Mundart aus dem Rheinland -Tagung in Kronenburg

Christa Feltgen, Steffeln

 

Wenn das romantische Kronenburg den Malern schon so viel zu bieten hat, wird die kleine Stadt sicher auch eine Menge von Eindrücken und Anregungen für Lyriker und andere Schriftsteller bereit halten. So dachten wohl die rheinischen Mundartschriftsteller, als sie beschlossen, ihre Frühjahrs-Delegiertenversammlung am 3. und 4. April 1993 in dem Eifelstädtchen abzuhalten. Und weil Wanderer und Dichter bei der gleichen Abteilung des Landschaftsverbandes ein offenes Ohr für ihre Belange finden, lag es auch auf der Hand, im Haus des Eifelvereins Quartier zu machen.

Die Gruppe rheinischer Mundartschriftsteller Köln e.V. ist der Zusammenschluß von etwa 80 Autoren aus einem Gebiet, das der Größe der alten Rheinprovinz entspricht. Es beginnt im Norden im Raum Kleve, endet im Süden im Hunsrück, berücksichtigt im Westen noch die Grenzgebiete von Belgien und den Niederlanden und endet im Osten im Bergischen/Oberbergischen. Für Menschen, die in einer Sprache schreiben, in der man heute mancherorts in einer Bäckerei noch nicht einmal ein Brot verlangen könnte, weil sie von den Leuten nicht verstanden würde, ist es wichtig, Gleichgesinnte zu treffen und sich auch aus anderen Gegenden Westdeutschlands Anregungen zu holen. Das Hören und Verstehen so vieler Dialekte macht es aber auch oft erst einem Autor möglich, über den eigenen Tellerrand zu schauen und nicht darauf zu beharren, daß seine Sprache die schönste und wichtigste ist. Die Schriftstellergruppe trifft sich daher so oft wie möglich im großen Rahmen bei Jahreshauptversammlungen und Delegiertentagungen zum Erfahrungsaustausch. Dabei werden die neuesten Werke vorgelesen und man spricht über seine Arbeit in der Mundart, wobei es meist um bunte Abende für Volkshochschulen und Altersheime geht, um das Erstellen von Dialektwörterbüchern und um journalistische Tätigkeiten. Einmal im Jahr finden sich diejenigen aus der Gruppe zusammen, die ihr Können erweitern wollen und für die es wichtig ist, auch in der alten Sprache die Gesetze von Lyrik und Prosa einzuhalten. Meist stehen die Seminare, zu denen sie da zusammenkommen, unter der Leitung von renommierten Fachkräften, die die Autoren dabei unterstützen, der Mundart ihr Image als Bauern- und Karnevalsdichtung zu nehmen.

So werden die Schriftsteller im Schreiben von guten Gedichten geschult, mit den vielfältigen Möglichkeiten der Prosa bekanntgemacht und zum Schreiben von Mundart-Hörspielen ermuntert. Die meisten Mitglieder der Gruppe kommen vom Niederrhein. Dort ist es besonders wichtig geworden, gegen den allmählichen Verlust der alten Sprache etwas zu tun. In den Industriezentren haben es die Einheimischen schwer, ihre Mundart gegen die vielen Zugezogenen durchzusetzen, zumal sich dort das Platt einer eigenen Grammatik bedient. In letzter Zeit versucht man deshalb, den Schulkindern die alte Sprache wieder näherzubringen. Wobei man dann ab und zu auch die Erfahrung machen kann, daß die ausländischen Kinder den Dialekt schneller beherrschen als die kleinen Niederrheiner.

In der Eifel sind die Mundartschriftsteller leider nur dünn gesät, die wenigen, die in der Gruppe mitmachen, bemühen sich aber vorbildlich um ihre Muttersprache. Vielleicht wissen die Mundartliebhaber zu wenig um ihre Möglichkeiten durch die Schriftstellergruppe. Vielleicht ist aber auch die Sorge um die Mundart hier noch nicht so groß, wo man in den kleinen Läden und in der Dorf-Post ja noch unverfälschtes Platt hört. Die Bevölkerung nimmt aber die plattdeutsche Literatur aus Zeitschriften und Jahrbüchern gern an.

Die Gruppe der rheinischen Mundartschriftsteller gibt mit Hilfe des Landschaftsverbandes fast jedes Jahr ein Büchlein heraus, in dem eins der Mitglieder seine Werke und seine Art zu schreiben vorstellen kann. In diesen «Stimmen der Landschaft« gibt es Übersetzungen von Psalmen aus Trier und Bonmots aus Viersen, heiter gehaltene Interpretationen der Bücher Mose aus Kürten und Stadtschreibergeschichten aus Solingen, Heimatliches und Heimeliges aus Düren, Nachdenkliches aus dem schwer geprüften Rheinhausen und Humorvolles aus

Köln. Das letzte Buch dieser Reihe von Karl-Heinz Winschuh wurde im März '93 in der alten Rheinstadt Orsoy vorgestellt.

Leider haben die Mundartschreiber 1992 ihren langjährigen 1. Vorsitzenden Heribert Klar, der in der Eifel aufgewachsen ist, durch allzu frühen Tod verloren. Sein Nachfolger, Jupp Pasch aus Kempen-St. Hubert, der Anfang 1993 gewählt wurde, leitete die Delegiertenversammlung in Kronenburg. In ihm haben die Dichter einen engagierten Menschen gefunden, der sich mit ganzer Kraft für ihre Belange einsetzt.

Da die Erfahrung gelehrt hat, daß man in so einem kleinen Ort, wie es Kronenburg ist, von der Bevölkerung nicht verlangen kann, den Sonntagmorgen zu opfern, um sich fremde Mundarten anzuhören, fiel an diesem Wochenende die sonst übliche öffentliche Lesung der Gruppe aus. Die Teilnehmer der Versammlung wurden aber durch eine interne Lesung entschädigt, die sich fast von selbst beim gemütlichen Zusammensein am Samstag abend ergab. Da konnten sie neuen Gedichten und Geschichten aus der Region lauschen, die seit den letzten Treffen entstanden waren und viele interessante Anregungen mit nach Hause nehmen.

Die Eifel hat an diesem Wochenende wieder viele neue Freunde gewonnen.