Mausefallen-Museum in Neroth

Günther Kirchhof, Neroth

 

Nach der Legende soll Kolumbus bei seiner Landung in Amerika im Jahre 1492 ein Nerother Hausierer Mausefallen zum Kauf angeboten haben. Dies dürfte ein Irrtum sein, denn Mausefallen wurden in Neroth nachweislich erst im vorigen Jahrhundert hergestellt.

Die Not zwang die Menschen damals dazu, sich nach Erwerbsmöglichkeiten umzuschauen, da der karge Boden der Vulkaneifel ihnen nur ein bescheidenes Dasein bot. Brände, die Teile des Dorfes vernichteten, sowie Mißernten verschlimmerten die Lage. Trotzdem hatte sich innerhalb von 60 Jahren die Einwohnerzahl des Ortes verdoppelt; die Not wurde noch größer. Viele Menschen wanderten aus.

Schließlich hatte in den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts ein Nerother namens Theodor Kläs die Idee. Obwohl er den Lehrerberuf erlernt hatte, begab er sich auf Wanderschaft; nach Süddeutschland, Ungarn, in die Slowakei, die Schweiz. Dabei lernte er die Herstellung von Draht- und Holzwaren und das Hausieren. Nach Neroth zurückgekehrt, unterwies er zunächst seine Verwandten in der Kunst des Drahtflechtens, später, mit Unterstützung durch den Lehrer Michels, weitere Bewohner des Ortes. Was als Nebenerwerb begann, entwickelte sich bald zu einem Hauptgewerbe, das sich rasch in der Region ausbreitete, zur Besserung der Existenz beitrug, die allgemeine Armut minderte und die Auswanderung einschränkte. Der letzte Nerother Betrieb von Josef Pfeil, der Mausefallen und andere Drahtwaren produzierte, stellte 1979 seine Produktion ein.

Um die Erinnerung an diese für Neroth so bedeutsame Entwicklung und an den nun ausgestorbenen Handwerkszweig wach zu halten, hatte sich der Heimatverein Neroth das Ziel gesetzt, die einzige noch im Original bestehende Werkstatt mit den selbst entwickelten Maschinen und Arbeitsgeräten der Nachwelt zu erhalten und zu einem Mausefallenmuseum umzugestalten.

Den Anstoß dazu gab 1980 eine Filmdokumentation des Amtes für Rheinische Landeskunde in Bonn über »Die Mausefallenmacher«. Es folgten umfangreiche Recherchen des Heimatvereins. Die wurden 1984 dem Direktor des Landesmuseums Trier vorgelegt, um die Möglichkeiten zur Errichtung eines Museums in Neroth zu klären. Zeitgleich und unabhängig davon verfaßte Hildegard Ginzier an der Universität ihre Magisterarbeit »Das Drahtwarengewerbe in Neroth/Eifel«.

Eine Unterbringung des geplanten Museums im angestammten Hause war nicht möglich. Glücklicherweise bot sich jedoch dafür die alte Dorfschule an, die, 1844 erbaut, unter Denkmalschutz gestellt und sogar restauriert worden war. Dank der Bemühungen des Ortsbürgermeisters Hans Ferdinand wurde dem Heimatverein ein nicht genutzter Klassenraum dieses historischen Bauwerks für die Erhaltung des wirtschafts- und sozialgeschichtlichen Kulturgutes »Mausefallenwerkstatt« zur Verfügung gestellt. Zur Finanzierung des Projekts konnten neben privaten Spenden und Mitteln des Heimatvereins auch öffentliche Gelder von Gemeinde, Kreis und Land genutzt werden, und so wurde das Museum im Herbst des Jahres 1990 fertiggestellt. Natürlich ging das nicht ohne den rastlosen Einsatz und das selbstlose Engagement vieler Helfer bis zum letzten Augenblick. Die feierliche Eröffnung des Mausefallen-Museums fand am 21. Oktober 1990 in einem Festakt im Gemeindesaal zu Neroth statt.

Alte Dorfschule Neroth, da ist das Mausefallenmuseum untergebracht

Kinder der Grundschule Neroth, die unter der Leitung ihrer Lehrerin Frau Wallenborn die alte Fabel vom Löwen und der Maus vorführten, eröffneten die Stunde. Herzlicher Beifall dankte den kleinen Nerothern für ihr Spiel. Ortsbürgermeister Hans Ferdinand richtete zunächst ein Dankeschön an den früheren Leiter des Amtes für Rheinische Landeskunde in Bonn, Herrn Dr. Simons, auf dessen Initiative hin schon 1979 Vorbereitungen zu einer Dokumentation über das Nerother Drahtwarengewerbe getroffen wurden. Sein Dank galt auch den Geldgebern, besonders den Aktiven des Heimatvereins unter Leitung von Siegfried Stahnke. Er nannte im Verlauf seiner Rede das Museum zu recht ein »Kulturdenkmal unseres Ortes«.

Anschließend dankte der Vorsitzende des Heimatvereins allen, die mitgeholfen hatten, das Werk zu vollenden. Die Uraufführung des Films über die Nerother Mausefallenmacher im Januar 1989 habe den Startschuß für die Endphase der Erstellung des Museums gegeben und ein Kreis von ungefähr 25 freiwilligen Mitarbeitern die Hauptlast der Arbeit getragen. Heute könne man voller Stolz auf den Fleiß, den Einfallsreichtum und die Fingerfertigkeit der Nerother blikken. »Früher gingen die Nerother in die Welt. Heute heißt es: Auf nach Neroth! Und man kommt nach Neroth«. Eine Bitte wurde ausgesprochen, man solle doch museumswürdige Gegenstände aus Haushalt, Wohnung oder Werkstatt als Geschenk oder Leihgabe dem neuen Haus überlassen, um sie der Nachwelt zu erhalten.

Kreisdeputierter Schmitz überbrachte Grüße und Glückwünsche des Landrats und der Gremien des Kreises Daun, Beigeordneter Bicker die des Bürgermeisters der Verbandsgemeinde Gerolstein.

Den Festvortrag hielt der Direktor des Rheinischen Landesmuseums in Trier, Herr Dr. Cüppers. Er übermittelte Grüße, Glückwünsche und Anerkennung des rheinland-pfälzischen Kultusministers Dr. Gölter, sowie des Regierungspräsidenten in Trier. Dann ging er ausführlich auf die Rolle der Maus als »Begleittier« des Menschen ein und brachte eine Fülle von Einzelheiten aus vielen Bereichen, spannte einen weiten historischen Bogen vom Altertum bis in unsere Tage.

Historischer Arbeitsraum im Nerother Museum,

Fotos: Heinz Hans, Neroth

Der Name »Maus« stammt vielleicht aus einer Ursprache, dem Sanskrit, und bedeutet dort soviel wie »Dieb« oder »Stehler«. Im Altgriechischen existiert in diesem Zusammenhang ein Wort, das »zerreiben« oder »zernagen« bedeutet. Die antiken Autoren unterschieden auch schon zwischen Hausmaus (mus domesticus), Feldmaus (mus agrestis oder rusticus), Zwergmaus (mus minor), weißer Maus (mus albus). Die Menschen der Antike hatten sich aber diesen Plagegeistern gegenüber auch schon zur Wehr gesetzt, indem sie Mausefallen gebrauchten; eine Tatsache, die belegt, daß die Mausefallen nicht von den Nerothern erfunden worden sind, wenn es sich damals auch nur um ganz einfache Konstruktionen handelte. In der Antike war die Maus auch schon als Überträger der Pest bekannt und gefürchtet. Aus dem Ägypten der Pharaonen wurde berichtet, daß Mäuse in einem Fall von kriegsentscheidender Bedeutung gewesen sind. Das Lager der angreifenden Assyrer wurde von einer wahren Flut von Mäusen heimgesucht, die die Sehnen der Bögen zernagten, die Bögen und Pfeile anknabberten, so daß diese zum Angriff auf die Ägypter nicht mehr benutzt werden konnten. Im Mittelalter wurde die Maus häufig mit Schlamm, Schmutz und Unrat in Verbindung gebracht. Schließlich können Mäuse sogar heute auch dadurch gefährlich werden, daß sie in einem modernen Hochhaus die Kabel der elektrischen Leitung annagen, einen Kurzschluß auslösen und damit das Haus in Brand stecken. Andererseits soll die Maus, wie der Redner berichtete, in gewissen Fällen auch nützlich gewesen sein, zum Beispiel bei der Linderung von Schmerzen. Hatte man ein Loch im Zahn, so vermischte man die Asche einer verbrannten Maus mit Honig und steckte sich davon ein Kügelchen in die Lücke. Bei ganz schlimmen Zahnschmerzen sollte man eine Maus roh verzehren; dann würde, wohl vor lauter Ekel, der Schmerz vergessen. Die Zuhörer nahmen dieses Rezept mit Humor auf.

Zum Schluß ging der Redner noch auf ein ernstes Problem der heutigen Zeit ein; die Mäuseplage in den Entwicklungsländern, wo riesige Lebensmittelmengen durch diese Schädlinge vernichtet würden, weil die Menschen dort Fanggeräte nicht kennen. Scherzend meinte der Vortragende, daß es deshalb für die Nerother Drahtwaren in Indien und China noch genug Absatzmöglichkeiten gebe, was auch für die Erhaltung und Erweiterung des hiesigen Mausefallen-Museums von großem Vorteil wäre. Langer und herzlicher Beifall dankte Herrn Dr. Cüppers für seinen interessanten und humorvollen Vortrag.

Damit war der offizielle Teil beendet und zum gemütlichen Beisammensein mit Speis und Trank wurde als Ausdruck der Nerother Gastfreundschaft neben anderem »en joot Botterschmerr« für alle Gäste angeboten. Zur Unterhaltung trugen schließlich die Gesangsdarbietungen der Altnerother sowie die flotten Weisen des Musikvereins bei.

Erstaunlich groß war das Interesse der überörtlichen Medien. Fünf Fernsehgesellschaften, mehrals 15 Rundfunkanstalten, zahlreiche Presseorgane aus dem Raum Trier, aber auch aus Köln, Düsseldorf und dem Ruhrgebiet brachten Reportagen und Berichte über unser Museum. Als besonders erfreulich sei bemerkt, daß auch unsere Landsleute aus der früheren DDR von unserem Museum erfuhren; sowohl eine Zeitung in Thüringen als auch die Ostseezeitung in Rostock berichteten darüber.

Das Museum präsentiert die verschiedenen Produktionsphasen des Drahtwarengewerbes von den Anfängen im vorigen Jahrhundert bis zur Schließung der letzten Werkstatt 1979. Aus diesem Betrieb stammen auch alle im Museum ausgestellten Gegenstände. Eine Stube läßt den Besucher das Milieu der Heimarbeit früherer Jahre nachempfinden, indem sie außer altem Mobiliar und Gegenständen des täglichen Gebrauchs auch die Hilfsmittel für die Mausefallenherstellung zeigt und so die Verschmelzung von Wohn- und Arbeitsbereich Sichtbarwerden läßt. Zur weiteren Veranschaulichung des Sachverhalts dienen mehrere Broschüren sowie ein Film, der den Besuchern gern gezeigt wird.

Öffnungszeiten:

                            vom 1. 4. bis 31. 10.

                            mittwochs 14.00 bis 16.00 Uhr

                            freitags 1 4.00 bis 1 6.00 Uhr

                            samstags 14.00 bis 16.00 Uhr

                            vom 1.11. bis 31. 3.

                            mittwochs 14.00 bis 16.00 Uhr

                            samstags 14.00 bis 16.00 Uhr

                            Gruppen auch nach Vereinbarung

                            Telefon: 0 65 91 / 72 30 / 58 22 / 35 44

Literatur:

Hans Gierden, Mausefallen aus Neroth, Jahrbuch des Kreises Dann 1978, S. 145 ff.

Siegfried Stahnke, Mausefallen aus Neroth, Jahrbuch des Kreises Daun 1985, S. 68 ff.

Hildegard Ginzier, Die Musfailskrämer aus der Eifel, Das Drahtwarengewerbe in Neroth/Eifel, Band 1 der Studien zur Volkskunde in Rheinland-Pfalz, Mainz 1986

Hildegard Ginzier, Ein Dorfmuseum für Neroth, Jahrbuch des Kreises Daun 1986, S. 183 ff.

Hildegard Ginzier, Die Mausfallenmacher, Eine Filmuraufführung in Neroth, Nerother Hefte, Heft 3, 1989, S. 31 ff.

Fritz Langensiepen, Die Mausfallenmacher, Einführungsrede anläßlich der Uraufführung "Mausefallen" am 6.1.1989 in Neroth, Nerother Hefte, HeftS, 1989, S. 37 ff.

F. Jaquemod, Die Überraschung für Columbus, Nerother Hefte, Heft 3, 1989, S. 44 ff.

Hildegard Ginzier, Bilder aus vergangenen Tagen, Nerother Hefte, Heft 4, 1990, S. 27 ff.

Günther Kirchnof, Festakt zur Eröffnung des Mausefallen-Museums, Nerother Hefte, Heft 4, 1990, S. 21 ff.

Mausefallen-Museum Neroth/Vulkaneifel, Kleiner Wegbegleiter, Heimatverein Neroth 1990 (erhältlich im Mausefallen-Museum zu Neroth).