Der untergegangene Ort Schutzalf -seine Bewohner im 19. Jahrhundert

Walter Steifes, Mückcln/Bad Bodendorf

Wenn man von Strohn aus die Strohner Schweiz durchwandert, am Sprinker Hof vorbei dem Lauf des Alfbaches folgt, erreicht man an der Gemarkungsgrenze Mückeln ein Wiesengelände, auf dem drei schwere Basaltsteine liegen.

Diese Steine erinnern an den Ort Schutzalf, der einst hier im Schütze des Alfbaches über 300 Jahre bestand. Wer lebte in dieser kleinen Siedlung, wie ernährten sich die Bewohner und warum wurde die Siedlung schließlich aufgegeben? Dieses sind die Ausgangsfragen der Recherchen über Schutzalf. Schwerpunkt ist hierbei die Phase der Besiedelung von 1804 bis 1882; vorher war lediglich eine Kapelle vorhanden, die nur sporadisch von Eremiten bewohnt war.

Die Geschichte von Schutzalf beginnt im Jahr 1545 und endet 1882 mit dem Sterbeeintrag des letzten Bewohners. Sie ist eng mit der kleinen Kapelle verbunden, die gegen Ende des 18. Jahrhunderts verfiel oder zerstört wurde. In einem Visitationsprotokoll der Pfarrei Wollmerath von 1593' werden sechs Kapellen (lmeradt, Demeradt, Filtz, Stroen, Winckel, Schaussalf) in deren Bezirk aufgezählt, zu denen auch eine Kapelle »Hl. Kreuz« zu »Schaussalff« gehört, wie es in der Urkunde heißt. Die Jahreszahl 1545 ergibt sich ebenfalls aus Urkunden der früheren Pfarrei", aus denen hervorgeht, dass in Schutzalf, nahe bei Strohn, schon 1545 eine Kapelle existierte. Demnach bestand sie etwa 250 Jahre. Zunächst wurde sie von Leuten aus der Umgebung verwaltet, ab 1720' aber von Klosterbrüdern des Stiftes Springiersbach in Obhut genommen und um eine Wohnung erweitert. Zu dieser Zeit gab es keine weiteren Wohnhäuser in Schutzalf. Die Kapelle gehörte seit jeher zum Stift Springiersbach. Mit dem Einmarsch französischer Truppen in das Rheinland 1794 endete die Herrschaft des Klosters im Alfbachtal, wo neben Schutzalf auch die Höfe Sprink und Trautzberg zum Klostergut gehörten. Sie alle wurden versteigert und kamen so in private Hände. Die Einsiedelei Schutzalf wurde am 28. 11. 1841 zum Preis von 85 FF (Franc) von den Franzosen versteigert samt einem 100 qm großen Garten (Sprink brachte 4400 FF und Trautzberg 8100 FF samt Ländereien). Käufer war Heinrich Schmilz aus Manderscheid. Er war dort Friedensrichter und trat bei verschiedenen Käufen zwischen 1804 und 1808 als Vermittler auf. Es ist zu vermuten, dass er die Einsiedelei ebenfalls nur als Vermittler erworben und später wieder weiterverkauft hat. Soweit eine kurze Fassung der Geschichte des stillen Einsiedler- und Kapellenortes Schutzalf. Im folgenden steht nun eine Aera der Besiedlung im Vordergrund.

Für das 19. Jahrhundert sind die Bewohner bis zum Niedergang der Siedlung in verschiedenen Akten" belegt. Wie aus Lageplänen hervorgeht, waren zwei Häuser bewohnt. Es dominierten zwei Familien, nämlich die Familie Becker (11 Personen) und die Familie Hort (7), aus der später durch Heirat die Familie Krämer (8) entstand. Hinzu kamen noch die Familien Ternes (4] und Salmon (6), insgesamt also 36 verschiedene Personen in Schutzalf in einem Zeitraum von knapp 80 Jahren. Die Bewohnerzahl erreichte 1846 mit 25 einen Höchststand, lag aber im Durchschnitt bei etwa 10-12 Personen. Wie schon erwähnt, wurde die Einsiedelei Schutzalf gegen Ende des Jahres 1804 durch den Friedensrichter Schmilz aus Manderscheid ersteigert. Von dem Erwerb von Häusern ist keine Rede und nach dem geringen Kaufpreis ist dies auch auszuschließen. Die neuen Familien, die sich in Schutzalf niederließen, mussten demnach die Häuser erst errichten.

Johann Adam Becker war der erste Familienbegründer im 19. Jahrhundert in Schutzalf.

Adam Becker, geboren am 9. 8. 1841 in Schutzalf. Sohn von Hubert Becker und Johanetta Oeffling.

Er stammte mit seiner Familie aus Oberöfflingen. Die zweite Familie des Johann Hort kam aus Laufeld. Die beiden Familien erwarben Wiesen, die unmittelbar an ihre Häuser grenzten; Becker hatte Wiesen hin zum Alfbach, Hort in Richtung Hüttgesberg.

Das Ehepaar Johann Adam Becker und Anna Maria Thullen (geboren zu Eckfeld) hatte vier Kinder, von denen die älteste Tochter Margarethe noch 1798 in Oberöfflingen geboren wurde. Sie wurde später die dritte Ehefrau von Johann Sartoris aus Sprink und zog mit ihm auf den Trautzberger Hof, wo sie 1872 verstarb. Zwei weitere Kinder, Johann (1801) und Katharina (1802) wurden ebenfalls noch in Oberöfflingen geboren. Der Sohn Hubert aber kam 1808 in Schutzalf zur Welt, womit sich das Niederlassen der Becker in Schutzalf nach 1802 und vor 1808 datieren lässt.

Ähnlich verhielt es sich bei Johann Hort und seiner Frau Johanetta Saurens, die beide aus Laufeld stammten. Das älteste von insgesamt fünf Kindern, die Tochter Apollonia, wurde 1802 noch in Manderscheid geboren. Die zweite Tochter kam laut Sterbeurkunde 1806 in Schutzalf zur Welt. Damit decken sich diese Daten mit dem vermutlichen Erwerb der Siedlung vom Manderscheider Friedensrichter um 1804/5. Die kleine Siedlung mit zwei Familien wuchs nun rasch und zählte 1815 schon elf Einwohner. Aber auch Rückschläge waren früh zu verkraften; am 26. 3. 1814 war der erste Todesfall der jungen Familien zu beklagen. Das dreijährige Kind Johann Mathias Hort, geboren zu Schutzalf, verstarb an diesem Tag. Der älteste Sohn der Familie Becker, Johann, starb zwei Jahre später am 10. 3. 1816 im Alter von 15 Jahren in Trautzberg. 1823 trat erstmals der Name Krämer in Schutzalf auf. Der wie die Beckers, aus Oberöfflingen stammende Maurer Kaspar Krämer und die älteste, damals 21järjrige Tochter der Familie Hort, Apollonia, meldeten die Geburt ihrer Tochter Anna Barbara am 7. 2. 1823. Sechs weitere Geburten aus dieser Ehe wurden bis 1845 beim Standesbeamten der Bürgermeisterei Strohn angezeigt. In den Jahren 1824 und 1826 starb das alte Ehepaar Becker sowie Johanetta Hort, geb. Saurens. Ihr Ehemann Johann Hort begab sich daraufhin an seinen Geburtsort Laufeld und starb dort. Damit war in den beiden Häusern Platz für die junge Familie, die in den 30er- und 40er Jahren des letzten Jahrhunderts viel Zuwachs bekamen. Um 1840 kam Joseph Ternes (geboren um 1813 in Ellscheid) nach Schutzalf und heiratete die zweite Tochter aus der Hort-Familie, Anna-Maria. Aus dieser Ehe gingen zwei Söhne hervor. Anna-Maria Hort starb schon 1846 im Alter von 40 Jahren. Joseph Ternes heiratete daraufhin ein zweites Mal, blieb aber in Schutzalf. Er war später der letzte Bewohner von Schutzalf mit Sterbeeintrag vom 19. 5. 1882. Schließlich ist noch eine fünfte Familie in Schutzalf zu nennen, die Salmons. Ein Mann Namens Jacob Salmon heiratete um 1830 die zweite Becker-Tochter Katharina und zog nach Schutzalf. Von ihm heißt es, dass er ein Jude gewesen sei, der früher zum katholischen Glauben übertrat, ohne das Staatsbürgerrecht für ein bürgerliches Leben erhalten zu haben. Die Salmons hatten 1846 fünf Kinder, verließen aber wenige Jahre später Schutzalf. Der Sohn Joseph wohnte 1864 in Strohn. Jacob Salmon wanderte schließlich 1868 im Alter von 63 Jahren noch nach Amerika aus7. Seine zweite Ehefrau war zu dieser Zeit eine Katharina Müller. Die Familien von Schutzalf sind damit genannt. Aus den anfänglich wenigen Bewohnern der Siedlung Sehutzalf wurden 1846, dem Jahr der größten Bewohnerzahl, stattliche 25 Einwohner. Wie eine Statistik belegt, verteilten sich die 25 Einwohner immer noch auf zwei Häuser, in denen es eng geworden war. Im »Becker-Haus- lebten die Beckers (6 Personen), die Salmons, (7 Personen) und die junge Ternes-Familie (4 Personen), insgesamt also sechs Erwachsene und elf Kinder, im »Hort-Haus« dagegen wohnten das Ehepaar Krämer-Hort mit sechs Kindern, also »nur" acht Personen. Die Siedlung stand in voller Blüte und hätte eigentlich vergrößert werden müssen. Die Enge in den Häusern hatte sich aber schon nach kurzer Zeit wieder aufgelöst, denn die Einwohnerzahl ging in den nächsten Jahren deutlich zurück. In den kommenden zwanzig Jahren, der Zeit von 1846 bis 1866, stand das Schicksal von Schutzalf unter einem schlechten Stern. Zunächst starb im Januar 1846 Anna Maria Hort, die erste Ehefrau des Joseph Ternes. Im September des kommenden Jahres starb deren Schwester Apollonia Krämer, geb. Hort, im Alter von 48 Jahren. Nur zwei Monate später, im November 1847 verstarb deren Ehemann Kaspar Krämer 56jährig, wodurch sechs Kinder im Alter zwischen 19 und drei Jahren innerhalb kürzester Zeit zu Waisenkindern wurden. Schließlich verstarb am 1. März 1850 in Schutzalf Hubert Becker, der Sohn von Johann Adam Becker, im Atter von 42 Jahren. Innerhalb von nur vier Jahren verstarben vier der acht erwachsenen Bewohner der Ortschaft Schutzalf. Bemerkenswert das Alter aller vier Verstorbenen. Ternes und die Witwe Becker -Johanetta Oeffling - heirateten später nochmals: Oeffling anno 1864 Johann Gerhard Sartoris aus Sprink, Ternes Anna Maria Hammes aus Alflen. Um 1850 verließ die Familie Salrnon Schutzalf. Auch die Waisenkinder der Krämers verließen den Ort und fanden Unterschlupf bei Verwandten, so dass 1854 nur noch elf Bewohner in Schutzalf gezählt wurden, die sich irn wesentlichen aus den Familien Becker und Ternes zusammensetzten. Neue schwere Schicksalsschläge trafen die Bewohner des Gehöftes im Alfbachtal in den sechziger Jahren. Am 23. 7. 1863 zeigten Joseph Ternes und der Müller Peter Jovy von der Sprinkermühle an, das an diesem Tag der zu Schutzalf geborene Tagelöhner Mathias Ternes, 21 Jahre alt, verstorben war. Er war der Alteste der beiden Ternes-Söhne gewesen. Anfang September des Jahres 1866 fiel die von der Holzmühle nahe dem Holzmaar stammende Johanetta Sartoris, geborene Oeffling, verwitwete Becker, dem Messer eines Weidendiebes zum Opfer, der sich an der Weidenanlage der Beckers zu schaffen machte und dabei von der unerschrockenen Johanetta Oeffling überrascht wurde. In der Nacht zum 1. September wurde sie schwer verletzt und starb vier Tage später. Im Sterbebuch der Pfarrei Strohn ist folgender Eintrag festgehalten (Übersetzung aus dem Lateinischen)8:

"Am 4. September ist gestorben, am 7. September begraben worden, Johanetta Oeffling, Frau von Johann Gerhard Sartoris, in Schutzalf, 58 Jahre alt, zum vierten Mal versehen mit den Sterbesakramenten. Sie war erschlagen (erstochen) mit einem Messer von einem aus Wahnsinn mitten in der Nacht noch vor dem 1. September. Danach ist am 6. Sept. eine gerichtliche Untersuchung gemacht worden.Der Täter ist in einem späteren Gerichtsverfahren verurteilt worden.

Das Ende von Schutzalf

Nach 1866 nahm die Einwohnerzahl rapide ab. 1871 heißt es in einer Bewohnerstatistik über Schutzalf: »2 Wohnhäuser, 2 Haushalte, 3 Einwohner (2 Männer, 1 Frau). Bei einem der Männer dürfte es sich um Joseph Ternes handeln, die Frau war vermutlich seine Ehefrau Anna Maria Hammes. 1871 gab es jedoch noch eine zweite Frau in Schutzalf, nämlich Anna Maria Becker, eine Tochter der Eheleute Hubert Becker - Johanetta Oeffling. Über sie wird in einer amtlichen Statistik0 berichtet, daß sie im Jahre 1872 auswanderte. Dort heißt es: "1872, Becker Anna, Dienstmagd, wohnhaft zu Schutzalf; Vermögen 100; über Antwerpen Schiffahrt nach Amerika (fährt mit Farn. Braun Wilhelm aus Immerath).«

Anna Becker verließ ihre Heimat mit 26 Jahren. Die Gründe der Auswanderung sind nicht bekannt; wirtschaftliche sind zu vermuten in Verbindung mit dem Auseinanderfallen ihrer Familie. Anna Maria Becker hatte noch drei Brüder (Peter, Nikolaus, Adam] die zwischen 1866 und 1871 Schutzalf verließen und nach Strohn und Mückeln gingen. Der jüngste Bruder Adam, geboren 1841 nahm 1870/71 am Frankreich-Feldzug als Unteroffizier teil. Nach seiner Rückkehr aus dem Krieg heiratete er Anna Maria Rehm aus Mückeln. Die älteste Tochter Katharina ("Ketten-Kätt«) wurde 1872 in Mückein geboren.

Joseph Ternes verstarb 1882 im Alter von 69 Jahren als letzter Bewohner von Schutzalf.

Wovon lebten die Bewohner im letzten Jahrhundert?

Die Siedlung Schutzalf unterschied sich von anderen Siedlungen und Dörfern des 19. Jahrhunderts wesentlich dadurch, dass die Bewohner sich kaum durch Landwirtschaft und Ackerbau ernährten, sondern ausschließlich durch Handwerker- und Tagelöhnerarbeit ihr Brot erwarben. Nur von der Familie Becker ist bekannt, dass sie Einnahmen aus dein Verkauf von Weiden hatte. Schon die Klosterbrüder ernährten sich bescheiden und hatten kleine Einkünfte aus dem Verkauf von kirchlichen Utensilien wie Kerzen, Hostien oder erbaten Almosen.

Aus den Geburts- oder Todesurkunden lassen sich auch die Beschäftigungen der Familienernährer in Schutzalf erkennen. Johann Adam Becker wird zunächst (1808/1814) als Tagelöhner bezeichnet, dann als Leinenweber (1814/16), doch schon in der ersten Urkunde von 1808 gab er selbst als seinen Beruf "Lehrer« an. Diesen Beruf dürfte er kaum m Schutzalf ausgeübt haben, vielleicht jedoch bei einer früheren Tätigkeit in seinem Heimatort Oberöfflingen. Bei Johann Hort ist der Beruf eindeutig: er wird sechsmal als Schuhmacher bezeichnet. Bei Hubert Becker (1808-1850), der Sohn des Johann Adam Becker, wird Tagelöhner und Leinenweber als Beruf beurkundet. Seine drei Söhne verbrachten die Jugendzeit in Schutzalf und verließen die Siedlung später. Der Älteste, Peter (*1836), zog nach Mückeln und ließ sich als Ackerer nieder. Der zweite Sohn Nikolaus (*1839) war als Schneidermeister in Strohn tätig. Der jüngste Sohn Adam (*1841| lebte ab 1872 in Mückeln und wurde »F ranzen -Seh oo-ster« genannt nach seinem Schuhmacher-Beruf.

Jacob Salmon, der vorübergehend für etwa fünfzehn Jahre in Schutzalf lebte, war ebenso wie Johann Hort Schumacher. Kaspar Krämer wird überwiegend als Tagelöhner bezeichnet, zweimal jedoch erfolgt eine genauere Angabe, nämlich Maurer. Schließlich bleibt noch Joseph Ternes, dessen Beruf stets mit Tagelöhner angegeben wird. Nur in der Sterbeurkunde seiner zweiten Ehefrau heißt es, dass er Dachdecker gewesen sei.

Die Bewohner von Schutzalf gingen also meist als Tagelöhner folgenden Berufen nach: Weber (Leinenweber), Schuhmacher, Maurer, Dachdecker, Schneider und Schullehrer. Damit ist eine breite Palette handwerklicher Arbeiten abgedeckt. Die Frauen wurden meist ohne Berufe genannt oder als Tagelöhnerinnen bezeichnet, dies lässt auf insgesamt ärmliche Verhältnisse schließen, da Tagelöhner meist ohne eigenen Besitz waren, oft abhängig von der Gutmütigkeit ihrer Auftraggeber. 1835 wurde Kaspar Krämer aus Schutzalf in einem Verzeichnis"der Bürgermeisterei Strohn für bedürftige Personen, die zu unterstützen sind, aufgeführt. Als Grund für die Bedürftigkeit werden die zahlreichen Familienmitglieder genannt. Schutzalf hatte kein eigenes Ackerland, nur ein paar Wiesen gehörten zu den beiden Anwesen, Nutztiere waren kaum vorhanden. 1861 heißt es über Schutzalf: "keine Tiere, außer zwei Ziegen-. Die wenigen Angaben machen bereits deutlich, dass die Bewohner nicht gut gestellt waren und das Gehöft ohne existenzsichernde Landwirtschaft als Basis letztlich nicht überlebensfähig war. Das Geld für den Ankauf von eigenem Land fehlte den Bewohnern und so mussten sie sich mit handwerklichen Dienstleistungen ihr Brot verdienen ohne ihr Hab und Gut wesentlich vergrößern zu können.

Der Untergang von Schutzalf

Über die Gründe, die zur Aufgabe von Schutzalf führten, wurde manches spekuliert. Von Auswanderung, Seuchen, Feuersbrunst und Zerstörung durch die Franzosen ist die Rede.

Der verstorbene Anton Sartoris aus Immerath schreibt": "Obwohl angenommen wurde, dass Schutzalf von einer Seuche heimgesucht worden sei und die Bewohner deshalb den Ort zum Teil verließen, ist glaubhaft mündlich überliefert (...), dass eine Feuersbrunst mehrere Häuser einäscherte. Letztere wurden dann nicht wieder aufgebaut...« W. Janssen schreibt über Schutzalf: "Wie Alscheid, Gemarkung Steiningen, ist auch das Dorf Schutzalf durch geschlossene Auswanderung seiner Bewohner nach Amerika wüst geworden .. .« Die tatsächlichen Gründe für den Untergang hatten keinen einzelnen Anlass, sondern setzen sich aus mehreren Faktoren zusammen. Mit der Säkularisierung um die Jahrhundertwende, als deren Folge Schutzalf versteigert wurde durch die französischen Besatzer, begann bereits der Untergang. Mit dem Abriss der alten Kapelle, die Mittelpunkt und Identität von Schutzalf darstellte, war der Nerv der Klostersiedlung getroffen. Schutzalf, der stille Einsiedler- und ehedem Wallfahrtsort wurde abgestuft zu einer abgelegenen Siedlung, deren Bewohner keine Ackerer waren und kein eigenes Land besaßen.

Es mag zutreffen, dass eines oder beide der zuletzt leerstehenden Häuser abgebrannt sind. Die Zahl der Bewohner war aber schon sehr gering und nicht ausschlaggebend für den Wegzug der Schutzalfer. Ausgewandert ist nur Anna Maria Becker 1872 aus Schutzalf direkt (Jacob Salmon wohnte im Jahr seiner Auswanderung schon in Strohn). Von geschlossener Auswanderung kann keine Rede sein. Eine Seuche ist nicht bekannt und auch auszuschließen, da die Sterbedaten sich auf mehrere Jahre verteilen. Wohl aber starben in wenigen Jahren noch zum Teil junge Menschen. Wesentlich für den endgültigen Untergang waren die vier Sterbefälle zwischen 1846 und 1850, die die Hälfte der erwachsenen Bewohner betraf, sowie der Tod des jungen Ternes (1863) und schließlich die Ermordung der Johanetta Oeffling (1866). Für die verbliebenen wenigen Bewohner waren keine Perspektiven mehr in Schutzalf. Neue Familien kamen nicht hinzu, so dass die Aufgabe des Gehöftes abzusehen war. Den letzten Anstoß dürfte der tragische Tod der Mutter (J. Oeffling) der Familie Becker gegeben haben. Faktisch war bereits um 1870 das Ende von Schutzalf besiegelt.

Die Sage von Schutzalf

Der Wind, der früher durch die alten strohgedeckten Häuser auf feuchten Alfbachwiesen hindurchblies, streicht heute nur noch um drei große, grünbemooste Basaltsteine. Sie liegen schwer und trutzig an der Stelle, wo einst eine Kapelle den gläubigen Menschen Trost und Frieden spendete. Es sind die Steine des Antonius-Altares, auf denen die Eremiten aus dem Kondelwaldkloster die heilige Messe lasen und das heilige Brot reichten. Die Sage erzahlt, dass die gottesfürchtigen Bewohner die Zerstörung ihrer Kapelle durch die französischen Truppen nicht gerne sahen. Die Schutzalfer und mit ihnen die Bewohner der umliegenden Dörfer wollten auf dem nahegelegenen Hüttgesberg die Kapelle zu Ehren Gottes wieder neu errichten. Mit viel Mühe gelang es ihnen, die beiden schweren Altarsteine auf den Berg zu schaffen. Als man morgens an die Baustelle kam, waren die Steine verschwunden und lagen wieder an der alten Stelle auf der Wiese am Alfbach. Dies wiederholte sich dreimal ...

Anmerkungen

1 Fabricius Dr Wilhelm, Erläuterungen zum Geschichtlichen Alias der Rheinprovinz V Band. 2 Hälfte. Bonn 1913; S. 205

2 handgeschr. Pfarrchronik Pfarrei Strohn, Pfarrer Hennes 1922

3 Ost Johann Altertümer im Kreis Daun; ungedr. Manuskript von 1854 in Rhein. Landesmuseum Trier, S. 205

4.  Müller. Michael :  Säkularisation und Grundbesitz; Zur Sozialgeschichte des Saar-Mosel-Raumes 1734-1813; Boppard 1980, S 374

5. Standesamt Daun, Geburten Heiraten Sterbefälle der Bürgermeistereien Strohn (bis 18411 und Gillenfeld; versch. Bände von 1793 bis 1890

6 Landeshauptarchiv Koblenz (LHAK); Abi. 665/1 SS Mr. 73

7 ebda Abt S55'1S5Nr.fi6

8 Bistumsarchiv Trier, Geburten. Sterbefälle. Heiraten der Pfarrei Strohn ab 1775; 2. Buch: Original-Text. "Die quarta Septembris mortua ac septima sepulta est Johannetta Qeffling uxor Joannis Gerhard Sartoris in Schutzalf anno octatisquinquagesima quarto mumita sarsamentis morientum.

Percussa erat culto risceribus a quodam furore media morte ante priman Septembris, qua ferositer facta est die sexta Sept inquisitio jurdinals ac sextis corporis medicinalis"

9. LHAK Abt 655/185 Nr 86

10 LHAK Abt 655/185 Nr.233

11 Sartoris Anton; Schutzalf - ein verschwundener Ort; in: Heimat-Jahrbuch Kreis Daun 1982, S. 95

12 Janssen Walter, Studien zur Wüstungsfrage im fränkischen AItsiedelland zvw. Rhein, Mosel und Eifelnordrand: Rheinland-Verlag. Köln1975,S.219

Janssen gibt an, genaue Lage von S unbekannt und siedelt S bei Gillenfeld an. Als Quelle bezieht er sie h auf "Die Eifel, 1940'' die aber keinen entsprechender Hinweis enthält