Das entscheidende Skatspiel

Peter Metzen, Esch

Viele Jahrzehnte sind vergangen, seit sich die im Volksmund lebendig gebliebene Geschichte zugetragen hat.

Durch die gemeinsame Pfarrei Esch-Feusdorf waren auch die Zivilgemeinden eng miteinander verbunden. Sie lebten friedlich nebeneinander. Meinungsverschiedenheiten bestanden nur über den Verlauf der Grenze, die das oberhalb des Ortes liegende Feusdorfer Waldstück vom Escher Wald trennte. Man war sich nie einig, welcher Baum irn Grenzbereich der Gemeinde Esch oder der Gemeinde Feusdorf stand. Die Bürger beider Gemeinden nahmen es beim Beschaffen von Brennholz mit der Grenze nicht allzu genau. Die umsichtigen Ortsvorsteher tolerierten aber die Grenzübertritte stets, so daß dadurch ein friedliches Nebeneinander nicht gestört wurde. Aber trotzdem schwelte leises Unbehagen in der Region. Die Gemeinde Esch berief sich darauf, dass das Feusdorfer Waldstück schon vor Bestehen des Ortes Feusdorf zur Gemeinde Esch gehört hätte. Die Gemeinde Feusdorf vertrat ihr Besitzrecht mit der Begründung, dass der Wald dicht an ihren Ort grenzen würde. Beide Ortsvorsteher waren stets bemüht, klare Eigentumsverhältnisse zu schaffen.

Zu festgelegten Zeiten trafen sich die Herren Ortsvorsteher zur Skatrunde, wechselweise in Esch und in Feusdorf. Man genehmigte sich dabei ein Körnchen und spielte stets um hohe Einsätze, deren Erlös der jeweiligen Gemeinde zugute kam. Wie bei jedem leidenschaftlichen Spiel kam es hin und wieder zu heftigen Auseinandersetzungen, wobei auch der umstrittene Wald miteinbezogen wurde.

In einer besonders heftigen Debatte - man hatte vermutlich ein Körnchen zuviel getrunken -entschlossen sich die beiden Ortsvorsteher, die Besitzfrage durch ein Skatspiel zu klären.

Hierbei fühlte sich der Ortsvorsteher von Esch, der damals größeren und bedeutend älteren Gemeinde, als der Ranghöhere, was aber den Ortsvorsteher von Feusdorf nicht einschüchterte. Das Spiel nahm einen ungewöhnlich heftigen Verlauf. Jeder der Herren vertraute auf sein Glück.

Beide waren sich der Herausforderung bewusst. Am Ende verlor der Ortsvorsteher von Feusdorf das Spiel und damit das umstrittene Waldstück an die Gemeinde Esch. Hiermit war die Streitfrage endgültig gelöst.

Der Beschluss wurde wohl oder übel akzeptiert. Das gute Einvernehmen beider Gemeinden war hierdurch nicht wesentlich gestört. Es wurde weiter Skat gespielt und viele Öfen wie vordem aus dem Waldstück beheizt. Auch der Name »Feusdorfer Bosch« ist bis heute unverändert geblieben.

Noch lange wurde ohne Groll über den schmerzlichen Verlust diskutiert. Geht es um Angelegenheiten des zugehörigen Waldes, wird diese Geschichte aus langst vergangenen Zeiten heute noch in Erinnerung gebracht.

Da der Wald zunehmend als Einnahmequelle an Bedeutung verliert und die Waldgrenze bei der Flurbereinigung 1962 zugunsten von Feusdorf neu festgelegt worden ist, dürfte der schmerzliche Verlust aus längst vergangenen Zeiten überwunden sein.

Beide Gemeinden haben sich inzwischen zu sehenswerten und beachtlichen Ortschaften entwickelt. Der gut gepflegte zugehörige Wald bleibt allen naturverbundenen Bürgern zur Erholung und als Wanderziel erhalten.

Es wäre wünschenswert, wenn sich auch ein Wetteifern um die Ursprünglichkeit unserer Dörfer und deren Fluren anbahnte, wobei die existenzbedrohte Landwirtschaft neuen Aufschwung erhalten könnte, damit das Erbe unserer Väter nicht der Verödung zum Opfer fallen müsste. Nur durch eine gepflegte Flur kann unseren Gemeinden der Charakter begehrenswerter, ländlicher Ortschaften erhalten bleiben. Schön wäre es, wenn auch dieses Problem durch ein Skatspiel gelöst werden könnte.