Nur ein unscheinbares Dorf?

Heinz Reuter, Bodenbach

Wie überall in der Eifel und natürlich auch in anderen Teilen unseres Landes gibt es viele kleine Dörfer, unscheinbar, ohne besondere Merkmale, klein auch gemessen an der Zahl der Einwohner. Man nennt sie bisweilen 100-Seelen-Dörfer. In der großen Geschichte haben sie nie eine Rolle gespielt, dafür aber oft unter dieser »großen« Geschichte gelitten. Auch im Kreis Daun ist das so. Ganz am nördlichen Rand, unmittelbar angrenzend an den Kreis Ahrweiler, liegt ein solch unscheinbares Dorf mit gerade 250 Einwohnern: Bodenbach in der Verbandsgemeinde Kelberg. Die Kreiszugehörigkeit hat im Laufe der letzten 175 Jahre mehrfach gewechselt. Zuletzt war Bodenbach die westlichste Gemeinde im Kreis Mayen. Mit der Eingliederung in den Kreis Daun durch die große Kommunalreform in Rheinland-Pfalz lebte für Bodenbach eine jahrhundertealte Verwaltungstradition wieder auf, denn bis zur Auflösung des alten Kurstaates Trier in der napoleonischen Zeit zu Beginn des vorigen Jahrhunderts gehörte Bodenbach, ebenso wie die meisten seiner Nachbargemeinden, zum kurfürstlich-trierischen

Brunnen am Kirchplatz in Bodenbach.

Pfarrkirche Bodenbach, um 1730 erbaut.

Amt Daun. Bodenbach, das seinen Namen von dem das Dorf durchfließenden Bach ableitet, der auch sein vor 10 Jahren geschaffenes Wappen prägt, kann natürlich auf eine wesentlich längere Geschichte zurückblicken als durch geschriebene Urkunden belegt ist, zum Beispiel durch zahlreiche Bodenfunde aus der römischen und keltischen Zeit. Wenn in wenigen Jahren das zweite Jahrtausend der christlichen Zeitrechnung zu Ende geht, können die Bodenbacher durchaus mit Recht sagen, dass sie auf einem seit 2000 Jahren besiedelten Flecken leben. Die schriftlichen Quellen beginnen mit dem Ende des 30jährigen Krieges 1648 reichlicher zu fließen. Aus der Zeit davor ist, wie so oft, fast alles durch diesen schrecklichen Krieg verloren gegangen, zerstört, verbrannt, verschleppt. Immerhin zeugt ein über 300 Jahre altes stattliches Fachwerkhaus - wegen seiner Farbgebung das »Blaue Haus« genannt, - im Freilichtmuseum in Kommern auf seine Art von Kultur und Lebensstandard seiner Bewohner.

Seit der 1862 erfolgten Abtrennung Bodenbachs und seiner Nachbargemeinden Bongard, Gelenberg und Borler von der alten Mutterpfarrei Kelberg und der Bildung einer eigenen Pfarrei geben die Pfarrbücher und natürlich auch die Dokumente in den neuen Verwaltungszentren reichlich Auskunft über Wohl und Wehe des nunmehrigen Pfarrdorfes Bodenbach und seiner drei Filialdörfer. In der durch den damaligen Trierer Bischof Wilhelm Arnold! ausgestellten Urkunde steht unter anderem der uns heute etwas übertrieben erscheinende Satz, man habe der Abtrennung von Kelberg zugestimmt, nicht zuletzt »wegen der großen Entfernung von der Pfarrkirche und der dazwischen liegenden wilden Gebirge«. Bedenkt man die damaligen primitiven Wege- und Verkehrsverhältnisse, dann waren sieben km bei Wind und Wetter, oft noch mit einem Täufling oder einem Leichenwagen, bergauf und bergab schon recht beschwerlich. Die 1862 zur Pfarrkirche erhobene bescheidene Kapelle ist vor 40 Jahren durch eine stattliche Erweiterung vergrößert worden. In den seit der Pfarrgründung vergangenen Jahren hat auch das kulturelle Leben einen beachtlichen Aufschwung genommen. Zwei Chöre und ein Blasorchester haben dem Ort im weiteren Umkreis zu hohem Ansehen und der Bezeichnung »Singendes Dorf« verhelfen. Der nach dem Zweiten Weltkrieg - er hatte natürlich auch seine Bombenspuren hinterlassen - erst spät und langsam einsetzende wirtschaftliche Aufschwung ließ die in früheren Zeiten oft drückende Armut in Vergessenheit geraten. Nur die Alten wissen noch etwas davon zu berichten. So können die Bürger dieses scheinbar »unscheinbaren«

 

Restauriertes Steinkreuz an der Außenwand der Kirche,

 

Dorfes mit berechtigtem Stolz auf eine über 2000 Jahre alte Geschichte ihrer Vorfahren zurückblicken und zugleich auf die großen Auf- und Ausbauleistungen in der Gegenwart mit Zuversicht dem dritten Jahrtausend entgegensehen.