Liebe Freunde im Kreis Daun und in Ostbelgien,

 

in dem »Gemeinsamen Protokoll über die nachbarschaftliche Zusammenarbeit«, das ich am 19. Mai 1993 gemeinsam mit dem rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Rudolf Scharping in Mainz unterzeichnet habe, bekunden das Land Rheinland-Pfalz, dem ja der Kreis Daun angehört, und die Deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens den festen Willen, ihre Zusammenarbeit zu vertiefen und auszubauen.

Die nachbarschaftlichen Bindungen sollen gefördert und gestärkt werden. Seit langem leben ja die Bürgerinnen und Bürger über die Grenzen hinweg und völlig unkompliziert europäischen Alltag vor. An den politisch Verantwortlichen liegt es, ihnen für die fortschreitende Integration Europas das nötige Rüstzeug an die Hand zu geben.

Um aber gerade diesen Zweck erfüllen zu können, muss ein solches "Gemeinsames Protokoll" mehr sein als eine gutgemeinte Absichtserklärung; es muss konkrete Vorschläge beinhalten, die es von Anfang an mit Leben erfüllen. In einer ersten Zusammenstellung möglicher Projekte und Ar beits vorhabe n im Rahmen der vertieften nachbarschaftlichen Zusammenarbeit wurde auch die Herausgabe literarischer Publikationen angeführt. Schon bald nach der Unterzeichnung des »Gemeinsamen Protokolls" machte mir Herr Landrat Nell das Angebot, die Deutschsprachige Gemeinschaft am Heimatjahrbuch zu beteiligen, das im Kreis so erfolgreich ist. Wie hätte ich da zögern können, wusste ich doch, dass dieses Heimatjahrbuch, das zweifellos in keinem Haushalt im Kreis Daun fehlen darf und im Laufe der Jahre zum Sammelobjekt geworden ist, als Kommunikationsmittel bestens geeignet ist, die Menschen dies- und jenseits der dank Europa hinfälligen Grenze einander näher zu bringen.

Uns Ostbelgiern liegt vor allem daran, unseren Nachbarn das noch verhältnismäßig junge institutionelle Gebilde der Deutschsprachigen Gemeinschaft näher zu bringen - so sehr wir umgekehrt daran interessiert sind, den Kreis Daun näher kennenzulernen.

 

Denn daran tut es bei aller Selbstverständlichkeit (oder vielleicht gerade deswegen) not. Trotz der vielen grenzüberschreitenden Kontakte im Alltag, trotz einer zum Teil gemeinsamen Geschichte ist im Kennenlernen und Verstehen unserer Bevölkerungen noch einiges zu tun. Man muss erst darauf kommen, alte Nachbarn neu zu entdecken. Interessant scheint mir in diesem Buch die Gegenüberstellung landschaftlicher Besonderheiten wie der Dauner Maare und des Hohen Venns. Sie zeigt, dass neben der gemeinsamen Eifellandschaft interessante Abweichungen bestehen, die es zu erkunden gibt. Dabei ist auch Vertrautes in der eigenen Umgebung neu zu entdecken. Der Klang zahlreicher Glocken, dem der St. Vither Heimathistoriker Kurt Fagnoul im Land zwischen Venn und Schneifel nachgegangen ist, führte ihn zurück zu einer traditionsreichen Familiengießerei in Brockscheid.,.

Möge das gemeinsame Heimatjahrbuch 1995 mit seinen Geschichten, »wie sie das Leben schrieb-, dazj beitragen, daß sich die Menschen im deutsch-belgischen Grenzraum noch besser kennen und verstehen lernen. Dann haben wir dem eingangs angesprochenen "Gemeinsamen Protokoll" schon einen Sinn gegeben. Das wünscht

Ihr

 

 

Joseph Maraite Ministerpräsident