In eigener Sache ...

Notizen eines Autos

Marianne Schönberg, Jünkerath

 

Gestatten, mein Name ist JETTA. 

Ich bin ein bundesdeutscher Mittelklassewagen älterer Bauart, kam vor mehr als einem Jahrzehnt vom Band, heute laufe ich als OLDIE in Fahrzeughalterkreisen, aber- meine Erstbesitzerin in der Eitel hat mich gepflegt. 

Nie war ich ohne Garage und an Streicheleinheiten wurde nicht gespart - auch nicht an Wasser, Seife, Politur.

Und sie fuhr umsichtig mit mir, meine erste Dame.

So bin ich als guterhalter Alter zum Kauf angeboten worden - fürchterlich kam ich mir vor, so abgeschrieben. 

Da war ein NEUER 

-der konnte alles besser

 -war ja auch viel jünger -

außerdem vollgestopft mit technischen Raffinessen...

nun hatte meine Dame eben den Neuen erworben.

Ich kam in den Wartestand, j

a, in einer eigens für mich gemieteten Garage. 

Aber der Zustand deprimiert.

Meine neue Besitzerin wohnt in den östlichen Bundesländern. Sie kam zu Besuch in die Eifel, wollte einen Westwagen kaufen - keinen neuen. Das ist eben auch eine Frage des Geldes; sie hat's nicht im Übermaß.

Als junge Frau fuhr sie Motorroller, dann den TRABI in verschiedenen Variationen. Doch nun, im vereinten Deutschland, ist das „blaue Flämmchen" nicht mehr erwünscht - daher ging sie auf Suche nach einem GUTEN ALTEN; widerstrebend, auch ein wenig traurig. Sie mochte ihren TRABI.

Dann sah sie MICH.

Ja, es sollte ein Gefährt sein, das tapfer läuft. 

Das bin ich.

Es mußte eines sein, das nicht allzuviel kostet.

Das war ich auch.

Aber einiges an Reparaturen stand an - wie viel? Es wurde ein Fachmann in Sachen J ETTA & CO zu Rate gezogen, er versprach, mich herzurichten, über den TÜV zu bringen. Man rechnete hin und her, kam schließlich überein, daß eine „Wiederbelebung" durchaus im Rahmen des Möglichen ist. Schließlich komme ich aus einem Haus, das seit Jahren mit dem Slogan wirbt...dieser Wagen läuft und läuft und läuft...und das gilt nicht nur für den mit dem krummen Rücken.

Nun bin ich schon ein Jahr auf den Straßen der neuen Bundesländer im Dienst, fahre mit bröckelndem Kotflügelunterbau - meine Dame hat mich mal aus Versehen an einen Stein gesetzt, rückwärts, das vertrage ich nicht mehr so gut - kurve meist zwischen Radeburg bei Dresden und Pleißa bei Chemnitz hin und her, war aber auch schon in Holland! Meine Leute haben da Urlaub gemacht und ohne mich geht eben nichts - das tut mir schon gut.

Unter uns gesagt, der Verkehr auf den sächsischen Straßen ist beinahe ärger als in der Eifel. Aber meine Besitzer passen sich der Situation an, überfordern mich nicht; sie sind eben auch nicht mehr die Jüngsten und deshalb mögen wir einander sehr.

Im Herbst ist eine Reise in die Eifel geplant. Ob ich meine alte Dame wiedersehe? Das würde mich freuen, sie könnte dann feststellen, daß ich noch immer ein pikfeines Auto bin.

Keinen gemeinsamen Nennerfinden meine Leute für den Namen JETTA -

bin ich weiblich, männlich?

Im Grunde ist's mir gleich, nur -

DIE JETTA hat so was Geheimnisvolles, ist für Überraschungen immer gut und das würde doch zu mir passen

 -finden Sie nicht auch?