Welcome to the machine!

Alois Mayer, Daun-Pützborn

 

Es begann alles damit, daß ich nicht mehr Mensch zweiter Klasse sein wollte. Ich hatte es satt, ständig frohgemut ins Büro zu gehen, um dort bereits nach wenigen Minuten zu erfahren, daß ich noch nicht mal mehr einem Häufchen Elend gleiche, sondern rein ein Garnichts bin. Und all dies nur, weil ich keinen Computer habe, nur eine ganz gewöhnliche Schreibmaschine; nun, so gewöhnlich auch nicht mehr, denn sie ist elektrisch, und man kann ein Blatt Papier quer einspannen.

Doch ständig erzählte der Kollege links von den neuesten Programmen seines Computers, der Kollege rechts berichtete von enormer Zeitersparnis, einer persönlichen Erleichterung und Bereicherung und der dritte schüttelte, mich ansehend, nur bedauernd den Kopf und murmelte etwas von Oldie. Da ich aber in meinem Alter unbedingt den Anschluß an das Nauhau (= Knowhow) der neunziger Jahre und die Selbstachtung vor meiner Psyche nicht verlieren möchte, entschloß ich mich ebenfalls, den Kauf eines Computers in Erwägung zu ziehen. So betrat ich denn das Fachgeschäft. Der Verkäufer näherte sich mir freundlich und fragte nach meinem Wunsch.

»Ich möchte auch einen Computer!«

»Für Ihren Sohn?«

»Nein, für mich!«

»Aha! Zum Spielen?«

Ich legte meine Stirn in Falten. Schließlich bin

ich Beamter. Laut sagte ich:

»Ich darf doch bitten!«

»Also einen PC!«

»??????«

»Einen Personal-Computer. Prima! Da haben wir große Auswahl! Hierzum Beispiel den Rechner mit abgesetzten Tastaturen Tast II mit Super-Software und Reset-Taste. Er ist PC Speed lauffähig. Beachten Sie den Superchar-ger und Hypercache. Toll dabei sind die 3,5" oder 5,25" Diskettenlaufwerke mit 2. Floppy-buchse und den Monitor-Switchboxen. Inklusive Spiralkabel und Maus.«

Irgendwelche Zellen in meinem Gehirn schienen nicht zu arbeiten, denn ab dem dritten Satz klafften Lücken. Und da meine Eltern mich lehrten, daß Fragen nichts kostet, faßte ich Mut: »Sie sagten Maus? Eine Maus in einem Computer? Wie das?«

»Klaro! Die technische Innovation im Hard-und Software-Bereich! Eine optomechanischeZweitastenmaus. Da habe ich vier Modelle, von der seriellen und parallelen Maus über die Maus mit Buskarte, und last not least den Profi-Package mit seinem speziellen Adapter-Set zur Umwandlung eines PS/2-Anschlusses. Ein komfortables Desktop-Publishing-Programm erleichtert das Handling mit Daten.«

Schüchtern hob ich meinen Zeigefinger und meinte: »Eigentlich wollte ich ja nur schreiben!« »Gut, daß Sie das ansprechen!« lobte mich der Verkäufer. »Hier die richtigen Softies. Mit diesem können Sie beliebig viele Texte gleichzeitig als Icons über maximal sechs Fenster bearbeiten, wobei Sie mit Auto-Restore-Funktion, Makros oder Floskeln Funktions- und Einzeltasten bis zu 2 000 Zeichen belegen können.«

»2 000 Zeichen?« zweifelte ich.

Da gesellte sich ein Junge zu uns und in unser Gespräch: »Hey! Da gibt es Besseres! Dabei sind die Definitionen der Druckertreiber und das konfigurierbare Autoindent viel zu kompliziert. Das Editieren und das Redraw sind zu langsam. Kaufen Sie ein Tischmodem mit den Betriebsarten V. 22 bis und der Datenkompression MNX mit der Datenübertragungsrate bis 19 000 bps, was die Output-Optionen initiiert!«

Nun war ich doch konsterniert. Was ging dies alles eigentlich diesen jungen Burschen an? Ich schätzte, daß er höchstens in die 8. Klasse ging. Auch der Verkäufer stutzte, wandte sich an den Knaben und meinte:

»Hey, Teeny! Denk an den durchdachten Boot-Selektor zum Installieren der TOS-Version mit der Routine XBSTART, damit die Tools und Fonts im Public-Domain exellente modulare Business-Systeme ergeben. Weißt du, daß der 155 MB SCSI Speed Drive Streamer eine Übertragungsrate von 6,5 MB/Minute hat?«

Dem Jungen rang dieses nur ein müdes Lächeln ab:

»Wenn ich meinen Rechner einfach mit Huckepack auf Multi-MB-Board auf 4 Megabyte erweitere, dann ist das Hightech in bester Interlink XTurbo Art!«

Irgendwie mußte er den Verkäufer verärgert haben, denn dieser schoß nun los:

»Du Wrapmaus, ich habe die Diskverify und das Helpmenue an, faxe mit vernetzten Mailboxen, turboprope mit 512 KByte RAM, H7: WENN (E8= »w«; V-Verweis (F(;$A$121..$Cs>*>).« Den Schluß der Aussprache habe ich nicht mehr mitbekommen. Ich ging ins Büro, setzte mich vor meine alte Schreibmaschine, streichelte sie und flüsterte leise: »Ich liebe Dich! Nie werde ich Dich mit einem Computer betrügen!«