Es steht eine Mühle

Lotte Schabacker, Daun

 

Vergessen und verschwunden

sind soviel Mühlen schon,

und ihre Bäche fließen

nun tatenlos davon.

Doch eine ist geblieben

aus alter Grafenzeit,

da zeigt das Mühlrad was es kann,

der Bach treibt es zum Schaffen an,

wie früher so auch heute,

wie früher so auch heut.

 

Bei Meisburg steht die Mühle

im schönen Lohsalmtal,

die Wiesen ringsum blühen

mit Blumen ohne Zahl.

Der Lohsalmbach ist fleißig,

so wie in alter Zeit,

da zeigt das Mühlrad was es kann,

der Bach treibt es zum Schaffen arv

wie früher so auch heute,

wie früher so auch heut.

 

Die Brettchen für die Wiege,

die Balken für das Dach,

die schneiden drei gemeinsam

hier Müller, Rad und Bach.

Der Sägemüller singt so gern

ein Lied aus Müllerszeit,

da zeigt das Mühlrad was es kann,

der Bach treibt es zum Schaffen an,

wie früher so auch heute,

wie früher so auch heut.

 

Im Winter geht's gemächlich,

der Frost macht was er will,

er hängt ans Dach die Zapfen

und legt das Mühlrad still.

Doch lang wird's so nicht bleiben,

es kommt die Frühlingszeit,

da zeigt das Mühlrad was es kann,

der Bach treibt es zum Schaffen an,

wie früher so auch heute,

wie früher so auch heut.

Wir wollen etwas. Wir drehen dann an etwas. Verschieben etwas. Drücken auf etwas. Alles mit leichter Hand. Und dann passiert etwas. Mit der Glühbirne, dem Telefon, dem Fernseher. Letzterer erzählt etwa etwas von einem Countdown, wir sehen noch nicht einmal jemanden, der drückt, schiebt oder dreht, aber plötzlich schießt etwas Langes, Schlankes in die Höhe und macht sich, wie man hört, auf den Weg nach der Erdumlaufbahn. Gute Reise! 

Diese Vorgänge sind uns so gewohnt und dennoch so fremd, daß wir kaum etwas dabei empfinden. Außer einigen Profis wissen wir auch nicht präzise zu sagen, welche Arbeitsabläufe zwischen der Idee in unserem Kopf und dem Endergebnis stattfinden. Wir würden etwas verschwommen von Energien reden, die sich umsetzen, antreiben, beeinflussen, verwandeln. Und streng befragt, was denn eigentlich Energie sei, könnten wir nur ein bißchen von dem nachplappern, was uns die moderne Physik vorsagt: Energie sei kein Stoff und keine Substanz, sondern die Fähigkeit, Arbeit zu verrichten .. .Es gäbe genauso wenig verschiedene Energien wie verschiedene Arbeitsfähigkeiten ... vernichten ließe sich Energie ebenso wenig, wie sie sich aus dem Nichts schaffen ließe... Energie habe keine Identität, keine Geschichte, keine Ziele, kein Schicksal - sie sei halt eine Eigenschaft!

Sind das nun »sachdienliche Hinweise«? Die »Geschichte« ist uns vielleicht einsehbar, aber nicht sichtbar, nicht erlebbar. Die Drähte liegen verkabelt in der Wand, die Umschlagplätze sind verpackt und verlötet. Hat jemand von uns Laien schon mal versucht, auch nur ein angeschlossenes Bügeleisen auseinander zunehmen, um zu sehen, weshalb es heiß wird? Wir würden nicht schlauer - wir würden uns nur wundern.

Aber wir wissen einen Rat! 

Es steht eine Mühle bei Meisburg im Tal... aber sie klappert nicht leis' wie die im Schwarzwald, sie sägt mit Getöse Baumstämme. Sie steht schon dort, so heißt es, seit dem Mittelalter und ist eine der letzten holzsägenden Wassermühlen Deutschlands. Bis 1968 wurde sie gewerblich genutzt und dann von ihren Inhabern, den Eheleuten Schneider, mit viel Mühe restauriert und voll funktionsfähig erhalten. Sie ist zu besichtigen.

Fließendes Wasser gehört wohl mit zu den ersten Energiequellen, die von Menschen genutzt wurden. Auch hier kommt über den »Mühlengraben« ein Bächlein angerauscht und treibt das große Wasserrad an der Außenseite des Gebäudes an. Dessen Drehung überträgt sich durch ein Loch in der Wand ins Innere der Mühle und setzt hier ein schon recht kompliziertes Räderwerk in Gang, es versetzt Bänder und Walzen in rotierende Bewegung und bringt am Ende zwei vertikal angebrachte Sägeblätter dazu, im Auf und Ab beachtliche Baumstämme in Bretter zu spalten.

Da ist nichts »in der Wand« oder verlötet, alle Arbeitsabläufe sind zu übersehen. Und wenn die Sägeblätter langsam auf den Betrachter zukommen, vibrieren die stabilen Holzbohlen, auf denen der steht.

Zwar sieht man höchstpersönliche Energie auch hier nicht, sie ist genauso unsichtbar wie Glaube oder Liebe, aber man sieht in allen Phasen, was sie kann! Und das ist ein Erlebnis!