Feldmarschall der Kaiserin

Reichsgraf Leopold von Daun

Heinz Reuter, Bodenbach

 

Es würde manchem gewiß übertrieben erscheinen, wenn man behauptete, von einem kleinen Städtchen in der hohen Eifel seien für Deutschland und Europa historisch bedeutsame Ereignisse - zumindest indirekt - ausgegangen. Und doch ist dies nachweisbar wahr. Denn zwei Männer sind in ganz Europa berühmt geworden, deren Familie Jahrhunderte lang in Daun ansässig war, die schon hier eine hervorgehobene Stellung innehatte und deren Spuren heute nicht nur urkundlich nachweisbar sind, sondern für jeden sogar deutlich im Dauner Alltag sichtbar blieben; die Herren und späteren Fürsten und Reichsgrafen von Daun, besonders Vater und Sohn Wirich und Leopold. Die Geschichte dieses Geschlechtes ist bis in das hohe Mittelalter zurückzuverfolgen. Die Herren von Daun standen als Amtmänner im Dienste der Erzbischöfe und Kurfürsten von Trier, ihr Amtssitz ist erhalten geblieben und inzwischen in ein hochmodernes Hotel umgewandelt worden. Zwei Dauner Straßen - die Wirich- und die Leopoldstraße - erinnern an die bedeutenden Träger dieses Namens. Sie haben allerdings nicht mehr in Daun, sondern auf der großen europäischen Bühne gewirkt und sich eben dadurch in das Buch der Geschichte unauslöschlich eingetragen.

Im 17. Jahrhundert waren die Vorfahren von Wirich und Leopold von Daun nach Österreich übergesiedelt, wahrscheinlich wegen der großen Schäden, die der furchtbare 30jährige Krieg von 1618-1648 überall in Deutschland verursacht hatte und die auch den Adel in Mitleidenschaft gezogen hatten. Am meisten bekannt geworden ist Leopold von Daun (1705-1766), der im Dienst der österreichischen Kaiserin Maria Theresia, deren berühmte Taler bis in unsere Zeit hinein in Umlauf waren und viel gesammelt werden, zum Generalfeldmarschall aufstieg. Obwohl sein Vater Wirich unter dem Vorgänger und Vater der Kaiserin, Kaiser Karl VI. (+1740), es ebenfalls zum Feldmarschall, sogar zum Vizekönig von Neapel und zum Statthalter von Mailand gebracht hatte, waren Ruhmund Ansehen seines Sohnes Leopold noch größer.

Diese erstaunliche Tatsache dürfte darin begründet sein, daß Leopold in den für Deutschland, Österreich und Europa tief einschneidenden kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen dem preußischen König Friedrich II., dem Großen, und Kaiserin Maria Theresia (+ 1780) eine ganz besondere Rolle gespielt hat. Generalfeldmarschall Leopold von Daun hat nämlich diesem von vielen damals als unbesiegbar angesehenen König in den Kriegen um Schlesien, das Friedrich der österreichischen Kaiserin widerrechtlich entrissen hatte, zwei schwere militärische Niederlagen beigebracht, 1757 bei Kolin und - nach Rückschlägen bei Leuthen -1758 bei Hochkirch.

Nach dem Ende der kriegerischen Auseinandersetzungen, die letztlich das Ansehen der Kaiserin mehr gestärkt haben, als das des Preußenkönigs, erwarb sich Feldmarschall Leopold von Daun - ein gläubiger Christ und tieffrommer Mann, der von seinen Soldaten wie ein Vater verehrt wurde - weitere große Verdienste als Reorganisator der österreichischen Armee.

Um so verwunderlicher ist es, daß er in der deutschen Geschichtsschreibung relativ wenig Beachtung gefunden hat. Die für lange Zeit einzige Biographie über ihn erschien bereits 1759 und war zudem noch fehlerhaft. Der Marschall lebte damals noch, so daß schon aus diesem Grund keine abgeschlossene und ausgewogene Lebensbeschreibung möglich war. Immerhin ist sie doch ein Beweis dafür, daß man schon vor 230 Jahren im Kreise der zeitgenössischen Historiker Leopold von Dauns Person und Feldherrnkunst für so bedeutsam hielt, daß man ein ganzes Buch seinem Wirken widmete. Die deutsche Geschichtsschreibung stand im übrigen lange Zeit in ihren Urteilen einseitig auf Seiten Preußens und besonders Friedrichs des Großen. Sein siegreicher Gegner auf dem Schlachtfeld der schlesischen Kriege war ihr wohl nicht sonderlich sympathisch.

Erst in unserer Zeit hat ihm der allzu früh durch einen Flugzeugabsturz in Südamerika tödlich verunglückte frühere Caritasdirektor von Saarbrücken und Bundestagsabgeordnete Franz-Lorenz v. Thadden, dessen Vorfahre als Fähnrich in preußischen Diensten bei dem von Feldmarschall Leopold von Daun errungenen Sieg bei Kolin 1757 in österreichische Gefangenschaft geriet, Gerechtigkeit widerfahren lassen. In einem umfangreichen und durch eingehendes Quellenstudium sorgfältig erarbeiteten Werk (Verlag Herold, Wien-München 1967) würdigt v. Tadden Leopold von Daun. Daß in der Heimatstadt des Feldmarschalls das Geschlecht nicht vergessen ist, beweisen die nach ihm und seinem Vater benannten Straßen.