Pater Meinrad - Leo Mathey

Erinnerung an einen Franziskanerpater

P. Dr. Herbert Schneider. OFM, Dockweiler/Rom

Am 18. Juli 1983 verstarb der aus Dockweiler stammende Franziskanerpater Meinrad (Leo) Mathey. Da er in seinem Heimatort und darüber hinaus im ganzen Rheinland durch sein Wirken lebendig ist, wollen diese Zeilen zum 10. Todestag an ihn erinnern.

Geboren 1914 in Dockweiler in einer ehrbaren Familie, deren Haus an der Ortskreuzung stand, war er ein Mensch, der mitten in der Gemeinde und aus einer Gemeinschaft heraus zu leben verstand. Vor seinem Elternhaus am Platz der Kreuzung dreier Straßen wurden früher die Gemeindeversammlungen des Ortes abgehalten. Von klein an war er daran gewöhnt, am Geschehen der Menschen beteiligt zu sein.

Meinrad Mathey war der erste von bisher neun Priestern, die nach dem Zweiten Weltkrieg aus Dockweiler hervorgingen. Zusammen mit dem späteren Salesianerpater Anton Monshausen, ebenfalls aus Dockweiler stammend, hatte er schon vor dem Kriege bei Pfarrer Capitain Lateinunterricht erhalten, um an das Gymnasium übernommen zu werden. Im Jahre 1936 trat er in den Franziskanerorden ein. Sein Studium in Vorbereitung auf die Priesterweihe wurde durch den Kriegsdienst in Norwegen (Narvik) und durch Gefangenschaft unterbrochen.

Nach dem Kriege wurde er im Jahre 1948 zum Priester geweiht. Dockweiler feierte nach fast 150 Jahren wieder eine Primiz. Mit Pater Meinrad begann eigentlich eine Ermutigung junger Männer für diesen Lebensberuf in der Kirche. Von Natur aus war er ein sehr realitätsbezogener Mensch, aber zugleich froh und kontaktfreudig, er konnte sich unmittelbar mit jedem freuen.

Ich erinnere mich noch gern der frohen Stimmung der Gemeinde am Primizabend. Bei manchen Jugendlichen klang es durch: Priester werden ist offenbar etwas Schönes. In den Tagen nach der Primiz stand er wie auch später

 

Foto: Alben Schulter, Dockweiler

noch manchmal an der Straße und sprach mit den Leuten; auch mit den Jugendlichen. Mein verstorbener Bruder Robert kam eines Tages nach Hause und sagte: »Wir haben mit Pater Meinrad gesprochen, ganz persönlich, froh und menschlich!" Auch mir hinterließ sein Auftreten ein unvergesslich positives Bild, wie ein Franziskaner und Priester sein kann. Es ist daher nicht verwunderlich, dass er im Orden in der Jugendarbeit eingesetzt wurde; als Erzieher im Studienheim der Franziskaner in Euskirchen. Genau dort begegnete ich ihm wieder, als ich selbst in diesem Haus Aufnahme im Jahre 1952 gefunden hatte, um am Euskirchener Gymnasium zu studieren. Pater

Meinrad war hier im Studienheim Betreuer studierender Jugend. Damals verwandte man dafür den Ausdruck Präfekt. Jetzt lernte ich noch besser kennen, worin seine Kunst bestand: Aus einem freundlichen Kontakt heraus Orientierung im Leben zu geben. Das war überzeugend.

Wenn ich sein Christusbild kennzeichnen sollte, will ich es Christusfreundlichkeit nennen. Er pflegte in meinen Augen eine Freundschaft mit Christus, die menschlich machte. Pater Meinrad musste in der Jugendarbeit natürlich auch Grenzen setzen. Stets aber tat er dies, wie ich es selbst erlebt habe, mit Respekt vor der Person. Nie habe ich ein hartes oder verletzendes Wort gehört. Später war Pater Meinrad Leiter des Spätberufenenseminars seiner Ordensprovinz in Neuß. Berichten zufolge verhielt er sich dort ebenso. Nach der Phase der Jugendarbeit war er viele Jahre Klosteroberer (Guadian), zunächst im Zentralkloster der Kölnischen Franziskanerprovinz zu Düsseldorf, Dieses Kloster mitten in der Stadt in der Nähe des Hauptbahnhofes wird von vielen Menschen für Rat und Tat aufgesucht. Es ist zudem eines der meistbesuchten Beichtklöster am Niederrhein. Kontaktfreudige Obere sind für dieses Haus besonders wichtig. Pater Meinrad war der rechte Mann dafür. Die Brüder der Provinz setzten großes Vertrauen in seine geistigen und seelischen Fähigkeiten. Sein Urteil war sehr geschätzt. Daher wurde er auch in die Leistungsverantwortung der Ordensprovinz gewählt, in das Definitorium. Zusammen mit dem Provinzial ist es das oberste Leitungsorgan einer Ordensprovinz, die ein Zusammenschluss mehrerer Klöster in einem Gebiet darstellt, hier des Rheinlandes, der Pfalz und des Saarlandes. Nach Ablauf dieser Tätigkeit wurde er für viele Jahre Guardian des Franziskanerklosters in Essen, mitten in einem bewegten Geschäftszentrum. Dieses Kloster war zusammen mit dem Bistum Essen als Haus der persönlichen Seelsorge errichtet worden. Die Eigenart bestand darin, dass Gespräche und Beichte aufeinander bezogen waren, wenn der betroffene Besucher es wünschte. Es bedurfte einer besonderen Einfühlung in die Seele des Menschen, die oft verletzt ist und Gott sucht oder auch an Gott leidet. Hier hat Pater Meinrad unzähligen Menschen im Leben weitergeholfen.

Als seine Amtzeit in Essen beendet war und zudem auch seine Kräfte nachgelassen hatten, bat ich als damaliger Provinzial um seine Mithilfe in unserem Ordenspriesterseminar in Remagen. Ich suchte einen Mitbruder, der mittragen und aus gutem Kontakt und mit begründeter Einsicht jüngeren Mitbrüdern helfend zur Seite stehen konnte. Mir lag sehr an seiner Fähigkeit zur persönlichen Begegnung und Seelsorge, die ja auch in einem Haus der Ausbildung des Ordensnachwuchses so wichtig ist. Pater Meinrad sagte zu und zog um nach Remagen. Von einem Schlaganfall konnte er sich nicht mehr erholen. Nach langem Leiden starb er mit 69 Jahren und fand seine letzte Ruhestätte auf dem Alten Friedhof zu Remagen.

Den Kontakt zu seiner Angehörigen und zum Heimatort hat Pater Meinrad stets gepflegt, wie es seitens des Franziskanerordens guter Brauch ist. Vielen Menschen in der Gemeinde war es vergönnt, ein ermutigendes und stärkendes Wort von ihm zu hören. Die Erinnerung an ihn halten sie in Ehren.