Ein Licht in der Eifel

625 Jahre Kloster Niederehe

Heinz Reuter, Bodenbach

 

Im Jahr des 900jährigen Jubiläums der weltberühmten Benediktinerabtei Maria Laach in der Eifel, dem die Bundespost sogar eine Sonderbriefmarke widmet, ist das ehemalige Augustinerinnen- und spätere Praemonstratenserkloster Niederehe nur ein kleines Licht.

Aber eben doch ein Licht, das 625 Jahre lang nicht nur in seine unmittelbare Umgebung ausstrahlte. Weit darüber hinaus, beim Kurfürst-Erzbischof in Köln als dem geistlichen und beim Kurfürst-Erzbischof in Trier als dem weltlichen Oberhaupt und nicht zuletzt in Rom hat Niederehe aufmerksame Beobachter und Helfer gefunden. In deren Archiven ist manches Interessante über Niederehe zu finden. Das Dauner Jahrbuch 1990 hat das Kloster auf zwei Bildseiten vorgestellt.

Gegründet wurde es 1175 als Frauenkloster nach der Augustinerregel durch die Burgherren vom benachbarten Kerpen mit Zustimmung des Kölner Erzbischofs Philipp l. Zur Gründungszeit hieß Niederehe übrigens kurz und bündig Ye. Ein dreiviertel Jahrhundert später wurde daraus Ehe und schließlich zum Unterschied von Oberehe erst Niederehe.

Erzbischof Adolf l. von Köln (1191) muß wohl ein guter Menschenkenner gewesen sein, denn er bestimmte, daß die Nonnen von Niederehe nicht von einer Äbtissin, sondern nur von einer einfachen Meisterin (magistra) geleitet werden sollten; »damit sie nicht stolz werden«, wie es in seinem Erlaß heißt. Vielleicht kannte man damals schon den Spruch: »Eitelkeit, dein Name ist Weib.«

Erzbischof Engelbert von Köln, der 1225 im Bergischen Land meuchlings ermordet und später heiliggesprochen wurde, bestätigte dem Kloster seinen nicht unbeträchtlichen, meist gestifteten Grundbesitz. Erzbischof Johann von Trier stiftete 1212 eine Ewige Lampe für den Tabernakel der Klosterkirche. Papst Inno-zenz IV. (1243-54) stellte Kloster Niederehe unter ständigen päpstlichen Schutz und bestätigte alle ihm verliehenen Rechte. Aber schon bald, 50 Jahre nach der Gründung, trat ein einschneidender Wandel ein. Erzbischof Heinrich l. von Köln unterstellte Kloster Niederehe 1225 der Prämonstratenser-Abtei Steinfeld in der Eifel. Daraus geht wohl hervor, daß die Niedereher Nonnen, die ja Augustinerinnen waren, dem damals noch jungen, vom hl. Norbert von Xanten gestifteten Prämonstratenser-Orden -so benannt nach dem ersten Kloster Premontre - beigetreten waren. Ausdrücklich festgestellt wird dies in einer Urkunde des Kölner Erzbischofs Konrad l. von Hochstaden - er legte 1248 den Grundstein zum gotischen Kölner Dom. Darin ist die Rede von den »ehrwürdigen Nonnen des Prämonstratenser-Ordens zu Niederehe«. Ob zu dieser Zeit bereits der Wurm des Niedergangs der Klosterzucht an der Wurzel des Klosterlebens in Niederehe nagte, ist nicht erwiesen. Einen besonderen Grund mußte die ungewöhnliche Maßnahme Unterstellung unter den Abt eines anderen Ordens doch wohl gehabt haben.

Jedenfalls ließen sich in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts solche Anzeichen nicht mehr übersehen. Nachdem nämlich der Patriarch Aegidius von Jerusalem zusammen mit anderen in Avignon - der damaligen Papstresidenz -versammelten Bischöfen dem Kloster Niederehe für die Verehrung des hl. Antonius an seinem Altar in der Klosterkirche Privilegien verliehen hatte, setzte ein großer Zustrom von Pilgern ein. Entsprechend stiegen natürlich die Einkünfte und der Besitz an Land, Gütern und Höfen. Als schließlich 1461 ein Großbrand Kloster und Kirche fast vernichteten, sahen die Zeitgenossen darin eine Strafe Gottes für das zu üppige Leben der Nonnen. Im Einverständnis mit Papst Innozenz VIII. (1484-92) führte der Abt von Steinfeld nach der Beseitigung der Brandschäden und dem Wiederaufbau 1505 die Umwandlung in ein Männerkloster durch, und zwar als Priorat von Steinfeld. Und das blieb Niederehe dann auch bis zur Aufhebung durch die Franzosen 1802. Im Jahre 1505 ging auch die Ortsseelsorge an die Patres über, die oft in den benachbarten Dörfern, wie Nohn und Bodenbach, Aushilfe leisteten.

Die Reformation Martin Luthers ging an Niederehe nicht spurlos vorüber. Anno 1567, fast 20 Jahre nach Luthers Tod, wurde trotz Protestes der Mönche durch Graf Dietrich von Manderscheid ein evangelischer Pfarrer in Niederehe eingesetzt, das Kirchenschiff für den evangelischen Gottesdienst zur Verfügung gestellt. Das Kloster selbst blieb jedoch unbehelligt. Aber nach dem Tode des Grafen wurde der frühere Zustand wieder hergestellt. Graf Philipp von der Mark, dessen kostbares Hochgrab aus schwarzem Marmor heute noch zu den Kunstschätzen Niederehes zählt, gab 1595 das Kloster an Steinfeld zurück; 1752 und 1782 konnten noch einmal größere bauliche Maßnahmen durchgeführt werden, die zum größten Teil bis heute nachwirken.

Mit dem Einmarsch französischer Revolutionstruppen 1800 kam auch für Niederehe wie für praktisch alle Klöster das Ende. Aber bis in unsere Tage erinnern die wohlerhaltene und gepflegte Kirche und die verbliebenen Gebäude an die 625jährige Geschichte eines zwar kleinen, aber nicht unbedeutenden Eifelklosters im heutigen Kreis Daun.