Teil davon.

1780-90 wird ein jährliches Kirchending (= wohl ein kirchliches Sendgericht) auf dem Hof Hilgersberg erwähnt, der zuletzt ganz auf Kirchenlehen lag (= gehörte der Kirche).

Der Hof Hilgersberg ging während der Zeit der französischen Revolution vor 200 Jahren unter, er wurde auf Abbruch verkauft. 1820 stand noch Gemäuer dort. Der Grundriß war bis um 1850 zu erkennen und selbst nach 1960 wurde Mauerwerk herausgepflügt. Die Stelle jenes mittelalterlichen Gutshofes ist heute nur noch durch Bodenwellen zu erkennen

.Literatur:

Bistumsarchiv Trier, Kirchenbücher und Nachlaß Fenger

Dun Johann, Urkundenbuch der Familien von Dune, Köln 1909

Mayer Alois/Mertes Erich, Lirstal, Beiträge zur Geschichte eines Eifel-

dorfes, Daun 1984

Mayer Alois/Mertes Erich, Sagen, Geschichte, Brauchtum aus der

Varbandsgemeinde Keiberg, Kelberg 1986

Mayer Alois/Mertes Erich, Höchstberger Chronik, Höchstberg 1989

Mertes Erich, Archäologische Fundstellen in der VG Kelberg, in:

Trierer Zeitschrift, 43744. Jg., 1980/81, 416 ff.

Metten Cornelius, Chronik Metten 1814 - 1838, VGV Kelberg