Daun ist ärmer geworden

Das Ende eines beliebten Hotels

Alois Mayer, Daun - Pützborn

»Zum ersten, zum zweiten und zum dritten! Verkauft an den Bieter mit der Nummer...!« Wuchtig saust der Hammer des Auktionators auf den Tisch und setzt hörbar den Schlusspunkt unter die Geschichte eines traditionsreichen Hotels in der Kreisstadt Daun. Das »Hotel Hommes«, Inbegriff Dauner Gastronomiekultur und Treffpunkt nationaler und internationaler Prominenz, Mittelpunkt von Familien- und Vereinsfeiern, gibt es nicht mehr. Es fügte sich ein in die Reihe anderer Hotels, die ihre Existenz in Daun aufgaben. Ein Teil der Stadt und seiner Geschichte ist vorüber. Bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts ist in Daun das Gasthaus Hölzer im Schatten der Nikolauskirche nachweisbar, ein vornehmes und gepflegtes Haus, das der reichen und weitverzweigten Großgrundbesitzerfamilie Hölzer gehörte. Noch heute ist der Hausname »Hölzisch« ein Begriff, obwohl es diesen Familiennamen seit Jahrzehnten nicht mehr gibt. Johann Adam Hölzer, als Mühlenbesitzer noch zu Kurfürsten Zeiten zu Reichtum und Ansehen gekommen, hatte in Daun die dort seit dem 17. Jahrhundert bestehende »Posthalterei und Gaststätte mit Pferdewechselstation« erworben. Sein Sohn Hubert Nikolaus baute das Anwesen zu einem großen »Gasthaus Hölzer« um. Wuchtige Stallungen und mächtige Ökonomiegebäude umstanden es, in dem bereits damals bekannte und angesehene Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens übernachteten. In diesem Haus traf sich unter anderem die »Casino-Gesellschaft«, bestehend aus Geistlichen, Leh-

rern, Kommunalpolitikern, Angestellten, Beamten und Gutsbesitzern. Regelmäßige Gäste waren die in Daun wohnenden preußischen Landräte, Apotheker und sonstige Behördenleiter. In dieser Gesellschaft, heute würde man sagen »Club« oder Verein, unterhielten sie sich, debattierten, betrieben bei manchem Getränk Kommunal- und Weltpolitik und waren besonders den schöngeistigen Dingen des Lebens gegenüber aufgeschlossen. So versammelte man sich in »Lesezimmern-, studierte die dort ausliegende Presse, traf sich im "Klavierzimmer» zur Unterhaltung und Gesang, rauchte Pfeife oder Zigarren und pflegte geschäftliche und freundschaftliche Beziehungen zu Reisenden, Touristen, Literaten, Geschäftsleuten. In diesem Hölzer'schen Anwesen fanden auch die Gründungen des "Dauner Mannergesangvereines 1850« und des Eifelvereines 1877 statt.

Der in Daun hochangesehene und freigeistige Gasthausbesitzer Hubert Nikolaus Hölzer war neben seinem Beruf als Gastwirt und Großgrundbesitzer Mitglied der Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche und später im Berliner Reichstag. Sein neues Tätigkeitsfeld und die häufige Abwesenheit von Daun waren die Gründe, warum er sich 1868 zum Verkauf seines gutgehenden Gasthauses und der Wirtschaftsgebäude entschloss. Erwerber war die Familie Nikolaus Hommes, Gutsbesitzer aus Hontheim, die ihre dortige Gaststätte für 2150 Taler veräußerte, um in der aufstrebenden Kreisstadt Daun neues Glück zu versuchen.

1871 — Deutschland war entstanden. Nach dem gewonnenen Deutsch-Französischen Krieg trug euphorischer Nationalstolz zu einem größeren Bekanntheitsgrad der Eifel bei. Frohsinn und Lebensfreude dominierten im Alltagsleben. Familie Hommes baute die vorhandene Gaststätte 1885 zu einem Hotel von internationalem Ruf um, in dem beliebte Dauner Bälle und kaiserlich-preußische Gedenkfeiern stattfanden. Um die Jahrhundertwende wurde ein Wirtschaftsgebäude an die Druckerei Schneider verkauft. (Nächste Käufer waren der Kartonagen- und Papierwarenhersteller Gerhard Schmitt und danach Familie Pick. Heute befindet sich in diesem Gebäude, nun im Besitz eines Elektrohändlers, ein Mode- und Glasschmuckgeschäft,) Der Verkaufserlös war der finanzielle Grundstock, das bestehende Hotel durch einen dreigeschossigen Anbau zu vergrößern, dessen markantes Flachdach, damals das erste in der Eifel, Jahrzehnte das Stadtbild von Daun prägte. Um die Jahrhundertwende wurde die Eifel durch die moderne technische Errungenschaft der Eisenbahn erschlossen. Wegen des zunehmenden Touristenverkehrs und der starken Nachfrage nach Übernachtungsmöglichkeiten wurde das Hotel noch vor dem Ersten Weltkrieg mit einer zweigeschossigen Kuppelhaube aufgestockt, so daß nunmehr^ Betten Gästen zur Verfügung standen, die mit einem hoteleigenen "Pferde-Omnibus« vom nahen Bahnhof abgeholt wurden. Zahlreiche Persönlichkeiten aus dem In- und Ausland, adlige Vertreter des deutschen Kaiserhauses, die Dichterin Clara Viebig und der Maler Fritz von Wille, ranghöchstes Militär, berühmte Rennfahrer wie Rosemeier, Hill und Stewart, Größen aus Landes-, Bundes- und Reichspolitik, aus der Sport-, Film- und Unterhaltungsbranche, »Stars und Sternchen« besuchten das Hotel, nächtigten in ihm und vergrößerten seinen Bekanntheitsgrad mit der familiären Atmosphäre wesentlich. Sein gepflegtes Ambiente mit wertvollen Gemälden, stilvollen Möbeln und Uhren, mit seiner luxuriösen Einrichtung, gusseisernen Öfen, handgeschnitzten Lampen und Skulpturen und einer sehenswerten Takenplattensammlung sowie die reiche Auswahl an erlesenen Speisen und edlen Getränken wurden allseits gelobt und empfohlen.

Doch all dies wurde gegen Ende des Krieges jäh vernichtet. Alliierte Bomben zerstörten das Hotel Hommes am 2. 1. 1945 fast gänzlich. Im erhalten gebliebenen Speisesaal wurde die »Notkirche« eingerichtet, da auch die katholische Pfarrkirche in Trümmern lag. Nach dem Wiederaufbau der Kirche 1949 erfolgte dann der Neubau des Hotel Hommes nach Plänen des Dauner Architekten Otto Kremer. Dabei wurde wegen der Straßenenge das Frontgebäude einige Meter zurückversetzt, der Innenausbau mit einer vergrößerten Bettenkapazität, Konferenzzimmern und Festsälen aufs modernste eingerichtet und so dem aufstrebenden städtischen Kurbetrieb angepasst. Das »Hotel Hommes« war so zu dem größten Hotelbetrieb der Südwesteifel geworden. Weitere Modernisierungen fanden 1959 (fünfgeschossiger Neubau) und 1969 mit dem Umbau der Parkhalle in ein Schwimmbad mit Sauna statt. Gaste fühlten sich wohl in dem Hotel, kehrten immer wieder, genossen die Gastfreundschaft und den wohltuenden Ausblick aus dem Terrassenzimmer auf die markante Dauner Burg und die Innenstadt und wussten sich in der "Poststube" zu erholen, deren Namen auf ihre einstige Bestimmung hinwies. In fünfter Generation und über 125 Jahre im Familienbesitz, endele am 4. Januar 1995 die über 300jährige Gaststättentradition des »Hotel Hommes« und damit auch ein wesentlicher Bestandteil Dauner Kultur.