Die Kartoffel -

Ein Volksnahrungsmittel

Werner Schönhofen, Leutesdorf

 

Die Kartoffel, dieses mittlerweile zum Volksnahrungsmittel gewordene Produkt, stammt aus den südamerikanischen Anden. Dort wurde sie vermutlich schon Jahrhunderte vor Christi Geburt für die Ernährung der Bevölkerung im alten Inka-Reich angebaut in Höhen zwischen 3 000 und 4 000 Metern. Heute noch werden dort, wie wohl schon zu Zeiten der Inkas, die Kartoffeln auf Stroh geschüttet und mehrere Wochen lang der extremen Witterung mit Frost, Hitze und Regen ausgesetzt. So verlieren sie weitgehend ihre Feuchtigkeit.

Die Spanier brachten die Kartoffel nach Europa. Bereits 1573 ist sie in einer Hospitalrechnung aus Sevilla aufgeführt. Wahrscheinlich bereicherte sie auch die eintönige Kost spanischer Seeleute, die so der gefürchteten Vitamin-C-Mangelkrankheit, dem Skorbut, weitgehend entgingen. Im 17. Jahrhundert wurde sie als Zierpflanze angebaut. In Irland und Italien scheint sie sich am schnellsten als Nutzpflanze verbreitet zu haben. In Deutschland wurde sie dagegen zeitweise von kirchlichen Kreisen als „Teufelsfrucht" bezeichnet. Im Gegensatz zum zehnt pflichtigen Getreide war ihre Zehntpflicht umstritten; sie wuchs ja nach unten, während Getreide dem Himmel zustrebt! Es war schließlich dem Alten Fritz vorbehalten, sie unter die Leute zu bringen. Den Bauern gegenüber griff er zu einer List; er ließ seine Kartoffelfelder in der Umgebung von Berlin scheinbar von Soldaten bewachen. Die darob neugierigen Bauern wollten nun auch die wertvolle Königsfrucht besitzen und stahlen sie. Zunächst wußte man sie nicht zu verarbeiten. Es heißt, daß die Leute in die rohen Knollen bissen, sie ausspuckten, wegwarfen, bis schließlich jemand auf die Idee kam, sie zu kochen. Auch über die Benennung war man sich nicht einig. Das dem Italienischen entlehnte „Tartuffolo" wurde zwar im Hochdeutschen zu „Kartoffel", im Rheinfränkischen setzte sich jedoch die Bezeichnung „Erdäpfel" und im Moselfränkischen „Grundbirnen" - in entsprechender Dialektausformung - durch. Kartoffeln ersetzten seinerzeit den täglichen Brei. Kartoffelgerichte gibt es heute in vielen Variationen. Inzwischen weiß man gar, daß die Kartoffel ein ausgesprochener Schlankmacher ist; sie besteht zu 75 Prozent aus Wasser. Der Anteil an Kohlehydraten, Mineralien und Vitamin C ist verhältnismäßig hoch. Dabei ist ihre Frucht giftig. Doch es werden ja nicht die grünen Früchte, die auf die Blüte folgen, verwertet, sondern die Knollen, wahre Stärkespeicher. Mit der Tomate, dem Tabak und einigen einheimischen Pflanzen gehört sie zu den giftigen Nachtschattengewächsen. Natürlich hat sie auch ihre Feinde, es sind vor allem Viruskrankheiten und der aus Mittelamerika stammende Coloradokäfer, der Kartoffelkäfer. Seit 1922 breitet er sich kontinuierlich von Bordeaux kommend über ganz Europa aus. Nach dem Krieg wurde er von Schulkindern „handverlesen", heute rückt man dem Schädling mit Gift zu Leibe. Ob das der Knolle dienlich ist, bleibt allerdings umstritten.