Die Wallfahrt

 

Es schält sich mühsam der Septembermorgen

 aus einer Herbstnacht Dunkelheit heraus.

 Noch liegt das Dorf im Nebel ganz verborgen;

da öffnet sich schon leise hier und da ein Haus.

 

Sie sammelt sich auf morgenstillen Gassen

 zur Wanderung bereit, die kleine Schar,

 und pilgert heut auf staubig heißen Straßen

zu unsrer lieben Frau - wie jedes Jahr.

 

Ganz vorn erhebet sich des Kreuzes Zeichen,

 stets geht es Pilgern auf dem Weg voran.

 Ihr folgen Junge, Alte, Arme, Reiche -

der Musikanten kleine Truppe schließt sich an.

 

Es tönen durch den Morgen Hörnerklänge,

 hell untermalt von fröhlich frommem Sang,

füll'n  aus das Tal bis zu den Bergeshängen

und geben Pilgern das Geleit auf ihrem Gang.

 

Des Morgens Schönheit lässt das Herz erklingen,

in ersten Sonnenstrahlen blitzt der Morgentau.

Verhalten hört man leise Vogelstimmen -

der Nebel weicht dem ersten, zarten Blau.

 

Es ist fürwahr ein fröhlich Miteinander

und in den Pausen gibt's manch muntern

Scherz,

denn im Gebet, im Singen und im Wandern

löst sich vom Alltag das geplagte Herz.

 

Sie suchen abseits auf den stillen Wegen

 sich zu entziehen der Hast der lauten Welt.

 Durch Wiesen, Felder, Sonne oder Regen

 und durch des Waldes herbstlich buntes Zelt.

 

Der Tag wird heiß, mühsam Gebet und Singen.

 Am Nachmittag da geht es schon auf Vier

als vor dem Ziel für sie die Glocken klingen;

 o, Maria, zu dir kommen wir.

 

Dann knien sie müde an der Gnadenstätte -

o Mutter, breite deinen Mantel aus!

Sieh unsre Sorgen, höre die Gebete

 für uns, und für die Lieben, die zuhaus.

 

Und wenn wir morgen wieder heimwärts

ziehen,

von deinem Bild, Maria, scheiden wir -

doch deine Mutterliebe, die wird mit uns gehen

denn niemals schied ein Pilger ungehört von

dir.

 

Man wird im nächsten Jahr sie wieder pilgern

sehen

wie vorher ihre Väter, Mütter auch.

Gott geb,  dass ihre Kinder es verstehen;

hüten und pflegen diesen frommen Brauch.

 

 

Thekla Heinzen, Feusdorf