Beim Knien wurde es eng..

Marianne Schönberg, Jünkerath

Konfirmation gleich nach Kriegsende, auch oder gerade damals war das ein besonderes Fest.

Junge Leute versprachen, ihr Leben nach Christus auszurichten, dem Mann, der Gewaltlosigkeit und Frieden predigte . .. Frieden, das war DAS Geschenk zu jener Zeit. Wie arg hatte man vorab gelitten, unter Bombenangriffen, Gefallenenmeldungen - von Einschränkungen im Alltag soll gar nicht die Rede sein.

Bei aller Not der Monate nach 1945 galt es nun für uns, unsre Eltern, einen besonderen Tag irgendwie festlich auszurichten und es fehlte an allem.

Ein Kleid sollte sein, Schuhe, Gesangbuch . .. im Unterricht hatten wir entweder die Texte mangels Bücher auswendig gelernt oder Verse auf mehr oder weniger schöne Papierfetzen nach Diktat vom Pfarrer aufgeschrieben. Er war Flüchtling aus dem Osten, erzählte oft von der Angstphase des Laufens um den Preis des Lebens, erwähnte da immer den 23. Psalm, der ihm Vertrauen und Mut gegeben habe und wir lernten alle .. ., »der Herr ist mein Hirte«; sahen beinahe bildhaft die Errettung. Doch, er konnte uns das vermitteln, unser Pfarrer und solche Eindrücke bleiben lebenslänglich- das ist gut so.

Konfirmationstag - was ziehen wir an? Meine Freundin erzählte, ihre Oma nähe ein Kleid aus schwarz gefärbtem Tarnnetz des Onkels aus dem Krieg, drunter käme dann eben ein schwarzer Unterrock der Großmutter. Mein Vater erstand auf dem Tauschwege um einige Blatt Tabak eine schon recht strapazierte gelbe Gardine, die wurde ebenfalls eingefärbt und daraus entstand mein Kleid. Weil ich zwei Gesangbücher besaß, eines von Mutter und eines von Großmutter, hatte die Freundin dann auch eins und Schuhe, die besorgte der Onkel in der Pfalz. Sie waren klobig, aber praktisch und signalisierten Haltbarkeit - von Eleganz sprach niemand.

Aus grauer, glänzender Futterseide bekam ich Mäntelchen zum Festgewand - ich fand mich schön und alles war gut. Bis - ja bis ich bei der Einsegnung vor dem Altar knien musste. In den Nähten des Kleides krachte es arg und ich hatte fürchterliche Angst, dass etwas reißt. Hinter mir die Gemeinde, ein Haus voller Menschen und ich da zu aller Ansicht, eventuell gleich mit geplatzter Rückennaht des Festkleides - für eine Dreizehnjährige eine fürchterliche Vorstellung. Den Segensspruch nahm ich unter großer Angst an ... wenn's nur in den Nähten hält. .. hoffentlich fällt die Hülle nicht beim Aufstehen ... o war ich doch schon wieder an meinem Platz; alles ging gut.

Natürlich erinnere ich mich bei jeder Konfirmationsfeier, die ich heute miterlebe, an die Situation im Jahre zwei nach Kriegsende. Nein, solche Nöte haben unsere jungen Leute nicht, aber andere und es ist die Frage, ob sie nicht schwerer wiegen.