Ein französisches Soldatengrab

Martin Meyer, Gerolstein

Auf dem Friedhof in Gerolstein, Sarresdorfer Straße, befindet sich ein Grab mit aufstehendem Denkmal für zehn, verschiedentlich ist auch die Rede von elf, französischen Kriegsgefangenen aus dem deutsch-französischen Krieg 1870-71. Nur noch wenigen Mitbürgern und Besuchern dieses Friedhofes dürfte der geschichtliche Hintergrund dieses Grabes bekannt sein.

Die Inschrift auf dem Denkmal, aus dem Französischen beziehungsweise Lateinischen ins Deutsche übersetzt, lautet:

A la Memoire des

Soldats francais

decedes en

1870-71

Erige par leurs

COMPATRIOTES

P.P.E.

Et num metiorem patriam apetunt

 

Zum Gedenken

der hier verstorbenen

franz. Soldaten

1870-71

Errichtet von ihren

Landsleuten

Betet für sie

Wir sehen sie in einer

besseren Heimat wieder

 

In der Vereinszeitschrift DIE EIFEL, 1941, befinden sich zwei Beiträge, die die Ereignisse vom November 1870 schildern. Karl Leopold Kaufmann schreibt in den »Erinnerungen eines preußischen Beamten« über die Haltung der Eifelbevölkerung: »Mehrere Tage nach der Kapitulation von Metz saß ich mit dem Garnisonsältesten im Kasino in Trier bei einer Partie Schach, wobei derselbe mir gesprächsweise mitteilte, er habe eben die Nachricht erhalten, dass vom 2. November (1870) ab etwa 80 000 französische Gefangene in Abteilungen von 10 000 Mann täglich mit der Eisenbahn anlangen, dann zu Fuß durch die Eifel nach Gerolstein (etwa neun Meilen) marschieren und dann wieder zum Weitertransport nach Norden die Eisenbahn besteigen würden- Auf meine Frage, in welcher Weise denn für die Unterkunft und Verpflegung dieser großen Menschenmassen namentlich auf dem Fußmarsch durch die Eifel gesorgt sei, erwiderte er, dass ihm hierüber nichts bekannt sei. Ich machte nun, dass ich nach Hause kam, um auf das schleunigste die Landräte und die sonst in Betracht kommenden Behörden von dem bevorstehenden Ereignisse in Kenntnis zu setzen mit der Anweisung, für Unterkunft und reichliches Strohlager nach Möglichkeit zu sorgen, auch an geeigneten Orten Kocheinrichtungen anzulegen, an großen Kesseln konnte es in der dortigen Landwirtschaft nicht fehlen, und alle Vorbereitungen zu treffen, um die Ankömmlinge mit warmer und kräftiger Speise zu versehen. Die Kartoffeln waren in der Eifel missraten, aber

Aufnahme vom Grab der französischen Kriegsgefangenen auf dem Friedhof in Gerolstein

Mehl, Fleisch und Gemüse waren erlangbar; auch ließ ich von Köln aus große Mengen Speck nach Gerolstein kommen. Diese Anweisungen wurden aufs pünktlichste befolgt; nicht nur die Landrate, Bürgermeister und Ortsvorstände waren sich der Verantwortung bewusst, auch die Bevölkerung wetteiferte in dem Bestreben, überall, wo es not tat, sich hilfreich zu erweisen. Am 4. Dezember 1870 sprach der Generalgouverneur in Koblenz seinen Dank für das Geschehene aus, und ich setze das an mich gerichtete Schreiben hierher, weil es der ganzen Bevölkerung eines großen Landstriches zur Ehre gereicht.                          Koblenz, den 4. Dezember 1870

Aus dem Berichte des zur Vorbereitung und Überwachung aller Einrichtungen für den Fußmarsch der französischen Kriegsgefangenen aus Metz von Trier nach Gerolstein nach dort kommandierten Hauptmanns Spitz (69. Inf.-Regiment) habe ich mit besonderer Genugtuung entnommen, in welcher umsichtigen, energischen und hingebenden Weise Euer Hoch-wohlgeboren die Schwierigkeiten aller Art, welche sich bei diesem Anlass ergaben, überwunden haben. Es ist in der Tat Ihrer Anordnung und Leitung sowie dem willigen und tatkräftigen Eingreifen der Ihnen unterstellten Landräte und Ortsbehörden und endlich dem aufopfernden Entgegenkommen und der hilfreichen Mitwirkung aller Einwohner vorzugsweise zu danken, dass die schwierige und verwickelte Verpflegung und Unterbringung von etwa 77 000 kranken und verhungerten Franzosen in jenen Tagen fast ohne nennenswerte Opfer und Verluste hat durchgeführt werden können. Ich kann es mir daher nicht versagen, Euer H och wohlgeboren meinen ganz besonderen Dank hierfür auszusprechen, und füge die Bitte hinzu, auch den unterhabenden Beamten u.s.f. sowie den Angehörigen Ihres Regierungsbezirks den Ausdruck dieses Dankes in geeigneter Weise zur Kenntnis zu bringen.               Der General-Gouverneur: v. Herwarth«.

Die Darstellung dieses Geschehens wurde durch einen Beitrag des früheren Bürgermeisters der ehemaligen Bürgermeisterei Gerolstein, Sollhe (1910-1929) "Kriegserinnerungen an 1870 aus dem Kreise Daun« wie folgt ergänzt:

"An dieser Stelle verdient auch erwähnt zu werden, dass das Städtchen Gerolstein im Kreise Daun Zeuge eines Vorganges aus dem Jahre 1870 war. der bis zum heutigen Tage im Volke lebendig geblieben ist. In der ersten Novemberhälfte des Jahres 1870 kamen in Gerolstein große Teile der Bazaineschen Armee im Fußmarsch von Trier aus an, die bei der Übergabe von Metz in Gefangenschaft geraten waren.

Acht Tage lang wurden französische Truppen - etwa 75 000 Mann - in Gerolstein verladen und mit der Eisenbahn nach Norddeutschland befördert. Viele Franzosen waren krank, zehn von ihnen sind in Gerolstein gestorben und ruhen auf dem dortigen Gemeindefriedhof Frankreich ließ diesen Soldaten anfangs der 70er Jahre auf dem Friedhof ein würdiges Denkmal errichten. Gleichzeitig wurde der Gemeinde Gerolstein ein ansehnlicher Geldbetrag zur Unterhaltung des Denkmals überwiesen. Das Grabmal ist bis heute unterhalten worden und befindet sich noch in gutem Zustand".

Hierzu muss man wissen, dass bis zum 15. Juni 1871 noch keine Eisenbahnverbindung zwischen Trier und Gerolstein bestand, aber ab 15. November 1870 die Bahnstrecke von Gerolstein bis Euskirchen durchgehend in Betrieb genommen wurde. Die französischen Kriegsgefangenen konnten demnach auf ihrem Weg nach Norddeutsch land zunächst bis Euskirchen und dann von Köln aus mit der Eisenbahn befördert werden.

Um 1970/1971, hundert Jahre nach Ende des deutsch-franz. Krieges, fand an der Grabstelle in Gerolstein auf Initiative von Dr. Alois Mertes (t), ein Freund Frankreichs und damals im Dienst des Auswärtigen Amtes, eine Gedenkfeier statt, an der eine Abordnung der französischen Garnison Wittlich teilnahm. Zu diesem Anlass war das Denkmal neu hergerichtet worden. Die hierbei entstandenen Kosten trug Dr. Mertes.

Quellen:

Zeitschrift DIE EIFEL, Jahrgang 1941, Seiten 65 und 102, sowie Jahrgang 1913, Seite 21

Schriftenreihe UM MUNTERLEY UND LÖWENBURG, Folge 9, von Pater Josef Böffgen