Gedanken zum Herbst

Heinz Hürth, Auel

 

Wenn die Getreidefelder abgeerntet sind, kommt die abendliche Frische schon merklich früher. Die Zeichen des zur Neige gehenden Sommers sind deutlich. Morgennebel, der unserer Sonne viel zu schaffen macht, braucht schon bis Mittag, um mit ihm fertig zu werden. Der Aufbruch der Zugvögel in den warmen Süden ist überall erkennbar. Große Vogelschwärme - die der Schwalben - sieht man schon im Juli an ihren Sammelstellen. Als erster Vogel verläßt uns der Mauersegler. In den Wäldern färben sich die Blätter bunt, in dieser Zeit fällt es schwer, sich für einen Gang durch die Natur aufzuraffen. Obwohl gerade in dieser Zeit der Wald besonders gut duftet und dem kundigen Beobachter wird manche Überraschung geboten.

Es ist schon ein seltenes Schauspiel, wenn man Hunderte von Vögeln in den Beerensträuchern bei der Nahrungsaufnahme sieht. Selten sind so viele verschiedene Vogelarten an einem Futterplatz. Zugvögel, die für die weite Reise ihre Fettreserven aufbauen müssen, Teilzieher und Standvögel, alle sind an einer guten Mahlzeit interessiert. In dieser Jahreszeit gibt's Früchte in großer Menge, wie sie nur in freier Natur ohne Kunstdünger und Pestizide gedeihen können.

Die Zahl der Teilzieher ist in den letzten Jahren stark angestiegen, weil das Nahrungsangebot in den milden Wintern für viele Vogelarten ausreichend ist. Es gibt eine andere Gruppe, sogenannte Pendler, die mit wechselnden Temperaturen nördlich oder südlich anzutreffen sind. Die Schar der Vögel, die uns den Sommer über mit Gesang erfreute, ist nun merklich kleiner geworden.

Viele der bunten Beeren, die im Herbst in der Natur reifen, sind ungenießbar oder gar giftig. Vor dem Genuß der verführerisch lockenden Pracht muß gewarnt werden. Giftige rote Beeren tragen Eibe und Pfaffenhütchen, schwarz sind die vom Liguster. Ebenfalls ungenießbar sind die Früchte von Schneeball, Heckenkirsche, Traubenkirsche, Schneebeere und Waldgeißblatt. Die Natur hat uns aber auch ein großes Sortiment eßbarer Früchte zu bieten: Brombeeren, Heidelbeeren, Preiselbeeren und Moosbeeren. Einige genießbare Früchte sind zwar nicht giftig, aber vom Geschmack her nicht erste Güte wie Zieräpfel, Vogelbeere, Mehlbeere, Weißdorn und Rotdorn. Wer sich nicht genau auskennt, sollte so einen fragwürdigen Genuß meiden.

Viele Vogelarten, die den Winter bei uns bleiben, haben es immer schwerer, die harte Jahreszeit zu überstehen. Da ist das Rebhuhn. Es findet nicht nur abgeerntete Felder, sondern umgepflügte Äcker und die sind alles andere als nahrungsreich. Gerodete Hecken und entbuschte Waldränder bieten keinen Schutz mehr, wovon soll das Rebhuhn leben?

Die Lerchen leiden Not, alle von Pestiziden übrig gebliebenen Samenstände werden gemäht, Bachränder, die der Landwirt sowieso meiden sollte, werden ebenfalls gemäht und wenn es irgend geht, auch mit Gülle gesegnet: es könnte ja noch ein Ballen Heu dabei herausspringen. Einsichtige Bauern sind die Ausnahme.

Im Oktober verlassen uns die letzten Zugvögel, wie Gartenrotschwanz, Rauch- und Mehlschwalbe, Rohrammer, Schwarzkehlchen und verschiedene Grasmückenarten. Jede Reise in die Überwinterungsgebiete ist für alle Vögel ein riskantes und verlustreiches Unternehmen.

Nicht nur Greifvögel, die sich teilweise Vorräte an Beute aus diesen Schwärmen anlegen, bedeuten eine große Gefahr, sondern leider immer noch der Mensch. Die Witterung spielt ebenso eine große Rolle, Unwetter können die Zieher dezimieren.

Der Herbst beschert uns kostenlosen Dünger für Wald und Garten in Form von Laub. Aber auch viele einheimische Tiere können ohne diese Blätter den kalten Wintermonaten nicht widerstehen. Sie sind Nahrungsgrundlage für viele Arten, anderen bieten sie Schutz vor Kälte, wie Igel, Kröte und zahlreichen Insekten. Die im Winterhalbjahr bei uns verbleibenden Vögel sind auf die unter dem Laub lebenden Kleintiere angewiesen und viele Raupen von Schmetterlingen können nur überleben, wenn Laubstreu in ausreichender Menge vorhanden ist.

Es versteht sich von selbst, daß Wege und Straßen von Laub befreit werden müssen, aberim kleinsten Garten ist es möglich, der Natur mit ein wenig Verständnis unter die Arme zu greifen. Ein kleiner Busch, ein Stückchen Hecke, unter die man das Laub deponiert, kann vielen Tieren im Winter Heimstatt sein.