Arbeitskreis Volkskunde aktiv

Prof. Matthias Weber, Köln/Niederbettingen

 

Das erst vor wenigen Jahren eröffnete und vom Kreis Daun getragene Eisenmuseum in Jünke-rath entwickelte sich erfreulich rasch zu einer ersten Adresse in der Museumslandschaft der inzwischen vorhandenen neun Museen innerhalb der Kreisgrenzen. Dazu trugen neben dem besonderen Reiz der hier nach modernen museumspädagogischen Grundsätzen präsentierten Exponate mit Sicherheit auch die in seinen Räumen bisher durchgeführten kulturellen Veranstaltungen bei. Erinnert sei nur an das erfolgreiche Symposion »Eisen in der Eifel« am 2. Mai 1992, das hervorragende Fachleute zum sachkundigen Austausch für einige Stunden in dem kleinen aber feinen Jünkerather Museum zusammenführte. Hingewiesen sei auf den von vielen Gästen mit Beifall aufgenommenen Leseabend »Eifeler Mundart« am 12. November 1992.

Auch für das Jahr 1993 stehen wieder attraktive kulturelle Veranstaltungen auf dem Programm. So eine Sonderausstellung über »Rheinisches Steinzeug in Amerika«, ein Vortrag über »Christusdarstellungen in der Spätantike« sowie ein Symposion zum hoch aktuellen Umweltthema »Der Wald«.

Letzteres wird ausgerichtet in Zusammenarbeit mit dem in Köln angesiedelten, angesehenen Rheinischen Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz sowie dem in Bonn beheimateten und auf dem Gebiet der rheinischen Volkskunde produktiven Amt für rheinische Landeskunde. Gerade dieses Amt hält auch deutlich spürbar die geistig, moralisch und praktisch fördernde Hand über manche Initiativen des Eisenmuseums in Jünkerath. Und dies, obwohl der Landschaftsverband Rheinland als eine Einrichtung des Landes Nordrhein-Westfalen hoheitsrechtlich in einem Museum im Lande Rheinland-Pfalz keinerlei Befugnisse hat. Aber in den genannten Kölner Institutionen und im Bonner Amt denkt und handelt man nach Möglichkeit - im Interesse der ländlichen Bevölkerung - kulturräumlich und betrachtet das Rheinland als historisch gewachsene Kulturregion mehr als Ganzes, also weniger in seinen ohnehin erst aus der Nachkriegszeit stammenden heutigen politischen Grenzen.

Solche Veranstaltungen erfüllen das Jünkerather Eisenmuseum mit einer erfrischenden geistigen Lebendigkeit, die geeignet erscheint, ihm immer mehr den Rang eines regionalen Kulturzentrums zu verschaffen. Motor und Seele all dieser Aktivitäten ist die auch mit dem Aufbau des Museums verdienstvoll verbundene Museumsleiterin, Semra Beck.

Museum und »Arbeitskreis Volkskunde«

Sie war es auch, die Ende Juni 1992 die Initiative ergriff, einen »Arbeitskreis Volkskunde für den Landkreis Daun« zu gründen, der dann tatsächlich am 15. Juli 1992 das Licht der Welt erblickte. Wie kam es dazu, was ist die Zielsetzung, und was wurde bisher erreicht? Nach einjähriger Arbeit mag eine erste Zwischenbilanz zur Information der Öffentlichkeit nicht nur erlaubt, sondern geradezu geboten sein. Kreisverwaltung und Jahrbuchredaktion sei ausdrücklich dafür gedankt, daß wegen leider bislang nicht realisierbarer eigener »Museumsmitteilungen« hier für diesen Bericht gewissermaßen Ersatzraum zur Verfügung gestellt wird. Mit Schreiben vom 30. 6. 1992 hatte die Museumsleiterin »volkskundlich interessierte Frauen und Männer aus dem Kreis Daun«, die in der Regel durch Jahrbuchbeiträge und/oder andere Veröffentlichungen oder heimatbezogene Aktivitäten ausgewiesen sind, zur Gründungssitzung eingeladen. Mit den 17 Damen und Herren konnte Frau Beck Dr. Fritz Langen-siepen, Leiter des Amtes für rheinische Landeskunde in Bonn, und Dr. Alois Döring, Leiter der Abteilung Volkskunde des ARL, begrüßen. Beide Herren waren im Kreis Daun längst keine Unbekannten mehr.

Dr. Langensiepen bot insbesondere für sich, seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Bereitschaft an, in einem volkskundlichen Arbeitskreis für den Kreis Daun mitzuarbeiten und diesen wissenschaftlich zu begleiten. Er sprach »über die dringende Notwendigkeit des Erfassens und Dokumentierens volkskundlicher Sachverhalte«, da die Eitel und damit der Kreis Daun bisher volkskundlich nur unzureichend erforscht seien und bei unterlassenen Befragungen von Zeitzeugen durch deren natürlichen Abgang viel Wissenswertes für die Nachwelt verloren zu gehen drohe. Dr. Döring wies auf die derzeit beim Bonner Amt anstehenden Forschungsschwerpunkte hin und schilderte den volkskundlichen Arbeitskreis des Kreises Heinsberg gleichsam als ein Modell für den Landkreis Daun. Franz Josef Ferber, Leiter der Abteilung Schulen und Kultur der Kreisverwaltung Daun, gab zu bedenken, daß man auch in einem Arbeitskreis nicht alles und vor allem nicht alles auf einmal machen könne. Er schlage daher zunächst die Befassung mit den zwei interessanten und hochaktuellen Themen "Spielwelten der Kinder im Rheinland« und -aus dem Bereich der Eifeler Bräuche - das Thema »Hochzeitsbräuche« vor. Beide Themen würden derzeit auch an anderer Stelle verfolgt. So führe das Amt für rheinische Landeskunde (ARL) über den Komplex »Spielwelten...« eine Erhebung durch, und der Arbeitskreis Eifeler Museen (AEM), dem auch der Kreis Daun angehöre, plane eine Wanderausstellung über »Hochzeitsbräuche«. Die Bonner Gäste begrüßten diesen Vorschlag, dem sich nach einer Diskussion auch die übrigen Sitzungsteilnehmer anschlössen. Aus ihrem Kreis gab Alois Mayer, Daun, zu überlegen, daß die von den Arbeitskreismitgliedern erbrachten Beiträge auch dokumentiert werden müßten. Er führte dabei unter anderem aus: »Abgesehen von der Wichtigkeit einer Dokumentation wolle der ehrenamtliche Mitarbeiter etwas sehen von seiner Arbeit; ohne Erfolgserlebnisse seien freiwillige Helfer auf Dauer nicht zu motivieren.« Auch diese Meinungsäußerung fand allgemeine Zustimmung.

Einigkeit herrschte unter den Teilnehmern darüber, daß die Diskussion über eine Rechtsform des Arbeitskreises noch verfrüht sei und man zunächst mit einer losen Arbeitsgemeinschaft am besten zurechtkomme. Allerdings brauche der Arbeitskreis unbedingt einen Vorsitzenden, der die erforderliche Geschäftsführung übernehme. Vorgeschlagen und gewählt wurde dazu Museumsleiterin Semra Beck, die diese neue Aufgabe seitens der Kreisverwaltung übernahm. Der »Arbeitskreis Volkskunde für den Landkreis Daun« war damit gegründet und zugleich für seine nächsten Sitzungen programmiert. Die Lokalpresse wurde um entsprechende Berichterstattung gebeten, die nächste Sitzung auf den 16. September 1992 (wieder im Eisenmuseum Jünkerath) festgesetzt. Gleichzeitig war man sich darüber klar, daß die Sitzungsorte durchaus wechseln könnten und man auch in Daun (Kreishaus) und in Bonn (ARL) zusammenkommen könne.

Bisherige Arbeit, Ergebnisse und Ausblick

Inzwischen hat der Arbeitskreis einige mehrstündige Arbeitssitzungen ausschließlich im Eisenmuseum Jünkerath durchgeführt. Der Teilnehmerkreis blieb bisher erfreulich konstant. Jedes Mitglied lieferte pünktlich seine Ausarbeitung zum Thema »Spielwelten der Kinder im Rheinland« ab. Wo immer möglich, steuerte man älteres Original- oder rekonstruiertes Spielzeug als Ausstellungsgut bei, das in der Sitzung zur Freude und Begeisterung aller vorgeführt wurde. Die Bonner Volkskundlerinnen Dr. Ayten Fadel und Heinke Jopp M.A. waren ob dieses Eifers und der Qualität der Beiträge des Lobes voll. Anschaulich vermerkt dazu die Sitzungsniederschrift: «Zunächst wurden die fertiggestellten Berichte und Spielzeuge gesammelt. Herr Krings brachte Pfeil und Bogen mit. Herr Feltgen stellte einen Spielzeugstall in Form eines Kastens zur Verfügung, mit dem auch seine Kinder gespielt hatten. Herr Holzer führte die selbstgebastelten Stelzen aus. Herr Prof. Weber bereicherte die Sammlung mit Alben, bestehend aus Original-Zigarettenbildern aus den 30er Jahren. Besondere Freude und Heiterkeit lösten die 21 Spielzeuge aus, die Herr Pauly mitbrachte.«

Foto: Dr. Ayten Fade/, Bonn

Am 20.11.1993 wird in Stolberg die rheinlandweite Ausstellung eröffnet werden, auf der dann auch das aus dem Landkreis Daun beigetragene Ausstellungsgut zu sehen sein wird.

Derzeit sind die Ausschußmitglieder mit der Bearbeitung eines umfangreichen Erhebungsleitfadens zum Thema »Verlobung und Hochzeit« beschäftigt. Dr. Döring, Bonn, hat die darin aufgeführten Einzelfragen in der Arbeitskreissitzung am 27. April 1993 erläutert und ergänzende Anregungen aus dem Teilnehmerkreis entgegengenommen. Hierbei handelt es sich dann um den Beitrag aus dem Landkreis Daun für eine in Bonn vom ARL geplante umfassende Publikation über »Verlobung und Hochzeit« unter dem Buchtitel »Verliebt, verlobt, verheiratet. Rheinische Hochzeitsbräuche im Wandel seit 1900«. Der Erhebungszeitraum reicht dabei bis zur Gegenwart. Von dieser Erhebung sind konkrete Belege darüber zu erwarten, wie »durch geänderte gesellschaftliche und ökonomische Verhältnisse und moralische Einstellungen... die Riten und Handlungen, Verhaltensweisen und Normen rund um die Liebe, Verlobung, Hochzeit einen tiefgreifenden Wandel erfuhren.« (A. Döring). Zugleich sollen damit »die rheinischen Bestandsaufnahmen über Riten und Bräuche im menschlichen Lebenslauf« (A. Döring) abgeschlossen werden. Der »Arbeitskreis Volkskunde für den Landkreis Daun«, der dann in fünf Sitzungen und in etlichen Hausarbeiten (Nachforschungen, Berichten, Beschaffung von Dokumentations- und Ausstellungsgut) seine Arbeitsfähigkeit erfolgreich eingeübt und nachgewiesen hat, absolvierte damit gewissermaßen seine »Probezeit«. Danach dürfte er aber gewiß nicht arbeitslos werden und sein Potential für neue Themen einzusetzen wissen.