Heimat in der Literatur

Die Holzmühle zu Kolverath

Erich Mertes, Kolverath

Die untere Holzmühle stand im Winkel von »Erste Flässchen« und Elzbach, in Flur 5, Parzelle 3 der Gemarkung Kolverath. Die angrenzende Retterather Flur hieß »Zum Hoff«. Die Mühle ist sicher eine der drei, die im „Überannaliumiurum" schon um 1200 für den Bezirk Retterath genannt werden (s. Jahrb. Kreis Daun 1985, 203ff). 1542 und 1551 wird der Holzmüller Pauls in den Steuerlisten aufgeführt. 1552 zahlt er einen Gulden Türkensteuer bei einem Vermögen von 200 Gulden (JB Daun 1989, 172). Damit gehörte er zum gehobenen Mittelstand, denn 55 % der Steuerpflichtigen in der Grafschaft Virneburg besaßen zu der Zeit weniger als 100 Gulden Vermögen. Um 1616 bis in die 1620er Jahre hinein hatte Nikolaus Kreuser von Mannebach die Holzmühle gepachtet.

Er zahlte jährlich ein Malter Korn an Pacht und 1 Gulden, 12 Albus (= 1 1/2 Moselgulden) für den Wasserlauf. Während des 30jährigen Krieges wurde die Mühle zerstört, wie die meisten in der Grafschaft. Von den 15 Mahlmühlen vor dem Krieg waren bis 1646/47 in der Grafschaft Virneburg nur noch zwei steuerfähig übriggeblieben. 1665 kommt der Schmied Gerhard von Kolverath mit der gräflichen Behörde überein, die untere Holzmühle auf seine Kosten wieder aufzubauen. Für den Wasserlauf zahlte er in Erbpacht vier Summer Korn. In den 1730er Jahren hören wir von Peter Caster aus Kolverath als Müller der unteren Holzmühle. Am 21. 1. 1745 verstarb er. Danach kommt Johann Morsch in die Mühle. Er war Witwer in der Schönbacher Mühle am Uessbach (s. dort) und heiratete am 1. 3. 1745 die 1714 geborene Elisabeth Huth von Mosbruch, eine Verwandte des Gerichtsschöffen Matthias Huth von Kolverath. Mit Hilfe des Erbteils seiner Frau kaufte der Müller Joh. Morsch für 85 Reichstaler die untere Holzmühle, die damals auch Wernersmühle oder einfach Holzmühle genannt wurde. 1752 zog das Ehepaar Morsch mit zwei Kindern, einem Esel und zwei Ziegen in die Holzmühle ein.

Jetzt begann eine Tragödie, die auch heute noch unser Mitleid verdient. Solche »Donner-

Die Lage der Holzmühle im Elztal (Flurkarte 1912). Der angrenzende Distrikt Retterath hieß »Zum Hoff«).

 

Die Wüstung der Holzmühle im Elztal 1988.

mühlcher« von etwa 6 x 6 m im Geviert waren nämlich bis dahin nirgends in der Grafschaft bewohnt. Die Müller wohnten im Dorf, und wenn Mahlgäste zu ihnen kamen, gingen sie mit denen zur Mühle und verrichteten ihre Arbeit. Danach nahmen sie die Mahlgebühr (Molter) mit nach Hause und schlössen die Mühle wieder zu. Müller Morsch aber baute an und brach sich die Bruchsteine dazu direkt neben dem angrenzenden Gemeindeweg. Die Stelle ist heute noch zu sehen. In dem Mühlenanbau gebar seine Frau noch zwei weitere Kinder. Jetzt hatte Morsch für Frau und 4 Kinder zu sorgen. Soviel warf die Mühle nicht ab, und an manchen Sommertagen gaben die Elz und das »Flässchen« nicht genügend Wasser zum Betrieb. Da half sich unser Müller, indem er die Wassermühle zu einer Tiermühle umfunktionierte. Dafür lieh er sich dann gelegentlich das Pferd seines Schwagers im Kölnischen Kaperich aus.

Doch alles das reichte nicht. Müller Morsch wird als blutarm geschildert, mit einem zerrissenen Leinenkittel gekleidet. Seine Kinder gingen »terminieren« (betteln), und die 5-6 Geißen mit ihren Jungen suchten sich ihr Futter im Wald. Das war verboten, und alle die Maßnahmen, wie Steinbruch, Anbau, Wohnung in der Mühle waren ohne Genehmigung der Amtsbehörde geschehen. Seine Haushaltung wurde als unanständig bezeichnet. Das verstärkte sich noch, als die Tochter Gertrud aus erster Ehe 1762 einen unehelichen Sohn gebar (21. Okt.). Pate wurde der Henker von Mannebach, Johann Georg Dähler, der dem Jungen auch seinen Namen gab. Schon 1756 hatte man gegen Müller Johann Morsch geklagt. Klage und Gegenklage zogen sich hin, das Verfahren dauerte Jahre. Von all dem war unser Müller krank geworden; er verstarb am 25. Januar 1765. Am 26. 10. 1768 heiratet die Tochter Gertrud aus erster Ehe den Witwer Michael Kramer von Arbach.

Der älteste Sohn Johann Morsch führte nach dem Tod seines Vaters die Mühle weiter. Doch er starb unerwartet früh am 13. 4. 1773. Danach übernahm die ältere Schwester Magdalena den Betrieb. Aber im gleichen Jahr noch geriet sie mit ihren Kleidern in das Zahnradgetriebe der Mühle und verunglückte tödlich (18.10. 1773). Die Witwe arbeitete weiter, so gut es ging. 1778 heiratete ihre jüngste Tochter Anna den Peter Schmilz aus Bruchhausen/Reimerath (25. Feb.). Am 7. Okl. des gleichen Jahres brennt die Holzmühle ab. Ursache: Brandstiftung. Der Fall blieb ungeklärt. Die Witwe verliert ihr ganzes Vermögen samt Kleidung und den wenigen Gerätschaften. Doch sie gibt nicht auf. Im gleichen Jahr 1778 nimmt sie von der Pfarrkirche Retterath ein Darlehen von 13 Gulden und12Albusauf. Dafür zahlt sie 16 Albus und 1 Pfennig Zinsen jährlich. Das entsprach einem Zinssatz von 5 %. Bei der Amtsbehörde beantragt sie Pachtnachlass, bis die Mühle wieder aufgebaut sei.

1779 heiratet der Müller und Maurer Peter Groß von Kaltenborn an der Hohen Acht die Susanne Schüteler aus Bereborn. Beide hatten als Knecht und Magd auf der Nitzer Mühle gedient und ziehen nun nach Bereborn um. Peter Groß wird von der Holzmüllerin engagiert und arbeitet eine Zeitlang auf der Holzmühle. Doch die Müllerswitwe Elisabeth Morsch war inzwischen alt geworden. Sie verkaufte schließlich ihre Holzmühle an den Heimbürger Malhias Jax von Bereborn. Dieser richtet 1787 ein Gesuch an die gräfliche Behörde in Virneburg, die Mahlmühle in eine Ölmühle umzuwandeln. Dem Antrag wurde auch stattgegeben, aber zur Verwirklichung ist es nicht gekommen, denn er verkauft die Holzmühle, die zu der Zeit auch Schwenkemühle genannt wurde, an Wilhelm Säbel von Mannebach. Dieser reicht 1793 ein Gesuch an die Grafschaft ein, ihm die Bannfahrten gegen eine Gebühr zu gestatten. Doch dazu kam es nicht mehr, denn die anderen Müller im Kirchspiel Retterath wehrten sich, und ein Jahr später wurde die ganze alte Feudalordnung über den Haufen geworfen, als die französischen Revolutionstruppen im Oktober 1794 die Eifel bis Koblenz besetzten. Nun begann wieder eine unruhige Zeit, in der auch die Besitzer der Holzmühle häufiger wechselten, denn die Franzosen führten 1798 die Gewerbefreiheit ein. Jetzt wurde nach anderen Maßstäben auf Wettbewerb gesetzt. Die Holzmühle wird in der Statistik dieser Zeit (1796-1801) als eine der acht Mahlmühlen in der ehemaligen Grafschaft Virneburg mit einem Mahlgang aufgeführt. 1797/1798 wohnt der Müller Johann Jakob Thomas von Uersfeld in der Holzmühle. Als er am 28. Febr. 1798 verstarb, blieb seine Witwe zunächst noch weiter dort wohnen und gebar am 11. 5. 1798 einen Sohn Johann Josef. 1812 finden wir den 48jährigen Müller Detwald Zoelzen mit seiner Familie in der Holzmühle. Seine Ehefrau Maria Katharina, geb. Mandelmans, ist dort am 28. 3. mit einem Sohn Mathias niedergekommen. Im gleichen Jahr ging die Mühle offenbar an den 36jährigen Müller Nikolaus Schaefer über, denn er wohnt dort mit seiner Ehefrau Margarete, geborene Ferber, die in der Mühle am 8. 11. 1812 von einem Sohn Wilhelm entbunden wird.

Dann war bis Anfang der 1830er Jahre Peter Campignier Müller in der Holzmühle. Seine Ehefrau Margarete Strahs bringt dort am 22. 12. 1831 den Sohn Mathias zur Welt. Mitte der 1830er Jahre wird die Mühle von dem Nachkommen der Kaspersmühle, Matthias Bertram und seiner Ehefrau Johanna Gundert übernommen; ihnen werden in der Mühle mehrere Kinder geboren: Maria Katharina (20. 1. 1835); Susanna (2. 2. 1837); Mathias (31. 8. 1840) und Nikolaus (12. 1. 1843). Drei weitere Kinder, Johannes und Anna Maria, waren ihnen schon vorher zur Zeit der Carnpigniers geboren worden. Die Familie Mathias Bertram wohnte also mit 7 Kindern in der Holzmühle. Am 16. 11. 1847 heiratet Margarete Bertram von der Holzmühle den Johann Hoff von Bereborn. Am 19. 8. 1853 ehelicht der ältere Sohn Johannes Bertram die Anna Katharina Seifert von der benachbarten Kaspersmühle, und am 19. 2. 1857 nimmt der Mannebacher Johann Peter Stern (geb. 30. 5. 1825) die ältere Holzmüllers-Tochter Anna Maria Bertram (geb. 7. 12. 1830] zur Frau. Johann Peter Stern wurde der letzte Holzmüller. Seine Frau brachte ihm in der Mühle mehrere Söhne zur Welt, so Johannes (22. 9. 1857); Remigius (4. 4. 1864). Als Johann Peter Stern am 4. Mai 1870 verstarb, zog seine Witwe mit ihren Kindern nach Mannebach. Das Mühlengebäude war beim Auszug schon in einem sehr schlechten Zustand und verfiel im Laufe der Zeit ganz. In unserem Jahrhundert wurden der Mühlengraben und Mühlenteich zugeschüttet und das Gelände nach dem Zweiten Weltkrieg teilweise mit Fichten bepflanzt.

Heute erkennt man die Wüstung der Holzmühle im oberen Elztal noch an den starken Bodenverformungen.

(Aus: Mühlen der Eifel, von Erich Mertes, Aachen 1994).