Auswanderern im Grenzland gewidmet vom Treck nach Amerika

Josef Jost. »Schreiberwerkstatt Dorfbote, Kreative Werkstatt«, Mürringen/Belgien

Es rauschten die Bäume,

es schimpften die Blätter,

 es knurrten und knarrten die knorrigen Äste,

 sie zogen und zerrten im schlechtesten Wetter,

 ein Schutzdach über die ziehenden Gäste,

die unter den Eichen am Hügelrand

zur Erde sanken im fremden Land;

denn die Armut war groß, Europa in Not,

der Hunger hielt Schritt mit dem Sensentod.

 Amerika draußen war noch lang nicht in Sicht!

»Unter die Erde kommt, wer zusammenbricht!"

 rief der Führer des Trecks in den Abend hinein,

feucht glänzten ihre Augen im Mondenschein.

Vor einem Jahrhundert ging es Tausenden so;

sie zogen und zogen und waren froh,

wenn der Abend ihnen die Nachtruhe gab

und setzten sich morgens wieder in Trab.

 Es waren Hunger -, Not - und Trübsalszeiten

und was alles geschah irn Stillen, auf Seiten,

wurde niemals genannt oder niedergeschrieben;

wie Asche ward's vom Winde zerrieben!

Hart war das Volk, doch mancher ging unter

mit Hab und Gut. Gesund blieb und munter,

wer zäh genug war und handfest schrieb -

sich mit Mut und Messer durchs Dickicht hieb.

Die Planwagen sind langst vermorscht, vergessen.

Wer durchkam, war froh, hatte kaum was zu essen.

Über die Toten beim Kreuz weiß keiner Bescheid -

sie schlafen den Schlaf der Gerechtigkeit.

 Noch rauschen die Bäume, noch flüstern die Blätter

und knarren und knurren die knorrigen Aste

und schützen, ob schlecht oder gut das Wetter

 für immer und ewig die ruhenden Gäste!

 Viele kamen ins neue, getobte Land

und küssten den Boden am sonnigen Strand.

Alle seufzten auf und wünschten sich Glück

und dachten im Geist an die Heimat zurück

und machten ihr Ehre und fassten neu an

und standen im Kampf ums Dasein den Mann.

Sie klammerten sich fest an der neuen Scholle

 und züchteten Schafe und schoren die Wolle.

Was urbar sie machten in Schweiß und Blut

 brachte Milch und Brot, neuen, frohen Mut,

 So wuchs aus dem Dunkel ein vereinigtes Land,

in dem das fahrende Volk seine Heimat fand!

Und wie es so geht, wenn die Sorge verweht,

wenn das Glück und die Freude aufersteht,

dann tanzt man und singt und pflanzt junge Eichen

und hisst an dem Mast eine Flagge zum Zeichen,

mit Sternen und Wogen und Wogen und Sternen,

ihr Gruß weht hinaus in die weitesten Fernen.

Auch heute noch rauschen die knorrigen Eichen

aus alter Zeit weiter zum Herzerweichen.

Wer auch immer erschöpft seinen Mut verlor,

dem rufen sie zu: Schau zum Himmel empor!

Schau in die Ferne, ahoy, Land in Sicht!

Wer auch immer Du bist - vergiss das nicht!