Zehn Jahre privatisierte Wirtschaftsförderung in der Vulkaneifel

Alfred Bauer, Daun

 

Genau am 19.02.82 wurde das durch Eintragung ins Handelsregisterformell vollzogen, was der Kreistag zuvor beschlossen hatte, nämlich die Gründung der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Daun-Vulkaneifel mbH (WFG). Bis heute ist der Landkreis Daun mit dem überwiegenden Anteil am Stammkapital neben der Kreissparkasse Daun Gesellschafter der WFG. Die Kreistagsentscheidung war vor allem getragen von der Überzeugung, durch wirtschafts-orientierte Organisationsstrukturen bisherige und zukünftige Aufgaben der Wirtschaftsförderung flexibler, schneller und unbürokratischer wahrzunehmen.

Das 10jährige »Geschäftsjubiläum« ist willkommener Anlaß, eine Tätigkeitsbilanz aus der Vergangenheit zu ziehen und Ausblick in die Zukunft zu wagen. Seit ihrer Gründung hat die WFG auf ein umfassendes Service- und Leistungsangebot für die Wirtschaft gesetzt. So wurde sie im Laufe der Zeit Partner von Industrie, Handwerk, Gastronomie und sonstigem Gewerbe und versteht sich auch heute noch so, wenn sie individuelle Beratung bei allen unter-nehmensrelevanten Fragen, sei es Finanzierungen, Gewährung öffentlicher Finanzhilfen, Weiterbildung, Beschleunigung von Genehmigungsverfahren, bietet. Denn nur dort, wo die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen stimmen, können sich Unternehmen zukunftsorientiert entwickeln. Hunderte von einzelbetrieblichen Förderanträgen zur Neuerrichtung und Erweiterung von Betrieben wurden in den letzten Jahren durch die WFG begleitet, die die finanzielle Grundlage für rund 5 000 neue Arbeitsplätze schufen. Begünstigt wurden diese überdurchschnittlichen Arbeitsplatzzuwächse durch die Stärkung der Innovationskraft vieler Betriebe infolge eines frühzeitig eingeleiteten Technologietransfers. Impulse hierfür gingen auch von der WFG aus, indem sie diesen Transfer durch direkte Kontakte zu Wissenschaft und Forschungseinrichtungen in Form von zum Beispiel Unternehmer/Professorenstammtische, Symposien, beschleunigte und vereinfachte. Die Gewährung entsprechender Fördermittel wurde ebenso initiiert und erleichterte manchen Prozeß der Investitionsentscheidung. 

Dem auf die Verbesserung der Wirtschafts- und Sozialstrukturen gerichteten Unternehmenszweck wurde auch dadurch Rechnung getragen, daß die WFG als Berater und Projektbegleiter kommunaler Gebietskörperschaften beispielsweise bei Ausweisung von Gewerbe- und Industrieflächen sowie durch finanzielle Unterstützung zum Ausbau wirtschaftsnaher Infrastrukturmaßnahmen sowohl im industriellen wie auch fremdenverkehrlichen Bereich tätig war. Hierdurch wurden nennenswerte Beiträge zur Verbesserung der Standortbedingungen geleistet. Projektvorschläge im Rahmen von EG-Förderprogrammen zur Entwicklung ländlicher Räume gehören im Hinblick auf den EG-Binnenmarkt neuerdings auch zum Tätigkeitsfeld.

Etwa seit 1988 wurden weitere Tätigkeitsschwerpunkte Maßnahmen der Fort- und Weiterbildung. Hier galt es, frühzeitig auf die Notwendigkeit zu reagieren, neben den sicherlich notwendigen Investitionen in Sachkapital mindestens ebenso sehr in das Humankapital, nämlich den Menschen, zu investieren. Unter dem Motto »Weiterbildung sichert die Zukunft« hat die WFG umgehend dafür Sorge getragen, daß bedarfsgerechte Weiterbildungsangebote dezentral geschaffen wurden, um so günstige Bedingungen für die Kursteilnehmer zu bieten. Inzwischen hat sich die WFG als Bildungsträger der beruflichen Fort- und Weiterbildung etabliert und führt seither im Jahresdurchschnitt etwa 15 Anpassungsfortbildungslehrgänge mit über 200 Teilnehmern durch. Die Lehrgänge erstrecken sich in ihrer Thematik von der CNC-Technik über Grundlagen der Elektronik, der Elektro-Pneumatik, CAD, industrielle Steuertechnik bis hin zu PC-Kursen~Durch Inanspruchnahme von personellen und technischen Kapazitäten leistet die Berufsbildende Schule Gerolstein ein hohes Maß an Kooperation.

Eine dominierende Rolle im Spektrum der von der WFG initiierten Weiterbildungsmaßnahmen kommt sicherlich der im Jahre 1988 eingerichteten Übungsfirma unter der Bezeichnung »Vulkaneifel Getränke GmbH« in Gerolstein zu. Arbeitssuchenden Fachkräften aus dem kaufmännischen Bereich werden hier Möglichkeiten eröffnet, zusätzliche berufliche Qualifikationen zu erwerben; die Chancen der Teilnehmer zur Eingliederung oder Wiedereingliederung ins Erwerbsleben werden so erhöht. Der Schwerpunkt der Ausbildung liegt im praxisbezogenen Bereich. Hierfür bietet eine realitätsnahe »Firmenatmosphäre« die beste Grundlage. Die Erfolge der Übungsfirma lassen sich dadurch verdeutlichen, daß die Vermittlungsquote der bisherigen Teilnehmer etwa 90 Prozent beträgt, bei Zugrundelegung einer Gesamtteilnehmerzahl von 100. Dies ist im Vergleich zu den 600 Übungsfirmen im Bundesgebiet ein überdurchschnittlicher Wert.

Einen ebenso hohen Stellenwert der beruflichen Fort- und Weiterbildung wird für das Hotel-und Gaststättengewerbe eingeräumt. Seit 1982 wurde rund 250 Teilnehmern die Ausbildereignung im Rahmen einer Aufstiegs-Fortbildungsmaßnahme vermittelt. Hinzu kamen in den letzten Jahren regelmäßig Fachpraxisseminare im Bereich Kochen und Servieren, Hotelmanagement, Werbung, Gästebetreuung, die eine Steigerung des Qualifikationsstandards im Fremdenverkehrsbereich bewirkten. Auch für die Zukunft wird an diesen Weiterbildungsaktivitäten, in Zusammenarbeit mit dem Hotel- und Gaststättenverband, festgehalten, die vor dem Hintergrund der sich ständig verändernden Ansprüche der Gäste unumgänglich sind.

Schließlich sind aus dem Aufgabenspektrum der WFG als dritter Arbeitsschwerpunkt die Bemühungen um eine positive Entwicklung des Fremdenverkehrs im Urlaubsgebiet »Vulkaneifel« festzuhalten.

Mit der früh gebildeten Werbegemeinschaft »Vulkaneifel« ist es gelungen, über Kreis-, Bezirks- jas ogar Landesgrenzen hinweg, losgelöst von Verwaltungsgrenzen, eine für den Gast unverwechselbare Urlaubsregion zu schaffen. Zu ihr gehören außer dem Landkreis Daun die Verbandsgemeinden Ulmen (Landkreis Cochem-Zell), Manderscheid (Landkreis Bernkastel-Wittlich) und im Lande Nordrhein-Westfalen die Gemeinde Dahlem. Die Vulkaneifel mit etwa 78 000 Einwohnern ist eine der fremdenverkehrsintensivsten Urlaubsregionen in Rheinland-Pfalz. Von den 140 Ortsgemeinden sind eine große Zahl als Fremdenverkehrsgemeinden, Erholungsorte, Luftkurorte sowie die Städte Daun und Manderscheid als Kneipp-Kurorte und heilklimatische Kurorte, Bad Bertrich als Kurort staatlich anerkannt.

Der Tourismus spielt heute für die gesamte Vulkaneifel eine wirtschaftlich bestimmende Rolle. Die Ende 1990 festgeschriebenen Übernachtungszahlen von 2,6 Mio und 416000 Gästen mit einer durchschnittlichen Verweildauer von 6,2 Tagen mögen die überdurchschnittliche Entwicklung des Fremdenverkehrs deutlich machen; 1982 betrugen die Übernachtungszahlen erst 2 Mio. Daß der Fremdenverkehr inzwischen ein wirtschaftliches Standbein geworden ist, wird auch an der seit den 70er Jahren stetig ansteigenden Bruttowertschöpfung und der kontinuierlich zunehmenden Beschäftigungsverhältnisse in diesem Bereich deutlich.

Die WFG setzt alles daran, diesen Wirtschaftsbereich weiter auszubauen. Marketing und Werbestrategien sind darauf ausgerichtet, weitere Gäste durch ein vielfältiges Angebot für Erholung, Gesundheit und Entspannung im Urlaub, Kur und Freizeit sowie Kultur zu gewinnen. Hierzu zählen die Konzeption ansprechender Prospekte, der alljährliche Besuch von touristischen Messen im In- und benachbarten Ausland, Anzeigenschaltungen auf der Grundlage jährlich aufgestellter Mediapläne, eine intensive Pressearbeit in der Begleitung von Reisejournalisten durch das Urlaubsgebiet. Im 1988 neu erschienenen Pauschal-Angebotskatalog fungierte die WFG erstmals als Reiseveranstalter.

Vielleicht einer der wichtigsten gemeinsamen Schritte zur Verbesserung der Wettbewerbssituation und einer höheren Bettenauslastung wurde durch die Einrichtung der zentralen Zimmervermittlung Vulkaneifel ab 1989 getan. Hierdurch wird neben der schnellen Buchbarkeit auch kleinen Betrieben und Privatvermietern der Zugang zur Nutzung moderner Technik und neuer Vertriebswege eröffnet. Die Herausgabe des neuen Ferienkataloges 1991 als Buchungskatalog für direkt buchende Kunden und Reisebüros hat sich als taugliches Marketinginstrument bewährt; das Buchungsaufkommen steigt kontinuierlich.

Ein weiteres Instrument der Qualitätsverbesserung ist der Wettbewerb >> Das gastliche Haus in der Vulkaneifel«. Er wurde erstmals im Jahre 1988 durchgeführt und hat bei den Fremdenverkehrsbetrieben große Resonanz gefunden. Für die Zukunft werden Maßnahmen und Aktivitäten der inneren Werbung stärker ins Blickfeld kommen. Wichtig wird sein, noch intensiver Informationen, Erkenntnisse und Anregungen in die Betriebe zu leiten, die für unternehmerisches Denken und Handeln eines jeden Inhabers von Bedeutung sein können. Begünstigt wird dieser Informationsfluß durch die regelmäßige Herausgabe eines Touristik-Info-Briefes und einer Reihe von Informationsveranstaltungen. Weiter ist noch intensivere fremdenverkehrliche Zusammenarbeit zwischen Großbetrieben und Kleinstanbietern anzustreben, um die Wettbewerbsfähigkeit weiter zu verbessern. Schließlich ist das Bewußtsein für den Fremdenverkehr als lohnender und zukunftsträchtiger Wirtschaftszweig im ländlichen Raum weiter zu entwickeln.

Im Jahre 1990 stand eine gesellschaftsrechtliche Umstrukturierung der WFG an. Im Ergebnis bedeutete dies eine Aufgliederung der bisherigen WFG in eine gemeinnützige, mit den gleichen Aufgaben und die Gründung einer gewerblichen Gesellschaft unter der Firmierung »Vulkaneifel Touristik und Werbung GmbH«, deren alleiniger Gesellschafter der Landkreis Daun mit einem Stammkapital von 50 000 DM ist.

Ein Blick in die Zukunft

Die Öffnung der Grenzen im Osten sowie die Vollendung des Europäischen Binnenmarktes ab 1993 sind strukturelle Wandlungsprozesse, mit denen durch zukunftsorientierte Wirtschaftsförderung auch Chancen für die wirtschaftliche Entwicklung unseres Raumes verbunden sein können. Dies setzt voraus, weiterhin auf die neuen Herausforderungen, unter Berücksichtigung der örtlichen und regionalen Entwicklungspotentiale, flexibel zu reagieren. Es gilt, diese aktiv, individuell zu nutzen und auszuschöpfen. Dabei sind wir auf die Bereitschaftund Kooperation vieler einzelner privater Entscheidungsträger dringend angewiesen.

Die WFG will nicht auf der Verliererseite dieser strukturellen Veränderungen stehen, sondern durch Fortsetzung einer zielbewußten Angebotsberatung im Zusammenwirken mit den Funktionsstellen auf Gemeinde-, Kreis-, Bezirks-, Landes-, sowie EG-Ebene bei der Industrieansiedlung, Bestandspflege vorhandener Betriebe, Ausbau des Handwerks und des Gastgewerbs, der Dorfentwicklung, einen wirkungsvollen Beitrag zur Wirtschaftsentwicklung unseres ländlichen Raumes leisten.