Spielen - das A und O

Renate Lorscheider, Jünkerath

Spielerisch das Leben begreifen, den Tag mit allen Schwierigkeiten meistern zu lernen, das sind Anliegen der Betreuung im Kindergarten. Von der Arbeit in ihrem Bereich erzählen die Erzieher gern, und überall gibt's Schwerpunkte  -hier Streiflichter aus Kindertagesstätten im Kreisgebiet:

Freispiel im Kindergarten Lissendorf

Das Freispiel erstreckt sich über die gesamte Zeit, in der sich das Kind im Kindergarten aufhält.

Unterbrochen wird es durch gelenkte Tätigkeiten des Erziehers, zum Beispiel Gesprächskreis, Sing- und Spielkreis oder vom Erzieher vorbereitete Gestaltungsarbeiten und Förderprogramme. Beim Freispiel können die Kinder selbst entscheiden, wo, womit und wie lange sie mit dem Material spielen wollen. Erlaubt ist auch das "Nichtstun". Kinder beobachten andere; wie bauen sie die Straße auf dem Bauplatz, was stellen die älteren Kinder aus Knete her?

Während des Freispiels werden die Kinder kreativ. Sie werken mit Naturmaterial, malen mit verschiedenen Farben, schneiden und kleben. Das Arbeiten der Kinder ist nicht produkt-orientiert und frei von Wertmaßstäben. Beim Spiel in Puppenwohnung, Bauplatz oder Spielebene versetzt sich das Kind in andere Rollen; es spielt Vater, Mutter, Arzt oder Busfahrer. Erfahrungen werden so verarbeitet und vom Kind verstanden.

Während des Freispiels nimmt das Kind Kontakte mit anderen auf. Es gewinnt Sicherheit und Selbstvertrauen und stärkt so sein Selbstbewusstsein. Es muss sich mit anderen Kindern auseinandersetzen, lernt Rücksichtnahme, Interessen von anderen zu akzeptieren oder sich durchzusetzen.

Ergänzend zum Spiel innerhalb des Gebäudes wird dem Kind ebenso die Möglichkeit des Spiels auf dem Außengelände angeboten. Hier kann es mit dem Material, das die Natur ihm bietet, experimentieren. Es schult seine Motorik auf Kletterhäusern, Hängebrücken, rutscht

und schaukelt, fährt mit Fahrzeugen und gräbt Maischlöcher.

Spiele wie Seilspringen, Versteckspielen, Fangen und alte überlieferte Spiele wie Plumssack oder »Machet auf das Tor" bereiten den Kindern viel Freude.

Kindergarten Pelm - Auch Kinder haben einen Beruf

»Heute morgen ist unsere vierjährige Anna Mutter von drei Kindern und einem schwarzen Hund. Sie muss kochen, bügeln, die Kinder in den Kindergarten bringen, den Hund füttern und zwischendurch noch telefonieren.« Was so spielerisch aussieht und von den Erwachsenen oftmals belächelt wird, ist mehr als nur ein Spiel. Denn jetzt muss Anna:

- sprechen

- denken

- fühlen

- handeln

Für Anna ist das Spiel Lernen. Spielen ist also keine Spielerei, sondern der Beruf von Kindern. Geben wir unseren Kindern Raum, Zeit und Ruhe zum Spielen.

Spiele gestern und heute Kindergarten Ormont

»Erst die Arbejt, dann das Spiel.« Dieses Sprichwort klingt vielen Erwachsenen sicher noch in den Ohren, wenn sie an ihre Kindheil zurückdenken. Trotzdem haben wahrscheinlich die meisten ihre Kindheit positiv in Erinnerung. Oft denken sie vielleicht daran, dass sie mit materiallosen Spielen wie Verstecken, Hüpfekästchen, »Räuber und Gendarm« oder mit selbsthergestellten Spielen, wie Dosen- und Stelzenlaufen oder Murmel rollen sehr viel Spaß hatten. Auch das »Budenbauen« auf irgendwelchen verwilderten Feldern oder im Wald war etwas ganz Besonderes. Hierbei wurde die Gemeinschaft sehr stark gefördert. Aber manchmal hört man dann den Satz: "Die Kinder heute haben es viel besser, sie haben viel mehr Spielzeug.«

Ist es wirklich so?

Sie haben zwar Computer-Spiele und jede Menge andere teure Artikel. Bei diesen Spielen sind die Kinder aber oft alleine in ihrem Zimmer und haben keinen Kontakt zu Gleichaltrigen.

Suchen Kinder nicht oft lieber Pfützen auf, wo sie drin »matschen« können. Oder wünschen sie sich nicht auch eine verwilderte Wiese, wo sie Buden bauen oder auf Entdeckungsreise gehen und kleine Schätze (Kieselsteine oder Zapfen, Blätter, Beeren) finden?

Phantasiespiele - Spiele im Freien Kindergarten Hallschlag

Es war beschlossene Sache, Tom und Kai wollten auf Forschungsreise gehen. Während Tom den Proviant in Form von »Grassuppe«. »Rindenbrot« und »Blättersalat« einpackt, besorgt Kai einen »Steinkompass«, »Tannenzapfen-Taschenlampe«, und natürlich darf auch ein großer Ast als »Buschmesser« nicht fehlen.

Schon bald entdecken sie auf ihrer Reise die größten Spinnen, gefährlichsten Käfer und die buntesten Vögel.

Die tiefe Schlucht haben Tom und Kai mit einem weiten Sprung überwunden, aber wie bloß über den reißenden Fluss kommen? Tom entdeckt durch seine »Fernglashände« ein altes Floß, und bald darauf manövrieren sie auf der Gartenbank geschickt durch den gefährlichen Fluss, durchleben wilde Stürme und müssen sich gegen gefräßige Krokodile wehren. Endlich! Die Rettung - eine einsame Insel. Erschöpft stärken sich Tom und Kai an dem mitgebrachten Proviant. Und dann - ja dann geht es weiter auf ihrer abenteuerlichen Entdeckungsreise.

Den kindlichen Phantasiekräften sind keine Grenzen gesetzt, wenn man Kindern genügend Zeit und Möglichkeit gibt, ihren inneren Spielimpulsen und -ideen zu folgen, und die Natur ist hierfür der beste Spielbegleiter. Sie beginnt vor der Haustür und bietet für Kinder vielfältige Spiel- und Bewegungsmöglichkeiten - ganz umsonst.

Auch Verlieren will gelernt sein Kindergarten Neroth

Der fünfjährige Simon fegt den Stapel Memorykarten seiner Spielpartnerin Eva vom

Tisch: »Du bist gemein. Ich spiele jetzt nicht mehr mit Dir.«

Simon will nicht mehr mit Eva spielen, weil er verloren hat.

Verlieren, dem anderen den Sieg zugestehen, fällt ihm sehr schwer.

Lernen im Spiel ist Lernen fürs Leben, denn da muss man verlieren können. Morgen und übermorgen spielt Simon wieder mit Eva. Vielleicht kann er ihr dann eher den Sieg zugestehen.

Heute möchte ich mal wer »anderes« sein Kindergarten »Am alten Markt«, Gerolstein

Im Rollenspiel findet sich Lebenswirklichkeit. Kinder beginnen es aufgrund eigener Erfahrungen, Wünsche, Vorstellungen oder besonderer Erlebnisse und gestalten es so, wie es ihren inneren Bedürfnissen entspricht. Ob »VATER, MUTTER, KIND«, Arzt und Krankenhaus, Straßenverkehr, Hochzeit oder Monster und Gespenster - hier geht es darum, dass Gedanken und Gefühle in den Köpfen von Kindern auf ihre Möglichkeit warten, entscheidende Bilder nach außen zu tragen und in Handlung umzusetzen.

In Phantasie und Träumen ist daher alles möglich, keine Ordnung, keine Grenzen und Verbote hindern den Lauf der Phantasie. Wahrscheinlich haben die Kinder von heute nicht weniger davon als Kinder früherer Generationen. Sie haben vielleicht zu wenig Zeit und Muße für die eigene Phantasie. Durch vorgefertigte Bilder, Produkte der Massenmedien und Industrie wird die individuelle innere Bilderwelt der Kinder unterdrückt, eine Entfaltung verhindert.

Gutes und schlechtes Spielzeug Kindergarten Jünkerath

Gutes Spielzeug ist für Kinder lebensnotwendig. Der eigentliche Wert des Spielzeugs liegt darin, dass es den kindlichen Bezug zur Wirklichkeit stark beeinflusst. Spielzeug hat im Kinderspiel realen • Charakter. Die Spielhandlung ist auf Spielzeug angewiesen, aber nicht alles ist gleich gut geeignet.

Ob nun Spielzeug »gut« oder »schlecht« ist, hängt weitgehend davon ab, inwieweit es kreative und phantasievolle Spielmöglichkeiten zulässt.

Gutes Spielzeug lässt dem Kind Handlungsspielraum für freie Selbstgestaltung. Einige Angebote für die verschiedensten Spielmöglichkeiten, wie Rollen-, Funktions-, Regel- und Konstruktionsspiele, sind einem Überangebot vorzuziehen. Von großem Spielwert sind auch Spielzeuge aus sogenannten wertlosen Materialien, zum Beispiel Steine, Federn, Holzreste, Kartons.

Bei den riesigen Angeboten von Spielzeugen sollte man sich beim Kauf auf den Erlebnis-, Verhaltens- und Erkenntniswert, auch auf den Wirklichkeitsbezug und die Kreativität rückbesinnen. Günstig erscheint ein Abwägen der Vor- und Nachteile bestimmter Spielzeuge für die kindliche Persönlichkeitsentwicklung. Damit Kinder ihre Umwelt besser kennenlernen, sie erfahren und aus ihrer eigenen Erfahrung lernen, sollte ihnen viel individueller Freiraum mit wenig Ermahnung und Korrektur seitens der Erwachsenen angeboten werden. »Schlechtes« Spielzeug erkennt man daran, dass es dem Kind nur stupide Wiederholungen von Ereignissen ermöglicht, so das Nachspielen aggressiver Verhaltensweisen von Videos und Filmen.

»Peter spielt mit Puppen - Lena mit

Lastwagen»

Pfarrverband Hillesheim

»Ach, ist das ein liebes Mädchen«, sagt jemand über das Kleinkind, das mit einer Puppe in der Spielecke sitzt. Und über das gleiche Kind, ein paar Tage später, mit einem Holz- Lkw spielend, fällt der Satz: "Ist das aber ein technisch begabter Junge!«

Für viele Menschen ist die Vorstellung, dass Peter mit Puppen und Lena mit Lastwagen spielt, immer noch eine zumindest ungewohnte bis bemerkenswerte Erscheinung. Scheinbar gibt es Jungenspielzeug und Spielsachen für Mädchen.

Niemand bedenkt oder hat erfahren, dass Kinder in verschiedenen Situationen mit ganz unterschiedlichen Dingen spielen, je nach dem, was gerade wichtig für sie ist. Dabei werden ganz unterschiedliche Fähigkeiten im Kind angesprochen, ausgedrückt und eingeübt. Und für jedes Kind, egal ob Junge oder Mädchen, ist es wichtig, sowohl die Fähigkeiten und Seiten zu trainieren, die angeblich zu einem Jungen gehören, wie die Gefühle ausdrücken und Situationen im Spiel erfahren zu können, die angeblich den Mädchen vorbehalten sind. Peter kann und darf mit Puppen und mit Lastwagen spielen - und Lena darf im Spiel Fahrzeugmechanikerin und Erzieherin sein. Rollenverhalten kommt nicht erst im Erwachsenenalter zum Ausdruck, sondern wird von Anfang an eingeübt.

Das »Wort zum Schluss« ist ein Dankeschön an alle Erzieher, die mit Kindergartenkindern befasst sind, sich am Zustandekommen der Streiflichter beteiligten.