Besuch am Verwaltungssitz der Ahnen Kerpen hatte hohe Gäste

Nikolaus Ratz. Kerpen-Loogh

Jean-Engelbert, Herzog und Fürst von Arenberg, Herzog von Aarschot und Meppen, Fürst von Recklinghausen, Graf von der Mark und seine Gattin Sophie, Prinzessin von Bayern, besuchten Kerpen. Nach den Erfolgen im Wettbewerb "Unser Dorf soll schöner werden" war der Ortsgemeinderat der Meinung, den Versuch zu wagen, die herzogliche Familie nach Kerpen einzuladen. Er wurde freudig überrascht, dass die schriftliche Einladung vom April 1994 schon 14 Tage später positiv beschieden war. Der Herzog teilte seine Freude über unsere Einladung mit und versprach, Kerpen recht bald zu besuchen. Am 15.4.1995 war es dann soweit. Ortsbürgermeister Rudolf Raetz begrüßte die hohen Gäste im Bürgerhaus. Sie wurden begleitet von Professor Franz Josef Heyen vom Landeshauptarchiv in Koblenz. Raetz verwies auf Geschichte und Geschicke der Zeit, die es den Nachfahren der früheren Dynastie der Herrschaft Kerpen nach 200 Jahren ermöglichten, Ort und Burg wieder zu sehen. Bürgermeister Ritzen, welcher mit dem büroleitenden Beamten Herrn Kloep gekommen war, übermittelte Grüße der Verbandsgemeinde und im Auftrag von Landrat Nell Grüße des Kreises.

Verwaltungsdirektor Cremer aus Neuss benutzte die Gelegenheit, in die Burg einzuladen. Die Mitglieder des Ortsgemeinderates gaben dem Besuch die Ehre. Einige gelungene Lied-vorträge der Chorgemeinschaft Kerpen trugen dazu bei, dass gleich zu Anfang eine lockere und gemütliche Atmosphäre entstand. Man tauschte Erfahrungen aus, verwies auf Erfolge und zeigte einen langen und schwierigen Weg, landwirtschaftlich strukturierte Orte zu lebenswerten Wohnstätten umzugestalten. Die Gäste bedankten sich herzlich für die freundliche Aufnahme und freuten sich sichtlich über das Erreichte in der Ortsgemeinde: Geschenke und Aufmerksamkeiten wurden ausgetauscht. Der Herzog übergab eine geschlossene Bildreihe seiner Ahnen, von der ersten regierenden Gräfin von der Mark, Erste Fürstin von Arenberg, bis heute, dem 15. Fürsten von Arenberg. Danach besichtigten die Gäste den Ortskern. Begeisterung wurde sichtbar über das Präsentieren dieses Dorfes, dem es gelungen ist, das Geschichtliche zu bewahren und zu beleben, um so unverwechselbares Kulturgut in die Zukunft hinüberzubringen. Am Beispiel sehe man, dass das Bewusstsein um das Erbe die Gemeinschaft und den Menschen ehre und nicht jede Veränderung sie bereichere. Wiederum, wie schon so oft, wurde sichtbar, wie gut man in altem Gemäuer leben kann, ohne auf Modernes zu verzichten und wie sich aufgegebene Ökonomiegebäude zu Wohnzwecken umgestalten lassen, ohne das historische Ortsbild zu verschandeln.

Auf halbem Wege zur Burg besuchten die Gäste die Burgkapelle, ein unverwechselbares gotisches Baudenkmal. Rudolf Raetz gelang es, dies Kleinod an Schlichtheit und handwerklicher Fertigkeit aus der Zeit um 1500 darzustellen.

Bürgermeister Ritzen erläuterte am Burgring den Ausgangspunkt der Devonroute des Geologischen Lehr- und Wanderpfades. Beeindruckt von dem bis jetzt Dargestellten und den Erläuterungen zu den Bemühungen der Dorfgemeinschaft, aus »ihrem Ort das zu machen, was er ist, begab man sich zur Burg Kerpen. Nach den Zerstörungen in den Jahren 1682 und 1689 durch Truppen Ludwigs XIV. blieb Kerpen als eine der vielen erworbenen Herrschaften des Eifelraumes als Verwaltungssitz den Arenbergern notdürftig erhalten. So kann die Einkehr in die Anlage als Höhepunkt des Tages angesehen werden. Den Weg dorthin benutzte Ortsbürgermeister Raetz dazu, die Anstrengungen und finanziellen Opfer der Ortsgemeinde und des Kreises Neuss, welcher Besitzer der Burg ist und hier ein Landschulheim unterhält, darzustellen.

Mit Genugtuung folgten die Besucher den Erläuterungen. Bei einer kleinen Erfrischung stellte Herr Cremer aus Neuss Organisation und Betrieb des Schullandheimes dar. Ein interessanter Dialog entwickelte sich zwischen den Gästen, Betreiber und Lehrpersonen einer anwesenden Schulklasse. Hier verspürte man ein jahrhundertealtes Anliegen des Hauses Arenberg am Ausbau des Schulwesens. Nach gemeinsamem Mittagessen im Hotel Fasen-Schröder in Niederehe konnten Gespräch und Begegnung vertieft werden. Jeder erfuhr, wie einfach und wohltuend unkompliziert die Gäste uns begegneten. Beeindruckt waren Herzog und Herzogin vom Besuch der ehrwürdigen Klosterkirche in Niederehe, Grablege der Herren von Kerpen. Man verwies auf die Klostergründung von 1175 (Schorn), zu einer Zeit also, als die Vorfahren

des Herzogs schon in der siebten Generation Burggrafen von Köln waren und ihnen die Klostergründung in diesem wichtigen Amt nicht entgangen sein konnte. Blüte und Niedergang des Klosters waren Inhalt eines aufschlussreichen Gesprächs. Professor Heyen verwies auf Sinn und Zweck damaliger Klostergründungen. Der Verfall der Sitten an diesen Stätten, Reformation und Besinnung wurden wieder lebendig. Das Hochgrab des Grafen Philip von der Mark und seiner Gemahlin Margaretha von Manderscheid war wohl ein besonderes Erlebnis für die Gäste. Man war erstaunt über das sich hier im Laufe der Jahrhunderte angesammelte Kulturgut und gleichzeitig betrübt über das Verschwinden vieler Dinge oder unsachgemäße Veränderungen des Gotteshauses, welche bei der Beschreibung durch Wackenroder noch vorhanden waren oder deren Verbleib noch nachvollzogen werden konnte. Gegen 16.00 Uhr verabschiedeten sich die Gäste. Sie versicherten, dass dies ein Tag war, der sich wohltuend von vielen anderen abhebe. Man sei überrascht und erfreut über die entgegengebrachte Gastfreundschaft. Ganz sicher gibt's ein Wiedersehen, auch mit den Kindern, so die Herzogin. Wenn der Gemeinderat der Einladung nach Enghien folgen könnte, so wäre das sicher ein Danke des Hauses Arenberg für den heutigen Tag. Ein Tag - so unser Empfinden - an dem Geschichte und Gegenwart verschmolzen.

Die Arenberger

Wer sich die Mühe macht und die Geschichte der Arenberger liest, kommt sehr schnell zu der Erkenntnis, daß es wohl kaum eine Sippe in der Reihe des europäischen Uradels gibt, welcher das nationale Denken so fremd war wie der ihren und die europäische Geschichte in so entscheidendem Maße mitgestaltet hat wie sie. Nach dem Aufbruch in die Neuzeit um 1500 beeinflussten sie die Politik in ganz Westeuropa. Sie waren Mitglied des preußischen und französischen Königshofes, nahmen Einfluss in Holland, Belgien und Luxemburg. Ihre politischen Aktivitäten finden wir in Österreich und Spanien. Sie waren treue Gefährten der deutschen Kaiser, stritten und litten mit den Burgundern. Ihre Anfänge sind 1000 Jahre nachvollziehbar. Nachforschungen vermuten sie sogar 300-400 Jahre früher im französischen Raum. Um die Jahrtausendwende erscheinen sie als Burggrafen von Köln. Dieses einflussreiche Amt besaßen sie bis 1279. In dieser Zeit wurde mit dem Bau des Kölner Domes begonnen (1248), und hieraus erklärt sich der Umstand, dass bei dessen Fertigstellung Anfang des 19. Jahrhunderts die Arenberger erhebliche Geldspenden für die Vollendung aufbrachten. In dieser Zeit oder etwas früher erbauten sie die Festung Arenberg und gaben dem Berg den Namen und nicht umgekehrt. Sie führen in ihrem Wappen drei Mispelblumen auf rotem Schild (nicht Lilien oder Rosen). Schon zu dieser Zeit war die kleine Herrschaft in der Eifel ein Sonnenlehen, das heißt nur Gott und dem Kaiser Untertan; damals das einzige dieser Art in unserer Heimat. Als die Grafen von der Mark 1299 in die Familie einheirateten, behielten die Nachfahren den Namen der Arenberger bei; Grafen von der Mark-Arenberg. Dies auch bei anderen Eheschließungen weiblicher Erben in späteren Jahrhunderten. Insgesamt gingen aus dieser Familie sechs Hauptlinien hervor und zwar:

Die Herzöge von Arenberg im engeren Sinne, die Herzöge von Kleve, Jülich, Berg und Ravensberg, die Herzöge von Nevers,

Die Arenberger mit ihrer Begleitung und den Gastgebern in Kerpen vor historischer Kulisse.

die Grafen von Rochefort, die Fürsten von Sedan, Herzöge von Bouillon, die Barone von Lummen, Grafen von Schleiden.

Auf weitere Linien dieses Hauses kann aus Platzmangel nicht eingegangen werden. Die Herrschaft Arenberg wurde 1549 in den Grafenstand, 1576 in den Fürstenstand und 1644 in den Herzogsstand erhoben. In diesem Jahrhundert wurde das Hauptgewicht der politischen und wirtschaftlichen Interessen von der Eifel in die habsburgischen Niederlande und Nordfrankreich verlegt.

Um 1610 erwarb Fürst Karl von Arenberg Enghien bei Brüssel, welches als kleines Versailles mit den schönsten Parkanlagen Nordwesteuropas bekannt wurde. Als die Herrschaft Kerpen 1674 nach einem langen Prozess vor dem Reichskammergericht den Arenbergern zugesprochen wurde, ging wohl ein jahrhundertealter Wünsch dieses Hauses in Erfüllung. Händel, welche in jener Zeit gang und gäbe waren, sind zwischen diesen beiden Nachbarn nicht bekannt. Im Gegenteil auffallend zieht es sich durch die Zeit, dass die Herren vom nahen Arenberg gerne nach Kerpener Frauen Ausschau hielten. So brachte eine Elisabeth von Kerpen dem Johann von der Mark-Arenberg 1391/1392 ein beträchtliches Vermögen mit in die Ehe; neben riesigen Geldeinnahmen die Stadt Elberfeld und eine Bürgschaft über Dortmund. In den Annalen findet man Vermählungen mit derer von Sombreff und Manderscheid. Über die von der Mark wurde bereits berichtet. Alles Dynastien, welche zumindest zeitweise Manderscheid und von der Mark oder ganz, die Herren von Kerpen und Sombreff in Kerpen residierten.

1787 wollte Herzog Ludwig Engelbert von Arenberg in Kerpen ein neues Schloss errichten. Die französische Revolution machte die Pläne zunichte. In den letzten Jahren gelang durch Öffnung des arenbergischen Archivs in Enghien und im Auftrag der herzoglichen Familie eine vollständige Aufarbeitung der Geschichte dieses Hauses.

Quellen: Die Arenbergen in der Eifel

Professor Franz Josef Heyen

Die Arenberger und das Arenberger Land

Dr. Peter Neu

Landeshauptarchiv Koblenz