»Märchen aus aller Welt«

Stephanie Loenenbach, Daun

 

Auch 1991 fand eine Jugendbuchwoche im Kreis Daun statt, das Thema: »Märchen aus aller Welt«. Die Veranstalter - Leseclub »Bücherwurm« am Geschwister-Scholl-Gymnasium, Kreisbibliothek und Kreisverwaltung, die Jugendpflege, der Kulturverein Daun, die Buchhandlung Werner, die Volkshochschule der Stadt Daun und Volksbank Daun, letztlich die evangelischen und katholischen Bibliotheken des Kreises - luden zu einer Vielzahl von Veranstaltungen ein. Der Schwerpunkt aller Aktivitäten lag in den Tagen vom 22. bis zum 29. Mai 1991.

Zum Thema:

Mit »MÄRCHEN aus aller Welt« - so waren sich die Veranstalter im klaren - knüpfte man an die Jugendbuchwochen der Vorjahre an. Im letzten Jahr stand Michael Ende und das Motto »Im Land der Märchen, Träume und Phantasien« im Vordergrund. Ging man bisher noch mehr auf moderne Märchen und phantastischen Geschichten ein, so sollten 1991 das Thema eher in seiner Breite erfaßt werden. 

Märchen werden oftmals nur mit den Namen der Gebrüder Grimm, Wilhelm Hauffs oder Christian Andersens verknüpft. Dabei verliert man aber schnell aus den Augen, daß diese Literaturgattung auf eine lange Tradition der mündlichen Überlieferung aufbaut, daher auch in allen Ländern und zu allen Zeiten vorgekommen sind. Auf diesen multinationalen Aspekt der Märchen wollten die Veranstalter in der Jugendbuchwoche 1991 eingehen. Damit ist das Thema zwar immer noch nicht ausgeschöpft, aber ein anderer Blickwinkel und die Vielfalt der Märchen konnten aufgezeigt werden.

Zum Programm:

Den guten Einstieg in die Jugendbuchwoche bildete auch dieses Mal eine Ausstellung. Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels stellte eine Wanderbuchausstellung, »Märchenwelt«, zusammen, die in ganz Deutschland gezeigt wurde. Auf Bestreben von Malte Blümke und dem Leseclub »Bücherwurm« am Geschwister-Scholl-Gymnasium kam sie in den Kreis Daun. Hier wurden die »Märchenwelten« an drei Orten präsentiert, im Jugendheim Ormont: - Initiator war dort der Kindergarten und seine Leiterin Frau Theresia Bormes -, in der Hauptschule Gerolstein und als letzte Station am Geschwister-Scholl-Gymnasium in Daun. Inhalt der Ausstellung waren europäische Volksmärchen, Märchen aus aller Welt, Kunstmärchen, Bilderbücher und Erstlesetexte von Märchen; märchenhafte Kindergeschichten, moderne Märchen, Bearbeitungen und Parodien, dazu eine kleine Auswahl von Fachliteratur über das Thema.

Die Gewinner des Schreib-, Mal- und Bastelwettbewerbs

Mit der Wanderbuchausstellung wollte der Börsenverein des Deutschen Buchhandels »Kindern und Erwachsenen den Zutritt zu den Märchenwelten offenhalten und sie ermuntern, einmal mehr die Reise in das Land der Träume und Fantasien anzutreten«, wie es Günther Christiansen im Geleitwort zur Ausstellung treffend ausdrückt. Neben dieser 230 Bücher umfassenden Schau wurden noch in vielen Bibliotheken des Kreises Märchenbücher in Ausstellungen vorgestellt.

Die eigentliche Jugendbuchwoche wurde mit der Siegerehrung des Schreib-, Mal- und Bastelwettbewerbes eröffnet. Am Wettbewerb beteiligten sich insgesamt 377 Kinder und Jugendliche. Die Juroren hatten bei den zahlreichen Einsendungen keine leichte Aufgabe, Siege rzu ermitteln, denn die meisten Arbeiten waren einzigartig und mit großer Mühe angefertigt. Daherfeierte man zum Schluß auch mehrere Sieger. Es wurden 17 erste, 18 zweite und 23 dritte Plätze vergeben, dazu drei Sonderpreise verliehen. Die prämierten Arbeiten des Mal- und Bastelwettbewerbes konnten dann eine Woche lang in einer Ausstellung in der Volksbank Daun besichtigt werden. Musikalisch umrahmt wurde die Siegerehrung von Musikanten aus dem Pützbachtal, einer Kindermusikgruppe, die unter Leitung von Frau Cheryl Onnertz steht. Im Rahmen der Veranstaltungstage waren drei Autoren eingeladen, die an verschiedenen Stellen im Kreisgebiet lasen; Sigrid Früh, Kurt Scholl und Ulrike Piechota. Letztere fiel leider wegen plötzlicher Erkrankung aus. Sigrid Früh stand am 22. und 23. Mai zur Verfügung. Sie stammt aus Kernen in der Nähe von Stuttgart, ist als Herausgeberin und Sammlerin von Märchenbekannt. Beispiele sind hier Bücher wie »Märchen von Drachen«, »Märchen von Schwanenfrauen und verzauberten Jünglingen«, »Märchen von Hexen und weisen Frauen« und »Märchen von Leben und Tod«. Zunächst studierte die Autorin in Tübingen und Zürich Germanistik und Volkskunde. Während des Studiums lernte sie Professor Max Lüthi, einen Literaturwissenschaftler und Volkskundler kennen, der sich außerdem noch intensiv mit der Märchenforschung befaßt. Er brachte Sigrid Früh Märchen nahe und entdeckte ihr Talent, Märchen zu erzählen. Neben dieserTätigkeit ist die Herausgeberin aktiv in der Erforschung überlieferter Geschichten tätig. Sie organisierte und leitete 1982 den internationalen Kongreß »Die Frau im Märchen«, war Mitinitiatorin des Kongresses »Tiere und Tiergestalten in Märchen« (1988). Zudem rief sie 1979 die Schorndorfer Märchenwoche ins Leben und ist Mittegründerin der Kornwestheimer Märchentage. Ihre Aufgabe als Märchenerzählerin erfüllt Sigrid Früh mit sehr viel Engagement und Freude. An den Tagen im Kreis Daun hielt sie Lesungen an Schulen und Bibliotheken. Dabei brachte sie ihren Zuhörern vor allem russische Märchen nahe. Weiterhin referierte sie in der Kreisbibliothek Daun über das Thema »Die Bedeutung des Märchens für Kinder«. Hierbei standen Fragen, ob Märchen für Kinder überhaupt geeignet sind und der Aspekt der eventuellen Veralterung im Vordergrund. In der zweiten Hälfte der Jugendbuchwoche besuchte Kurt Scholl Schüler- und Kindergruppen. Er kommt aus Heidelberg und ist von Beruf Buchhändler. Vor etwa fünf Jahren kam er zum Märchenerzählen. Kurt Scholl unterhielt seine Zuhörer vornehmlich mit klassischen Volksmärchen.

Weitere Höhepunkte der Aktionstage bildeten verschiedene Theatervorführungen. Die Kinderbühne Ratzeputz, eine Laienspielgruppe aus Gillenfeld, führte das Stück von Irina Korschunow »Die Wawuschels mit den grünen Haaren« auf. Vor ungefähr 160 Kindern entfaltete die Schauspielgruppe über zwei Stunden lang ihr ganzes Können, das von einer professionellen Arbeit nicht zu unterscheiden war. Am 25. Mai bot die Marionettenarbeitsgemeinschaft des Geschwister-Scholl-Gymnasiums »Die kleine Hexe« nach Motiven aus dem Buch von Otfried Preußler dar. Bei dieser Arbeitsgemeinschaft handelt es sich um eine freiwillige Gruppe von Jugendlichen aus den sechsten bis neunten Klassen des Gymnasiums. Sie arbeiteten zwei Jahre lang an diesem Stück, wobei im ersten die Marionetten hergestellt, im zweiten das Stück einstudiert wurde. Vor einem Publikum von 400 Zuschauer spielte das Wittenef Kinder- und Jugendtheater »Oh, wie schön ist Panama«, nach dem Buch von Janosch in der Bearbeitung von Heidi Ernesti. Die aus drei Schauspielerinnen bestehende Truppe erzählte die Geschichte des kleinen Bars und des kleinen Tigers, die nach Panama reisten, sehr fesselnd; sie bezogen die Kinder in das Stück mit ein, was großen Anklang fand. Die Volkshochschule der Stadt Daun führte am 26. Mai den Film »Bernhard und Bianca« von Walt Disney auf; auch diese Vorführung wurde gerne angenommen.

Abschließend ist festzuhalten, daß die Jugendbuchwoche wieder ein Erfolg war, wenngleich sie mehr auf die eigenen Aktivitäten der Schulen, Bibliotheken, Vereine, Theater- und Musikgruppen zurückgriff, als auf große Autoren. Das ist wohl Beweis dafür, daß sich diese Veranstaltung und die damit verbundene Leseförderung im Kreis Daun etabliert hat.

Zum Schluß sollte noch vermerkt werden, daß sich in den Aktionstagen herauskristallisierte, das Thema Märchen ist immer noch nicht ausgeschöpft. Es wird bestimmt wieder in einem der nächsten Jahre mit anderen Aspekten aufgegriffen. Dann wird es also wieder heißen:

Es war einmal..