Abfallwirtschaft geht neue Wege

Erfahrungen im Landkreis Daun

Dr. Andreas Schüller, Mehren

 

In dem vielfältigen Betätigungsfeld des Umweltschutzes ist die Abfallentsorgung derzeit einer der wichtigsten Themenbereiche. An die Behandlung all derjenigen Stoffe, die ihren primären Bestimmungszweck erfüllt haben, werden vom Gesetzgeber neue und strenger reglementierende Anforderungen gestellt, als es bisher der Fall war. Den Kommunen fällt dabei die Aufgabe zu, diesen gerecht zu werden, denn sie sind für die in ihrem Hoheitsbereich anfallenden Abfälle verantwortlich.

 Abfälle haben einen neuen Stellenwert erhalten, sie sind nicht mehr das Ende einer mehr oder weniger langen Produktions- und Funktionskette, sondern Zwischenprodukte oder Ausgangsstoffe für weitere Produktionsschritte. Der Begriff Abfall wird neuerdings immer öfter durch die Begriffe Reststoff oder Sekundärrohstoff ersetzt. Dadurch verspricht man sich eine stärkere Akzeptanz für die Wiederverwertung.

Es ist noch ein langer und zur Zeit noch nicht erreichbarer Weg hin zu einer gänzlich abfallosen Wirtschaftsweise. Die Anstrengungen, die jetzt und in den nächsten Jahren unternommen werden, sind notwendig, wenn wir den vorhandenen Abfallberg nicht weiter ansteigen, sondern schrumpfen lassen wollen. Die Behandlung der Abfälle darf dabei nicht ausschließlich zu einem Betätigungsfeld des Gesetzgebers, der Verwaltung und der beteiligten Gremien werden, die Mitarbeit der Bevölkerung ist unabdingbar.

Neben den neuen, gesetzlich formulierten Anforderungen muß der Landkreis Daun als Mitbenutzer der Entsorgungseinrichtungen eines anderen Kreises, der darüber hinaus noch in einem anderen Bundesland liegt (Deponie des Landkreises Euskirchen, Nordrhein-Westfalen), auch den dort geltenden Bestimmungen Folge leisten. 1992 war außerdem das Jahr, in dem einige Verträge mit Entsorgungsunternehmen ausliefen und dadurch für 1993 die Neuvergabe einer Reihe von Entsorgungsleistungen notwendig wurde. All dies führte zu Umstellungen in der Abfallwirtschaft.

Die Verwaltung und die Kreisgremien haben über fast zwei Jahre hinweg ein neues Abfallwirtschaftskonzept beraten, welches seit 1. 1. 1993 in die Tat umgesetzt wird. Zielvorgabe ist die deutliche Reduzierung der zur Deponierung anstehenden Abfälle und eine möglichst umfassende Ausschöpfung der Wiederverwertungsmöglichkeiten. Dazu zählen in erster Linie die getrennte Erfassung und Behandlung der organischen Abfälle (Bioabfälle) aus Küche und Garten.

Parallel zu der Erarbeitung des neuen Abfallwirtschaftskonzeptes beschloß der Kreistag die Errichtung eines Kompostwerkes innerhalb der Grenzen des Landkreises. Man entschied sich für das System der Boxenkompostierung der Firma Herhof. Bei dieser Art und Weise der Kompostierung sind die Geruchs- und Sickerwasseremissionen als völlig unproblematisch anzusehen und aufgrund der Modulbauweise ist eine flexible Anpassung an das tatsächliche Bioabfallaufkommen möglich. Ursprünglich war die Inbetriebnahme des Kompostwerkes für den 1.1. 1993 geplant. Bedauerlicherweise haben nicht vorhersehbare Akzeptanzschwierigkeiten am projektierten Standort zu einer Verzögerung dieses Vorhabens geführt.

Miteinbezogen in die Überlegungen zur Neuordnung der Abfallwirtschaft wurde auch die bundesweit ausgesprochene Forderung, die privaten Wirtschaftsunternehmen bei der Wertstoffentsorgung stärker in die Pflicht zu nehmen. Die dazu am 12. 6.1991 vom Bundesumweltminister erlassene Verordnung über die Vermeidung von Verpackungsabfällen (Verpackungsverordnung) hat flächendeckend über die Bundesrepublik das Duale System initiiert. Dessen Träger ist die Duale System Deutschland GmbH, ein Zusammenschluß privater Entsorgungsunternehmen, Verpackungsmaterialherstellern und des Handels. Das Duale System beinhaltet Einsammlungs- und Wiederverwertungsgarantien, die gegenüber dem Landkreis verbindlich ausgesprochen wurden. Für die Glas- und Papierverpackungen wurde zum 1. Mai 1992 und für die Leichtverpackungen (Kunststoffe, Verbundmaterialien, Weißblech, Alufolien) zum 1. August 1992 das Duale System im Landkreis Daun eingeführt.

An den Modalitäten der Glas- und Altpapierabfuhr hat sich für die Bürgerinnen und Bürger wenig geändert. Neu ist die Einführung des gelben Wertstoffsackes für die separate Sammlung der Leichtverpackungen. Im ersten vollen Monat, dem September 1992, belief sich die Menge der in den gelben Wertstoffsäcken erfaßten Verpackungsmaterialien auf 52 Tonnen. Rund fünf Monate später stabilisierte sie sich auf im Mittel 110 Tonnen je Monat. Dies ist ein deutlicher Beweis dafür, daß die Mehrheit der Bevölkerung, über die Möglichkeiten zur Abfallvermeidung hinausschauend, die Abfalltrennung unterstützt.

An dieser Stelle dürfen jedoch nicht die Probleme verschwiegen werden, die das Duale System mit der bundesweit ausgesprochenen Wiederverwertungsgarantie für Kunststoffverpackungen hat. Es fehlen derzeit noch ausreichend gesicherte Wiederverwertungskapazitäten für Kunststoffe. Bis 1995 läuft die Bewährungsfrist für das Duale System. Ab dann gelten noch strengere Einsammlungs- und Wiederverwertungsquoten. Müssen 1993 erst 9 Prozent der auf dem Markt befindlichen Kunststoffabfälle wiederverwertet werden, so sind es ab 1. 7.1995 64 Prozent.

Die getrennte Erfassung der organischen Abfälle in der Biotonne und der Leichtverpackungen im gelben Wertstoffsack haben eine deutliche Verringerung die Abfallmenge in der grauen Restmülltonne zur Folge. Da jedoch im Landkreis seit Jahren eine 240-üter-Tonne für die wöchentliche Entleerung vorgehalten wird und eine Neuausrüstung mit kleineren Mülltonnen nicht in Frage kommt, ist die Verlängerung des Entleerungsrhythmus für die Restmülltonne die logische Folgerung. Wurden ursprünglich 35 Liter pro Person und Woche vorgehalten, so sind es jetzt aufgrund der geforderten Getrenntsammlung nur mehr 10 Liter Restmüll/Person/Woche. Erfahrungen aus Versuchen und von vielen Haushaltungen, die sich schon lange abfallbewußt verhalten, haben den Landkreis bestärkt, hierbei einen mutigen Weg einzuschlagen und die Restmülltonne nur noch in einem vierwöchentlichen Rhythmus zu entleeren.

Bei 240 Liter Fassungsvermögen können folglich bis zu sechs Personen an eine Restmülltonne angeschlossen werden. Die Bereitstellung der Mülltonnen erfolgt jeweils nur grundstücksweise, dies bedeutet, daß mehrere Haushaltungen eine Mülltonne gemeinsam nutzen müssen. Gleiches gilt auch für die braune Biotonne, die zwar nur 120 Liter aufnehmen kann, aber dafür 14tägig entleert wird.

Die wesentlichen Punkte des neukonzipierten und seit dem 1. Januar 1993 eingeführten Abfallwirtschaftskonzeptes sind in der nachfolgenden Übersicht dargestellt.

Ziel ist, mindestens 60 Gewichtsprozent der Jahresabfallmenge der vergangenen Jahre durch Wiederverwertungsmaßnahmen abzuschöpfen und nur die nicht verwertbaren Stoffe über die Restmülltonne zu entsorgen.

Mit den gelben Wertstoffsäcken werden derzeit rund 5 Gewichtsprozent dem Restmüll entzogen. In einem wesentlich größeren Ausmaß können die organischen Abfälle zur Verringerung der zu deponierenden Restmüllmenge beitragen. Mit einem Drittel bis hin zur Hälfte füllten ehemals Küchen-, Speisereste und Gartenabfälle die Mülltonne. Gesetzliche Bestimmungen schieben hier nun einen Riegel vor und fordern die separate Behandlung der Bioabfälle. Auf dem Komposthaufen im eigenen Garten kann durch die Eigenkompostierung je nach Intensität der Kompostierbereitschaft in einem gewissen Umfang organischer Abfall aus Küche und Garten verwertet werden. Als Anreiz für Eigenkompostierung gewährt der Landkreis einen Nachlaß auf die Abfallentsorgungsgebühren in Höhe von 17 Prozent, wenn glaubhaft versichert wird, daß sämtliche organischen Abfälle selbst kompostiert werden. Flächendeckend für alle Haushaltungen im Landkreis kann jedoch nur unter Zuhilfenahme der Biotonne die gesetzliche Vorgabe erreicht werden.

Erste Erfahrungen mit dem neuen Abfallwirtschaftskonzept

Die Erfassungsdaten des ersten Halbjahres 1993 belegen eine konsequentere Abfalltrennung, die sich positiv auf die einzelnen Abfall- und Wertstoffmengen ausgewirkt hat. Die Restmüllmenge ist um etwa 40 Prozent zurückgegangen. Ursache dafür sind die separate Behandlung der organischen Abfälle durch Biotonne und Eigenkompostierung, die Sammlung der Leichtverpackungen im gelben Wertstoffsack und deutlich gestiegene Erfassungsmengen beim Altglas und Altpapier. Sehr erfreulich ist festzuhalten, daß die insgesamt zu bewältigende Abfall- und Wertstoffmenge um fast 16,5 Prozent zurückgegangen ist. Für diese bisher guten Ergebnisse und die schnelle Akzeptanz des neuen Abfallwirtschaftskonzeptes muß der Bevölkerung des Landkreises ein Lob ausgesprochen werden.

Standortsuche für eine Restmülldeponie

Für die Zukunft hat der Landkreis Daun noch eine weitere abfallwirtschaftliche Maßnahme zu bewältigen, nämlich die Standortsuche für eine Restmülldeponie. Der Mitbenutzungsver-, trag mit der Deponie des Landkreises Euskirchen in Mechernich endet definitiv zum 31. 12. 2003. Zur Gewährleistung der Entsorgungssicherheit muß der Landkreis Daun spätestens ab diesem Termin über eine Alternative verfügen. Abfalltransporte in andere Kommunen werden zukünftig immer schwieriger werden, so daß eine eigene Entsorgungseinrichtung erforderlich wird.

Im Oktober 1990 wurde ein Ingenieurbüro mit der Standortsuche beauftragt. Nach dem ersten Untersuchungsschritt, der Positiv-Negativ-Kartierung, wurde offensichtlich, 4/5 der Fläche unseres Landkreises sind aus Gründen der geologischen Verhältnisse, der Siedlungsstrukturen, des Wasserschutzes, des Naturschutzes, Landschaftshaushaltes und der Rohstoffsicherung nicht geeignet, den Anforderungen einer modernen Deponie zu genügen. Weitere Eingrenzungen führten schließlich im Sommer 1993 zu der Ausweisung von sechs potentiellen Standorten. In Detailuntersuchungen muß nun erarbeitet werden, welche die geforderten Eignungskriterien am besten erfüllen und für das raumplanerische Verfahren in Frage kommen. Nach Abschluß aller notwendigen Verfahrensschritte ist die Festlegung auf einen Standort frühestens Ende 1997 zu erwarten.

Bei allen Widerständen, die jetzt schon von den betroffenen Gemeinden geäußert werden, muß bedacht werden, daß ein abfallfreies Wirtschaften voraussichtlich in den nächsten ein bis zwei Jahrzehnten noch nicht realisiert werden kann, das heißt Abfälle müssen auch zukünftig entsorgt werden. Dies wird ebenso der Fall sein, wenn die von der Landesregierung favorisierte thermische Behandlung des Restmülls vorgeschaltet und nur noch ein schlackenähnliches Material abzulagern sein wird.

Das St.-Florians-Prinzip hilft hier nicht weiter -wir alle verursachen Abfall, den wir gerne los werden möchten und dafür müssen wir auch bereit sein, die Konsequenzen zu akzeptieren. Der Standort für eine Restmülldeponie wird nach wissenschaftlichen und gesetzeskonformen Kriterien festgelegt, jede Willkürlichkeit verbietet sich von selbst.

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