Der Kirmesknochen

Hubert Pitzen, Stadtkyll

Kirmesfeiern in der Eifel, das war früher eine von wenigen Möglichkeilen, dem tristen Alltag des bäuerlichen Lebens zu entfliehen. Entsprechend ausgelassen feierten die Eifeler die Erinnerung an die Einweihung der Dorfkirche. Mit der Kirmes waren bestimmte Bräuche verbunden, die heute noch teilweise in einzelnen Orten gepflegt werden. So wäre zum Beispiel das »Hahnenköppen« zu nennen. Ebenfalls gehört das Aus- und Begraben des Kirmesknochens zum Kirmesbrauchtum.

Die Spuren dieses Brauchtums können bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts zurückverfolgt werden. Damals war der »Kirmesknochen« ein Pferdeschädel. Bereits die Germanen verehrten das Pferd und nagelten seinen Schädel an den Giebel des Hauses. Manches erinnert beim Kirmesknochenbrauch an unsere Vorfahren. So war die Stelle, wo der Schädel ausgegraben, beziehungsweise begraben wurde, ein entlegener, schauerlicher Ort. Fackelbeleuchtung vergegenwärtigte den Blocksberg und die Walpurgisnacht. Manchmal befand sich die Stelle neben dem Kirchhof.

Die ursprüngliche Bedeutung des Rossschädels war das frühere heidnische und freie Leben. Er kündete an, daß jetzt wie in der heidnischen Zeit einige Tage voller Ausgelassenheit und Lust anbrechen sollten. Das düstere Mittelalter mit der Moral Vorstellung der Kirche hatte das Leben der Menschen sehr eingeschränkt.

Eine Kirmeskrone, mit Blumen und Eiern geschmückt, hing mit dem Pferdekopf an der Tanzbühne. Die für das Brauchtum zuständigen Dorfjungen, das »Kirmesjelooch« genannt, verpflichteten sich, die Kirmes zu feiern, gemeinsam Zeche zu machen und sich bei den oft vorkommenden Schlägereien zu helfen. Nun begannen die Kirmesfeierlichkeiten mit allerlei Brauchtum, die hier nicht beschrieben werden sollen.

Neigte sich die Kirmes ihrem Ende zu, oft war es der Samstag, wurde der Rossschädel auf einer Bahre mit Grabgesängen durch das Dorf getragen. Die Geloochsjungen gingen vermummt und mit kreidebeschmiertem Gesicht neben der Bahre her. Ihr Körper war mit weißen Tüchern behangen. Manche trugen Teufelslarven oder sie personifizierten den getreuen Eckard, Knecht Rupprecht oder Frau Holle. Unter Jammern und Wehklagen legten die Geloochsjungen den Rossschädel in die Grube. Mit Gießkannen, Topfdeckeln und Peitschen stimmte man eine Katzenmusik an. Dann ging es zurück ins Dorf, und die Kirmes war begraben. Anstelle des Pferdeschädels traten später andere

Kirmessymbole; ein beliebiger Tierknochen oder die Stirnplatte eines Ochsens mit mächtigen Hörnern. Auch wählte man häufig das geschnitzte Bild des Zachäus zum Kirmespatron. Der biblische Zöllner war oft Gegenstand der Kirmespredigt. Hinzu kam, vorwiegend in der Nordeifel, eine Strohpuppe, »Kirmespitter« genannt, die bei Kirmesabschluss verbrannt wurde. Mancherorts vergrub man eine leere Wein- oder Schnapsflasche, die man gefüllt ausgegraben hatte.

Bis heute haben sich, wie oben angeführt, in einigen Orten des Kreises Daun Kirmesbräuche halten können. Das Aus- und Begraben des Kirmesknochens wird allerdings nur noch symbolisch durchgeführt.

Quellennachweis:

Dettmann/Weber: Eifeler Bräuche, Köln 1981

Janssen J., Neues von der Eifeler Kirmes, in: Eifelvereinsblatt 1929,

Nr. 7

Ders., Was bedeutet der sog. Kirmesknochen? in: Eifelvereinsblatt

1929, Nr. 10

Glaadter Kirmes 1937, Hahnenkönig mit Hofstaat und Kirmesknochen