Der Aufstieg des Hauses Manderscheid

Ulrichs Kampf um den Bischofsstuhl und die Belagerung der Stadt Trier

Erwin Schöning. Gerolstein

Zu den mittelgroßen Territorien im Deutschen Reich gehörten im 15. Jahrhundert auch die drei Erzstifte Trier, Köln und Mainz. Das Erzstift Trier stellte sich als ein geschlossenes Gebiet dar, das sich um Trier ausdehnte und einen zweiten Schwerpunkt um Koblenz bildete. Im Norden wurde die Ausdehnung durch Köln, im Süden durch die Pfalzgrafschaft und im Osten durch Mainz begrenzt. Daher befanden sich im Hunsrück und Eifel nur einige kleine Territorien, nicht in der Lage, landesherrschaftliche Macht zu entfalten.

Eine war das Gebiet der Herren von Manderscheid, die ihren Farniliensitz auf der Niederburg in Manderscheid hatten. Im Jahre 1437 wurde die Talsiedlung Niedermanderscheid mit einem Mauerring in die Verteidigungsanlage einbezogen. Dadurch war der Lieserübergang gesperrt und die Zollstelle am Fluss sicher in der Hand der Manderscheider. Eine Zusammenstellung der Eigen- und Lehngüter aus dem Jahre 1385 belegt, dass sich der Besitz dieser Familie um Manderscheid, Oberkail, Wittlich und Klüsserath konzentrierte. Lehnsherren waren die Grafen von Luxemburg und der Erzbischof von Trier, von dem die Manderscheider etwa ein Drittel des Hochgerichts zu Minderlittgen, einen Hof in Hetzerath und ein Burglehen in Neuerburg trugen.1

Ein erhaltenes Rechnungsbuch von 1468 erwähnt Einkünfte von 108 Gulden im Halbjahr. Hinzu kamen aber erhebliche Erträge aus der Landwirtschaft. Die wegen Grundzugehörigkeit zu Abgaben verpflichteten Bauern mussten den »Zehnten« ihrer Einkünfte an den Grundherrn abliefern. Gezahlt wurden die Abgaben hauptsächlich in Naturalien wie Feldfrüchte und Schlachtvieh. Weitere Einkünfte sicherten sich die Herrschenden durch Entgelte für die Viehweide in den herrschaftlichen Wäldern, Verpachtungen von Bannmühlen, in denen die Bevölkerung ausschließlich ihr Korn mahlen lassen musste oder durch Ablösungssummen für die Entlassung aus dem Untertanen verband, was sehr selten vorkam, denn die Grundherren waren daran interessiert, dass die Leute in ihren Territorien wohnhaft blieben Weil immer mehr Städte entstanden, führte dies bei der Landbevölkerung zur Landflucht. Ein entflohener Höriger oder Leibeigener wurde nach einem Jahr frei, wenn ihn bis dahin sein Herr nicht aufstöberte. Heirat nach auswärts bedurfte der Genehmigung durch den Grundherrn. Vereinzelt wurde die Genehmigung erteilt, so durch Dietrich II.. Herr von Manderscheid, für seinen Untertan Johann Gobelen und dessen Ehefrau Christine (Styne) von Laufeld mit Siegel vom 13. Januar 1453. Dafür hatten sie jedes Jahr ein Pfund Ingwer zu zahlen. Außerdem mussten sie versprechen, eines ihrer Kinder nach Manderscheid zu verheiraten. Auch die übrigen Kinder sollten Eigenleute der Herren von Manderscheid bleiben.2 Dass die Manderscheider innerhalb weniger Jahrzehnte zu der Machtposition gelangen, die sie später auszeichnete, dazu hat sicher die aufblühende Eisenindustrie mit beigetragen. Im Bereich des eisenverarbeitenden Handwerks gab es neben den Huf- und Waffenschmieden noch die Schlosser, Bogner, Panzermacher (Plattner), Nagel-, Helm- und Pfannenschmieden. Eisenerz trat in den Manderscheider Territorien in abbauwürdiger Qualität und Menge an die Oberfläche. Die älteste Eisenhütte in der Südeifel ist Eisenschmitt südwestlich von Manderscheid. Sie wurde erstmals 1372 urkundlich erwähnt; 1388 erhielt der Erzbischof von Trier zwei Drittel von Eisenschmitt und 1388 verlieh Dietrich l. von Manderscheid eine Hütte »uff der byr« (in der Nähe von Oberkail) an Friedrich und Blanck Johann auf sechs Jahre. Dafür waren jährlich an vier Terminen insgesamt 38 Zentner Eisen zu liefern. Für 20 Zentner Eisen wurde ihnen auch das Hammerwerk auf der Kyll bei der Mühle verliehen.3 Im 14. Jahrhundert war es die Heiratspolitik der Familie, die das Geschlecht auch in die Zentral-und Nordeifel führte. Im Jahre 1381 heiratete

Dietrich l. von Manderscheid Elisabeth, die Tochter Tilmanns, des Herrn von Stein und Wartenstein. Dadurch erhielt Dietrich Anrechte an der Ganerbenburg Steinkallenfels im Hunsrück und an der Burg Wartenstein im Naheraum. Sein Sohn, Dietrich II.. heiratete Irmengardis, die Tochter Dietrichs von Daun. des Herrn von Brück und Lucia von Daun. Diese Heirat machte ihn zum Herrn ansehnlicher Güter, die durch den Tod des Bruders seiner Ehefrau, Dietrich von Daun, im Jahre 1421 einen bedeutenden Zuwachs erhielten. Dietrich von Daun war ohne Nachkommen verstorben und hinterließ die Herrschaften Daun und Brück, in die sich Dietrich II. von Manderscheid mit Johannes, Burggraf von Rheineck, Gemahl Katharinens, der jüngeren Schwester des Verstorbenen, teilte.

Mitte des 15. Jahrhunderts erhielten die Herren von Manderscheid den erblichen Grafentitel verliehen. Dietrich II. war auch im Kriegsdienst nicht unerfahren. Bereits als Junker hatte er Gelegenheit, sich im Waffendienst auszuzeichnen. Unter seinem Vater focht er gegen die Edlen von Rodemachern und Friedrich, Graf von Veldenz. Auch dem Erzbischof Dietrich von Köln leistete er 1394 in einer Fehde gegen den Bischof Wilhelm von Paderborn wesentliche Dienste.

Als sein Bruder, Ulrich von Manderscheid, Domprobst von Köln und Archidiakon in Trier, sich 1430, nach dem Tod des Trierischen Erzbischofs Otto von Ziegenhain gegen den Willen der Trierer in diese Würde einsetzte, erhielt er die Unterstützung von Dietrich II. Obwohl der Domscholaster Jakob von Sierk bei der Wahl am 27. Februar 1430 fast alle Stimmen bekam, erhielt der Manderscheider nur die Stimmen einer kleinen Gruppe um Domprobst Friedrich von Kröv.

Aber der Manderscheider verließ sich auf seinen mächtigen Anhang. Auf dessen Seite standen seine Brüder Dietrich II. und Wilhelm, die Erzbischöfe Dietrich von Köln und Konrad von Mainz, die Herzöge Stephan von Bayern, Adolph von Jülich und Berg, Jakob, Markgraf von Baden, die Grafen Friedrich von Veldenz, Johannes von Sponheim und Robert von Virneburg sowie der Trierer Adel, an dessen Spitze Marschall Wilhelm von Staffel.1' Innerhalb kurzer Zeit ließ Ulrich von Manderscheid die wichtigsten Burgen und Städte besetzen.

Die beiden Gewählten begaben sich am 16. April 1430 auf die Reise nach Rom zu Papst Martin V. Dieser aber erteilte keinem von beiden die Bestätigung, sondern ernannte am 22. Mai 1430 den Bischof von Speyer, Rhaban von Heimstatt, zum neuen Bischof von Trier. Jakob von Sierk erkannte die Entscheidung an, aber der Manderscheider verließ Rom in der festen Absicht, seinen Anspruch auf den Bischofsstuhl mit Hilfe aller Anhänger im Adel auch notfalls mit Waffengewalt durchzusetzen. Auch das Domkapitel erkannte Rhaban von Heimstatt nicht an und protestierte gegen die Suspendierung seines Wahlrechts. Man bestellte Ulrich von Manderscheid zunächst zum Bistumsverwalter und wählte ihn am 10. Juli 1430 in Koblenz noch einmal zum Bischof. Papst Martin V. antwortete daraufhin mit der Verhängung der Exkommunikation über das Domkapitel und Ulrich von Manderscheid. Während der Manderscheider zum Krieg rüstete, vergingen die Jahre 1431 und 1432. In der Nacht zum Dreikönigstag 1433 mißlang der Versuch der Manderscheider, die Stadt Trier im Handstreich zu besetzen. Ulrich von Manderscheid ließ daraufhin die Stadt einschließen und belagern, wobei die Vororte auf dem linken Moselufer mit den Pfarreien St. Viktor und St. Isidor in Flammen aufgingen. Empört über die Gewalttätigkeit des Manderscheiders sagte sich das Domkapitel von ihm los und schloss sich dem Hilfegesuch der Stadt Trier an das allgemeine Konzil in Basel an. Im August 1433 versuchte Ulrich von Manderscheid erneut, Trier im Hauptangriff zu nehmen, nachdem die Stadt eine Woche unter Geschützfeuer gelegen hatte. Die Stadt konnte den Angriff jedoch abwehren, woraufhin der Manderscheider die Belagerungstruppen abzog. Auf dem Rückzug plünderten sie die Orte Neunkirchen, Büschfeld, Michelbach, Niederlosheim und die Dörfer im Nalbacher Tal.Der Trierische Bischofsstreit wurde schließlich auf dem Konzil in Basel entschieden, wo die beiden Kontrahenten geladen waren. Es war am 14. April 1434, als Ulrich von Manderscheid Basel verließ. Einen Monat später sprach sich die Konzilkommission für Rhaban von Heimstatt als Erzbischof von Trier aus, dem König Sigismund am 31. Mai 1434 die Regalien verlieh. Er forderte die Einwohner des Erzstiftes Trier auf, Rhaban als Erzbischof anzuerkennen.

Über Ulrich von Manderscheid verhängte er am 7. August 1434 die Reichsacht, Sie konnte über jeden Angehörigen des Reiches verhängt werden, der die Gesetze und die Ordnung des Deutschen Reiches und des Königs übertrat. Der Missetäter wurde durch Gerichtsspruch in die Reichsacht genommen, das heißt, für gesetzlos und vogelfrei erklärt. Untertanen eines geächteten Herrn wurden ihrer Pflichten gegen ihn entbunden. Die Aufhebung der Reichsacht war möglich nach Leistung einer Sühne gegenüber dem Beleidigten oder Geschädigten. ~ Ulrich von Manderscheid gab nicht auf. Burgen und Städte des Erzstifts an der Untermosel, auf dem Maifeld und am Rhein waren immer noch von seinen Anhängern besetzt. Die Fürsten des Reiches schlugen trotz des Baseler Urteils die Einsetzung eines Schiedsgerichts vor. das am 7. Februar 1436 in St. Goar entschied, dass Rhaban von Heimstatt der rechtmäßige Erzbischof von Trier sei, dem Ulrich von Manderscheid alle besetzten Burgen und Städte zu übergeben habe.

Als Ulrich von Manderscheid sich noch einmal auf den Weg nach Rom machte, um den Papst doch noch für sich zu gewinnen, starb er auf dieser Reise im Sommer 1436 zwischen Zürich und Konstanz. Die Grafen von Virneburg, Anhänger Ulrichs, setzten auch jetzt noch den Kampf fort und schlössen erst im Juli 1437 Frieden, nachdem Rhaban ihnen Burgen und Herrschaften Schönenberg in der Eifel, Hammerstein und Kempenich für 30000 Gulden verpfändet hatte.

Dietrich II. von Manderscheid regelte nach dem Tode seines Bruders die Forderungen des Erzstiftes Trier. Im Jahre 1449 begleitete er den Erzbischof Jakob von Trier, der nach dem Verzicht von Rhaban am 19. Mai 1439 zum Nachfolger ernannt worden war, nach Rom, von wo er im Jahre 1451 zurückkehrte. Bitburg und Dudeldorf, die an die Grafen von Virneburg verpfändet waren, verlangte er von Robert von Virneburg zurück. Er vereinigte die Herrschaft Schleiden mit seinen Besitzungen. Schleiden war ihm durch den Tod Johannes. Graf von Nassau, einem Verwandten seiner Gattin, zugefallen. Um den Räubereien in der Eifel ein Ende zu setzen, vereinigte er sich auf 13 Jahre mit den benachbarten Dynasten. Als seine Frau am 14. April 1456 starb, übertrug er den von Kaiser Friedrich III. ihm erteilten

Grafentitel auf seine Söhne. Der älteste seiner ihn überlebenden Söhne, Dietrich III., erhielt die Grafschaften Blankenheim und Gerhardstein (Gerolstein). Dietrich II. starb am 10. November 1469 und wurde neben seiner Gattin im Kloster Himmerod begraben.

Literaturangaben

Schannat/Bärsch. Eiflia Illustrata Bd. 1. Abi. 2. Neudruck der Ausgabe

1H24 Osnabrück Otto Zoller-1966.

Ferdinand Pauly: Aus der Geschichte des Bistums Trier- Die Bischöfe

bis Ende des Mittelalters Paulinus-Verlag-Trier 1969

Deutsche Geschichte Bd. 5. Herausgegeben von Heinrich Pleticha.

Verlagsgruppe Bertelsmann GmbH/Lexikothek Verlag GrnbH Güters-

Ioh 1982.

Anmerkungen

1. Die Manderscheider - Herrschaft - Wirtschaft - Kultur. Katalog zur

Ausstellung Rheinland-Verlag GmbH, Köln 1990. S 14ff

2. Ebenda S.143

 3. Ebenda S. 149 ff.

4 Eifelia Illustrata Bd 1, Abt. 2. S. 510 f.

5 Ebenda S. 509 f.

6. Ferdinand Pauly: Aus der Geschichte des Bistums Trier. S. 127

7. Das moderne Lexikon. Bd.15, Herausgegeben vom Lexikon-Institut Berteismann in Zusammenarbeit mit Dr. Hans F. Müller. Stichwort::>>-Reichsacht<<.