Heimat- und Backfest, eine Premiere

Christa Feltgen, Steffeln

Kaiserwetter hatten sie, die Steffelner, als sie am 1. Mai 1994 ihr erstes Heimat- und Backfest feierten, das vom Prümer Geschichtsverein und den Steffelner Vereinen ausgerichtet wurde.

Schon als um zehn Uhr morgens der Vorsitzende des Geschichtsvereins, Werner Blindert, und Bürgermeister Arenz von der Verbandsgemeinde Obere Kyll als Schirmherr der Veranstaltung ihre Grußworte überbrachten und Maria-Agnes Pinn eine Laudatio auf Steffeln und das Land ringsum hielt, hatten sich zahlreiche Gäste eingefunden. Sie wollten wohl alle gern miterleben, wie Bürgermeister Arenz den Backofen im Scholzenhaus auf der Bohnengasse anzünden würde, um damit das Startzeichen zum Backfest zu geben. Weil es aber im Backhaus nicht so viel Platz gab, ließen sich die Wartenden von den Musikanten des Tages die Zeit vertreiben. Thomas Streicher, Stefan Juchems und Martin Pinn spielten auf dem Akkordeon, und die »Eefeler Kirmesdänzer« sangen dazu volkstümliche Weisen. Während sich die meisten Zuschauer dann zum Frühschoppen in die Gastwirtschaft Sünnen begaben, heizte das von Johannes Pinn eingelegte trockene Holz den Backes tüchtig an. Frau Pinn knetete und formte den vorbereiteten Brotteig und legte ihn dann, so wie es früher üblich war, in die aus Stroh geflochtenen Körbchen. Dort konnten die Laibe aufgehen, bis der Backofen die nötige Temperatur erreicht hatte.

Im Saal Sünnen hatten die Besucher derweil Zeit, die dort ausgestellten historischen Arbeitsgeräte, die nach dem Motto: »Vom Korn zum Brot« zusammengetragen worden waren, zu bestaunen. Daneben fanden sich noch

Eröffnung des Festes vor »Scholzen-Haus«

Dreschflegelgruppe aus Mützenich

Die Senioren kamen zum Treff vorm Gasthaus Sünnen.

Schautafeln; von der Klasse 9p des Regino-Gymnasiums Prüm unter Frau M. Braus zusammengestellte Texte und Bilder zum Brotbacken, alte und neue Rezepte für Brot und Kuchen von Hans Feltgen, Aufnahmen aus dem Scholzenhaus mit Frau Pinn als Bäckerin, Bilder aus dem alten und dem heutigen Steffeln und von Flurkreuzen aus der Steffelner Umgebung. Der Prümer Geschichtsverein zeigte außerdem einen Film über das Brotbacken im Scholzenhaus, der von Herrn Zeimentz aus Schönecken gedreht worden war. Für diesen Film interessierten sich vor allen Dingen die Lehrer der Schulen, war er doch Anschauungsmaterial erster Güte.

Gegen Mittag, als im Scholzenhaus der Backes von der Glut geräumt worden war und die Brote im heißen Ofen ihrer Vollendung entgegenbräunten, gab es im Festsaal Erbsensuppe und dazu leckere Schnittchen, die die Mitglieder der Kirmesdänzer-Gruppe aus dem tags zuvor bei Pinn gebackenen Broten hergerichtet hatten.

Nahrhaftes war genug da, wenn man auch etwas Geduld haben mußte. Weil niemand mit so einem Andrang gerechnet hatte, musste dreimal Suppe nachgeliefert werden, bis alle hungrigen Mägen gefüllt waren. Die ganze Zeit über spielten die drei Musikanten lustige Weisen und bekamen für ihr Durchhaltevermögen herzlichen Applaus.

Am frühen Nachmittag, als die Brote auf der Bohnengasse gerade den Backes verlassen hatten und duftend und glänzend zum Auskühlen bereit standen, sang der Kirchenchor von Steffeln im Saal stimmungsvolle Lieder aus seinem Repertoire, die mit viel Beifall aufgenommen wurden, während Werner Grasediek mit Wanderwilligen einen Exkurs rund um Steffeln machte, bei dem auch der alte Backofen-Steinbruch und die Mühle besichtigt wurden. Die kleinsten Besucher mussten sich aber auch nicht langweilen, für sie wurden draußen vor der Tür allerlei Spiele angeboten, bei denen es auch etwas zu gewinnen gab.

Im Backhaus versuchte inzwischen Hans Feltgen zwischen all den herumdrängelnden und Fragen stellenden Besuchern für die Gäste Streuselkuchen zu backen. Johannes Pinn hatte dafür den Backes noch einmal nachgeheizt und noch bevor er die letzten glühenden Holzstücke in den Aschenkasten schob, fragte ein kleines Mädchen ganz unbekümmert: »Sind das die Knochen von der Gretel gewesen?« Als der Kuchen dann endlich am Nachmittag bei Sünnens ankam, war er so schnell verkauft, dass viele Anwesende noch nicht einmal einen Blick darauf werfen konnten. Sie trösteten sich mit den appetitlichen Schnittchen und mit einem Stück frisch gebackenen Brotes, das ebenfalls verkauft wurde. Der Wunsch, von diesem noch warmen Brot etwas mit nach Hause zu nehmen, war so groß, dass manche seriös aussehenden Käufer wie die Kinder fuschten, um mehr als das angebotene Kontingent erwerben zu können.

Die Vorführung der Dreschflegelgruppe Mützenich unter Leitung von Chr. Hack bekam inzwischen draußen im Sonnenschein großen Beifall. Als Höhenpunkt des Tages zeigten dann die »Eefeler Kirmesdänzer« unter der Moderation von Maria-Agnes Pinn und Stefan Juchems im Saal eine historisch angelegte Modenschau mit Kleidern von 1846 bis 1965.

Fast jedes alte Kleid und jeder alte Anzug hätten eine eigene Würdigung verdient, genauso wie die Menschen, die für den Tag ihre kostbaren Erbstücke ausliehen. Da dies aber nicht möglich ist, seien nur ein Brautkleid aus Fallschirmseide von 1946 mit den dazu gehörenden Brautschuhen aus einem Leinenhemd, die alte Motorradmontur mit Breeches-Hosen, von denen Frau Pinn sagte: »Solche Hosen haben früher die Mannsbilder angehabt, wenn sie freien kamen«, sowie die früher üblichen Brautkleider in Schwarz, die alten Taufkleidchen und das älteste Stück der Modenschau, ein schwarzes Kleid aus Tirtei von 1864 mit einer Plüschlitze als Stoßband am Saum erwähnt.

Brigitte Sünnen aus Steffeln, ebenfalls Mitglied der Kirmesdänzer, hat sich bei all dem als »Direktrice« betätigt; sie legte die Kleider in der richtigen Reihenfolge zurecht, half den Models beim Anziehen und räumte hinterher wieder auf. Ohne ihren Einsatz hätte bei der gelungenen Modenschau sicher nicht alles so reibungslos funktioniert.

Auch die »Eefeler Kirmesdänzer« konnten ihre Tänze an diesem Tag draußen im Sonnenschein vorführen. Sie erhielten verdienten Beifall, hatten die meisten von ihnen doch schon den ganzen Tag über beim Dorffest tüchtig geholfen. Es war ein schönes Bild, wie sie zu den alten Weisen ihre Reigen und Polkas vorführten. Mit ihren Darbietungen klang ein rundum gelungenes Heimatfest aus, und schon am gleichen Abend wurde von allen Beteiligten der Wunsch nach einer Wiederholung laut. Für alle, die sich viel Mühe um den Tag machten, der schönste Dank.

Szene aus der historischen Modenschau - das

trug Großmutter zum Festtag.

Fotos Marianne Schönberg, Jünkerath