Töpfereimuseum Burg Raeren

Steinzeug auf bäuerlichen und fürstlichen Tafeln

Krüge, Finten, Schnellen, Humpen, Trichterbecher, Sturzbecher, Schalen, Teller und Aquamanile - alles Dinge, die neben den lukullischen Genüssen zu einem ausgiebigen und erfreulichen Mahle unserer Vorfahren gehörten. Gefertigt wurden sie nicht nur aus Zinn und sonstigen Edelmetallen oder aus Holz, sondern vor allem aus Steinzeug, das vom 15. bis 19. Jahrhundert vor allem im Rheinland produziert wurde. Eines der bekanntesten Steinzeugzentren war das Dorf Raeren, das heute zur Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens gehört. Gelegen am Fuße des Hohen Venn und am Rand des Hertogenwaldes, inmitten einer fast noch urwüchsigen Wald- und Wiesenlandschaft, hatte das Dorf seinerzeit einen ganz großen Namen, produzierten hier doch ab dem 14. Jahrhundert die besten Töpfermeister ihr Geschirr, das schon bald auf den Festtafeln der Fürstenhäuser in ganz Europa stand.

Gebrauchsgeschirr

Zunächst aber war es schlichtes Gebrauchsgeschirr für den bäuerlichen Bedarf, das sie herstellten. Vom großformatigen Vorratsgeschirr über Siebe, Nachttöpfe und Öllämpchen bis hin zu den typischen Dreihenkelkrügen, die ausschließlich in Raeren hergestellt wurden, reichte die Palette bereits damals.

Beeindruckend in seinen schlichten und ausgeglichenen Formen kündete dieses einfache Geschirr von der hohen Qualität der Raerener Töpfermeister. Sie waren es auch, die um das Jahr 1570 herum das graublaue Steinzeuggeschirr entwickelten, das später den Westerwald berühmt machte.

Raerener Töpfer wanderten bereits Ende des 16. Jahrhunderts dorthin aus und führten ihre herkömmliche Produktion weiter.

Renaissanceauflagen

Überhaupt war diese Zeit, das »Jahrhundert des Saufens und Fressens«, wie man die Renaissance auch nennt, der Beginn einer unglaublichen Blüte. Wahre Meistertöpfer waren nun in Raeren am Werk: Jan Emens Mennicken, Jan Baldems, Baldem Mennicken, Engel Kran und Emont Emonts - dies sind nur einige Namen, die das Herz jedes Steinzeugsammlers höher schlagen lassen. Sie entwickelten die Form des Zylinderbauchkruges mit den herrlichen Bildauflagen, Friese genannt, die biblische Szenen wie die »Legende der keuschen Susanna im Bade« oder die Geburt Christi darstellen. Einzigartig auch die Bauerntanzkrüge, die ein Bauernfest zeigen und in mehr als dreißig Variationen ausgearbeitet wurden. Eine der möglichen Inschriften des Frieses lautet:

GERET:DU:MUS:DAPER:

BLASEN:SO:DANSSEN:DEI:

BUREN:ALS:WEREN:SEI:

RASEN:-:FRI:UF:SPRICH:

BASTOR:IK:VERDANS:

DI:KAP:MIT:EN:KOR«:

 

Doch auch die Kurfürsten, Landsknechte, allegorische Figuren und unzählige Städte- und Familienwappen sind auf diesen Renaissanceauflagen abgebildet.

Erwähnenswert sicher auch noch die Gesichtsund Bartmannskrüge, die ebenfalls in Raeren produziert wurden.

Beliebt in ganz Europa

Dieses Geschirr eignete sich vor allem zur Vorratshaltung sowie als Schank- und Trinkgefäße, war es doch bei hohen Temperaturen (etwa 1200 Grad Celsius) gebrannt und somit der Ton vollkommen gesintert, was ihn wasserundurchlässig macht. Zusätzlich wurde das Steinzeug mit einer glänzenden Salzglasur versehen, die nicht einmal mit Stahl geritzt werden kann und auch von den meisten Säuren nicht angegriffen wird. Wie beliebt es nicht nur an Königs- und Fürstenhöfen war, sondern auch auf der Tafel des kleinen Mannes, beweisen die Gemälde der großen flämischen Maler Jan und Pieter Brueghel, Jakob Jordaens, Pieter Aertsen, die immer wieder Raerener Krüge auf ihren Bildern darstellten.

 

 

Raerener Gebrauchsgeschirr (Ende 15. Jh./An fang 16. Jh.)

 

Raerener Dreihenkelkrug (16, Jh.)        Bauerntanzkrug (Ende 16. Jh.)

 

Niedergang

Mit dem Dreißigjährigen Krieg begann dann der Anfang vom Ende dieser Steinzeugfabrikation, die sich in Raeren noch bis 1850 halten konnte, allerdings auf regionale Bedeutung zurücksank. Als im 18. Jahrhundert das Porzellan immer mehr in Mode kam, gingen auch die anderen Steinzeugzentren in Köln/Frechen und Siegburg nieder, lediglich der Westerwald überlebte und produziert bis zum heutigen Tage.

Museum in der Burg Raeren

In Raeren sind heute noch viele Relikte dieses wichtigen Handwerkszweiges zu finden, lebte doch im 16. und 17. Jahrhundert die gesamte Gegend von der Töpferei. Dokumentiert ist dies im Raerener Töpfereimuseum, das in einer Wasserburg aus dem 14. Jahrhundert untergebracht ist. Aus örtlichem Kalkstein gebaut und hervorragend restauriert, bildet diese Burg den historischen Mittelpunkt des heutigen Ortes. Ihre Wirtschaftsgebäude werden immer noch landwirtschaftlich genutzt, während der zweigeschossige Haupttrakt das Töpfereimuseum beherbergt. Mehr als 700 Exponate geben einen Überblick über die historische Produktion und Herstellungsverfahren. In einer kleinen Remise im Innenhof der Burg töpfert auch heute wieder ein Meister, dessen Ziel es ist, Formen und Dekorationen des historischen Steinzeugs nachzuahmen - dies allerdings mit modernen Mitteln.

Der Besucher kann ihm bei seiner Arbeit über die Schulter schauen und auch neue »Raerener Pötte« erwerben.

Regelmäßige Sonderausstellungen finden in der gegenüberliegenden Cafeteria »Haus Zahlepohl« statt, die ebenfalls einen Besuch wert ist. Geöffnet ist das Museum täglich, außer montags, von 10 bis 17 Uhr. Der Eintritt beträgt für Erwachsene 80,- BF, für Jugendliche, Senioren und Gruppen 50,- BF, Kinder unter 12 Jahren haben freien Zugang. Führungen und Animationen im Töpferatelier sind auf Anfrage möglich.