Steffelner Tuffe - schon die Römer haben sie verwendet

Fridolin Hörter, Mayen

 

Die Kirche von Steffeln steht hoch über dem Dorf auf einer vulkanischen Höhe, die von palagonisierten Tuffen gebildet wird. Diese Paiagonittuffe ziehen sich im großen Steffelner Tuff ring bis zur Kapelle Wahlhausen hinauf und bilden auch den Killenberg zwischen Steffeln und Auel. Die dunklen Tuffe sind mehr oder weniger deutlich geschichtet und werden teils aus groben Lapilli, teils aus Aschenschichten unterschiedlicher Feinheit und Härte gebildet. Sie setzen sich aus basaltischem Magma und vielen Nebengesteinsauswürflingen zusammen. Zum Unterschied zu den meist rötlichen Lapilli des Steffelner Kopfes, die bis auf einige über zwei Meter dicken Schweißschlackenschichten als lockere Basalttuffe abgelagert wurden, sind die dunklen Palagonittuffe zu festem Gestein erhärtet, welches von der Römerzeit bis in unser Jahrhundert zu Werksteinen abgebaut wurde. Als Palagonite werden nach dem Fundort Palagonia auf Sizilien vulkanische Tuffgesteine benannt, deren Gesteinsschmelze bei rascher Erstarrung zu Gesteinsglas mit hohem Wassergehalt umgebildet wurde. Dabei haben sich unter Neubildung von Zeolithen und Karbonaten die einzelnen Glaskügelchen mit dem anderen Auswurfgestein verkittet. Deshalb sind Palagonittuffe relativ feste Gesteine. Im Westeifler Vulkangebiet des Kreises Daun kommen sie außer bei Steffeln am Gyppenberg zwischen Essingen und Rockeskyll, am Rockeskyller Kopf, am Burlich bei Bewingen und auf dem Heldberg zwischen Neunkirchen und Steinborn vor. Schon derfrühe Eifelgeologe C. W. Noseschrieb 1790: »DerGippenberg südlich eine viertel Stunde von Rockeskill, ist am Fuß Ackerland. Seine flache oder platte Höhe zeigt an der Ost- und Westseite einige nakte zehn Fuß hohe Parthien einer wagrecht geschichteten Gebirgsart, die man hier Backofenstein nennt, ordentlich bricht, und zu Feuer- oder Backofen-Mauern anwendet.« Auch von den anderen westeifler Palagonittuffen ist die Verwendung und Benennung als Backofenstein in den geologischen Beschreibungen des 19. Jahrhunderts überliefert. So schreibt Steininger 1819: »Die Lavawände von Steffeln bestehen aus einem grauen, braun und rötlichgrauen vulkanischem Konglomerate, das bald sehr grob und rauh, bald feinerdig ist und einen gemeinen vulkanischen Tuff darstellt. Nachihrerverschiedenen Festigkeit werden die Konglomerate zu Fenster-, Thüren- und Backofensteinen oder gar nicht benutzt.«

Vom selben Gestein berichtet H. von Dechen 1886: »In dem Wege von Steffeln nach Stadtkyll zeigen die Tuffschichten eine beträchtliche Festigkeit und Zusammenhalt, die im Orte selbst noch zunehmen, wo eine Schmiede und mehrere Wohnungen zur Hälfte darin ausgehauen sind. Dieser Tuff enthält hier Augit, Biotit, Sani-din, wie der Tuff bei Rockeskyll, recht häufig Kugeln von Olivin, wie am Dreiser Weiher, Stük-ke von Devonstein, weniger von Buntsandstein.

Der südliche Rand des Kesselthales bildet der Kyllenberg (oder Köhlenberg) auf der rechten Seite des Tiefenbachs zwischen Steffeln und Auel. Die Tuffschichten besitzen hier eine gewisse Festigkeit und Zusammenhalt, welche dieselben zur Herstellung von Werksteinen geschickt machen. Der ganze Berg ist mit zum Theil verlassenen Steinbrüchen bedeckt. Die Gewinnung dieser Steine muß in früheren Zeiten sehr bedeutend gewesen sein ... Die Eigenschaften dieses Tuffes sind eine Folge der Veränderung, welche derselbe nach seinem Auswurfe erlitten hat, so daß er als Palagonit zu betrachten ist.«

Da Steffeln im Mittelalter und der frühen Neuzeit zur Herrschaft Kronenburg gehörte, ist es nicht verwunderlich, daß an Burgruine, Ortsbefestigung und Privathäusern von Kronenburg noch reichlich Zeugen der Verwendung Steffelner Tuffe zu erkennen sind. An der Burgruine sind Eckquader und das Gewände eines Rundbogens und am mittleren Tor vor der Kirche sind die Werksteine des Spitzbogens ganz aus Steffelner Tuff hergestellt. Dabei fällt auf, daß entsprechend dem rauhen und nicht allzufestem Gestein diese Werksteine stärker dimensioniert sind, als es sonst bei Sandsteingewänden üblich ist. Das Tuffgestein an den jüngeren Wohnhäusern von Kronenburg dürfte wohl vom Abbruch der Burgruine stammen, die nach der Entfestigung im 18. und 19. Jahrhundert wie allerorts den Einwohnern als billige Quelle für Baumaterial diente.

Pa/agonittuffe in Staffeln unterhalb der Kirche

In einem Garten der Kronenburger Straße steht noch der Boden eines großen Brunnentroges und vor dem Hotel in der ehemaligen Vorburg noch der Rest einer starken Rundsäule. Diese Beispiele zeigen die vielseitige Verwendung des Palagonittuffes vom Mittelalter bis zur Neuzeit. 1706/07 werden in den Einnahmeverzeichnissen der Pfarrkirche Steffeln (Schug: Geschichte der zum ehemaligen kölnischen Eifeldekanat gehörenden Pfarreien, Trier 1956) »als Zoll vom Küllenberg, für jeden abgefahrenen Wagen = 4 Pfennig, die Summe von 11 Thaler und 6 Petermännchen und als Pacht für einen Kirchensteinbruch 7 Thaler und 131/2 Petermännchen angeführt.« Auf dem Friedhof bei der Steffelner Kirche stehen noch alte Grabkreuze des 16. und 17. Jahrhunderts ohne Namensinschriften, die teils aus Palagonittuff, teils aus Schweißschlacke des Steffelberges gefertigt sind. Nur ein Kreuz aus Palagonittuff zeigt die Jahreszahl 1621. Solche Grabzeichen, Kirchensteine genannt, wurden von der Kirchengemeinde bei Beerdigungen gestellt.

Die Römer mit ihrer mittelmeerischen Steinbautradition stellten an ihre Bau- und Bildhauersteine besondere Ansprüche. Bei öffentlichen Gebäuden und reichen Privatbauten scheute man sich nicht, weiße und farbige Marmore und prunkvolle magmatische Gesteine aus dem Mittelmeerraum, selbst aus Afrika zu importieren. Dazu wurden Granite aus Vogesen und Odenwald und Marmore aus Frankreich und Belgien zur Glanzzeit Triers in die Kaiserstadt und prunkvolle Landsitze gebracht. Für die meist verputzten einfacheren Gebäude wurden außer Ziegeln und Handsteinen aus Devon- und Kalkstein auch Quader aus Sandstein und dem Jurakalk der Obermosel verwendet.

Einfassung des Präfurniums (Feuerungskanal) an der Konstantinbasilika Trier

 

Wenn daneben auch weniger ansehliche Steine weit transportiert wurden, wie die Basaltlava von Fornich zum Bau der römischen Steinpfeilerbrücke nach Trier oder gar der unscheinbare Palagonittuff von Steffeln, so mußten diese Gesteine besondere Eigenschaften für bestimmte Verwendungsbereiche haben. War es bei der Basaltlava die hohe Festigkeit und Beständigkeit gegen Frost, Wasser und jegliche Verwitterung, so war es beim Steffelner Tuff seine Feuerfestigkeit, die den weiten Landtransport rechtfertigte, um dieses Gestein in römischen Feuerungskanälen in Trierer Bauten einzusetzen.

Obwohl Basalt und Basaltlava aus glutflüssiger Schmelze entstanden sind, ist dieses Gestein nicht feuerbeständig. Bei Einwirkung äußerer Hitze zerspringt es, indem sich schalenförmige Absonderungen durch dieTemperaturspannungen lösen. Anders verhalten sich dagegen vulkanische Tuffe, die wie ein natürliches Schamottgestein selbst bei hoher Hitze ihre Festigkeit behalten und daher idealer Baustoff für Backöfen und Feuerungsanlagen sind.

So findet sich denn auch Palagonittuff von Steffeln an römischen Feuerungsanlagen bis nach Trier. Der gleichfalls feuerfeste Trachyttuff aus dem Brohl- und Nettetal fand zwar weite Verbreitung an römischen Bauten des Rheingebietes, doch ist er kaum moselaufwärts versandt worden. Die Verwendung von unverwechselbar Steffelner Tuff in dem römischen Gutshof bei Fließem (Otrang) läßt den Transportweg auf der Römerstraße von Köln nach Trier erkennen. In Fließem sind in der jüngeren Badeanlage im Nordwestbereich der Villa am Feuerungskanal noch Tuffsteine in Originallage zu sehen und ausgebaute Quader liegen auf der Begrenzungsmauer der Villenanlage.

Gotischer Torbogen aus Palagonittuff in Kronenburg

Wohnhaus im alten Tuffsteinbruch in der Ortsgemeinde Steffeln

In Trier konnte ich Palagonittuffe in den Feuerungsräumen der Barbarathermen und an der konstantinischen Palastbasilika beobachten. An der Basilika sind zwischen der Apsis und dem Treppenzugang der Nordwestseite eine Seitenwange und der große Sturz des Präfurniums der römischen Heizungsanlage von der Straße aus gut zu sehen. Neben Feuerspuren erkennt man am Sturz auch noch die Bogenhiebe der »Kämmspitz«, die für viele römische und frühmittelalterliche Werksteine charakteristisch sind. Auch wenn solche Bogenschläge dekorativ betont sind, so stellen sie doch Zeugnis von der Gewinnungstechnik massiger Gesteine dar. Durch schmale Schrotgräben, mit der Kämmspitz ausgehauen, wurde der Rohblock von drei Seiten freigelegt und anschließend durch Eisenkeile, die von der Frontseite aus eingetrieben wurden, von der Gesteinsbank gelöst. Diese Technik ist bei der in senkrechte Schienen gegliederten Basaltlava niemals angewendet worden.

Ich vermute, daß die Steffelner Tuffe zur Römerzeit unterhalb der Kirche und entlang dem Weg nach Stadtkyll gewonnen wurden, denn dort sind noch heute hohe Abbauwände mit Schrotbahnen und verwitterten Inschriften zu sehen, in die schon früh die alten, noch heute bewohnte Häuser in die ehemaligen Steinbrüche eingebaut wurden. Die Erbauung der Steffelner Burg an der Stelle der heutigen Kirche und des Pfarrhauses hat wohl die Steinbrüche zum Killenberg verlagert, wo noch Palagonittuffe bis zum Beginn unseres Jahrhunderts gebrochen wurden.