Hoffnung

 

Im Herbste ist's, ein Sonntagmorgen,

mein Kopf, der ist so schwer von Sorgen

und still und grau ist die Natur.

Vor meinem kleinen Küchenfenster

da wogen Nebel, wie Gespenster -

wie uferlos liegt Wald und Flur.

 

Ich tret hinaus in Herbsteskühle

und seh, wie auf die Gartenstühle

das bunte Laub ganz langsam fällt.

Hier hab ich sommers oft gesessen

und hell und warm ist es gewesen;

wie dunkel ist doch heut die Welt.

 

Dann hab das Dorf ich und die Gassen

im Nebel hinter mir gelassen,

von fern winkt schemenhaft der Hain.

Verklungen ist das Lied der Sense

und über mir die Wandergänse,

sie ziehn dahin mit hartem Schrei'n.

 

Und plötzlich spüre ichs mit Staunen,

als ob ein leises, fernes Raunen

mich einfach innehalten läßt....;

die Sonne bricht mit schrägen Strahlen

hervor, aus Dunst und Nebelschwaden,

und sieh, der Sonntag wird zum Fest.

 

In schönsten Farben stehn die Wälder,

es fällt auf leere Stoppelfelder

ein Glanz der alten Herrlichkeit.

Der Tau, er liegt wie ein Geschmeide

auf Spinngeweben, fein wie Seide,

gesponnen über Zaun und Heid'.

 

Des Baches emsiges Gefunkel

fließt plätschernd aus des Waldes Dunkel;

ich hab ihn vorher nicht gesehn.

Still steh ich auf dem kleinen Stege

und hab vergessen meine Wege -

oh Welt, wie bist du doch so schön!

 

Dann geh ich still und schauend weiter

und spüre, mein Gemüt wird heiter

und Hoffnung wächst empor aus Not.

Denn in den braunen Ackerschollen,

da wächst nach unsers Vaters Wollen

in kalter Winternacht das Brot.

 

Thekla Heinzen, Feusdorf