Haariges...

Marianne Schönherg, Jünkerath

Die Frage nach dem natürlichen Kopfschmuck wird im Kreuzworträtsel mit HAAR beantwortet. Da kommt Nachdenklichkeit auf, Kopfschmuck ist ein schönes Wort und es gibt dem Schöpf eigentlich so den rechten Wert. Aber wer macht sich in jungen Jahren schon Gedanken um diese Zierde. Klagen sind an der Tagesordnung, über zu störrisches, krauses, missfarbenes Haar. Mit Fleiß und einigem Kostenaufwand wird manipuliert, getönt, verändert, gekringelt oder entwirrt.. . kaum jemand ist einverstanden mit seinem persönlichen »natürlichen Kopfschmuck".

Im Laufe der Jahre ändert sich das, da schrumpfen die Wünsche meist nur auf einen Punkt zusammen ... ganz gleich ob grau oder rot oder braun, Hauptsache Fülle. Immer dünner wird die Pracht von einst und das geschieht schleichend, zuerst merkt man's gar nicht recht, nur der Schnitt sitzt nicht mehr so richtig und ab und an bemerkt der Figaro . . . eine leichte Dauerwelle könnte Ihnen gut tun. Der Blick in den Spiegel wird gezielter und was man da sieht, erheitert keineswegs. Also tut man was fürs Haar, schluckt Vitamine, massiert die Kopfhaut mit vielgepriesener Lotion, bürstet zarter, vertraut althergebrachten Kräuteraufgüssen und wünscht sich eben, dass - zumindest auf dem Kopf - wieder alles wird, wie vorher. Das kostet Zeit, Überlegung, Augenmerk; auch Geld.

Ab und an gibt's kleine Erfolgsmeldungen. Man weiß nicht so recht, worauf sie zurückzuführen sind, die Fülle der Methoden irritiert. Aber der Mensch freut sich. Und dann das.

Ein »beinahe-Berufsunfall« bahnt sich an. Im Dorf X ist Backfest, zum ersten Mal und ein Ereignis, um das sich viele Leute Mühe machten. Der Bürgermeister der Verbandsgemeinde wird mit einem Fidibus den Ofen anzünden, dort sind Spänchen geschichtet, das Holz und damit alles ohne Umschweife vor sich geht, hat die Hausherrin des winzigen BACKES eine Kerze angezündet - stilecht im alten Halter auf leinenem Tuch. Alles sieht wunderschön aus. Zwischen Kerzenflamme und Ofen steht der große Backtrog, bis an den Rand gefüllt mit Teig, der förmlich darauf wartet, zu Broten geformt zu werden. Noch ein Wort der Bäckerin zur Situation und der Schirmherr entzündet den Fidibus, führt ihn zum Ofen. Fotografen gehen da in Position und versuchen - ganz aufs Geschehen fixiert - eben DAS BILD zu bekommen, die Kamera einzuschwenken ... ein Schrei, Gestank wie in Teufels Küche und ein Mensch schlägt mir aufs Haupt; kräftig. Ich war mit dem Kopf über die Kerzenflamme geraten und die freute sich, züngelte am Haar. Schlimm habe das ausgesehen, sagte mein Retter anschließend und entschuldigte sich, hoffentlich fühle ich mich nicht zu sehr misshandelt.

Gar nicht auszudenken, was geschehen wäre, hätte dieser freundliche Mensch nicht spontan reagiert. Es ist ein Graus, so OHNE am Kopf zu sein. Schon der Gedanke verursacht argen Schrecken. Nach dieser Ouvertüre bin ich erst mal heimgefahren. Auf einer Anhöhe hielt ich den Wagen an, griff an den Hinterkopf und hatte eine Handvoll versengtes Haar in der Hand. Das ist viel für einen Menschen in der ach so hoch gepriesenen zweiten Lebenshälfte, schnell wächst das nämlich nicht nach.

Fazit zum Backtag im Dorf X - ich hab ihn (trotzdem) in guter Erinnerung. So viele Laibe herrlich braunen und duftenden Brotes, so viele Besucher, die sich fürs Backen nach alter Tradition interessierten und da waren Alte gekommen, Leute im Rollstuhl, die sich freuten übers liebevolle Angebot von Vesperhäppchen durch junge Mädchen - doch, das hatte man im Dorf gut vorbereitet. Die kleinen Gesten am Rande, unspektakulär, sie machen solch einen Tag zum FEST, und das soll dominieren. Zwischenfälle sind dann manchmal die Prise Salz in der Suppe. Für meine danke ich dem beherzten »Flammenschläger" und hoffe, er liest diese Zeilen.

 

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