Rundbogenportal

mit Löwe und Schlangen

Zierat vor dem Pfarrhaus

Prof. Matthias Weber, Niederbettingen

Oft sind es gerade die Kleindenkmäler wie Wegekreuze, Bildstöcke, Heiligenhäuschen und Brückenfiguren, die unserer Eifeler Kulturlandschaft neben den alten Dorfkirchen, Klöstern, Burgen und Herrensitzen ihr unverwechselbares Gepräge geben. Die Liebe zu sogenannten »Altertümchen«, nicht zuletzt auch zu Bestandteilen derselben, ist in unseren Eifeldörfern weit verbreitet. Es muss sich dabei noch nicht einmal immer um ein anerkanntes Kulturdenkmal handeln. Man stellt sie sich gerne, liebevoll präpariert, in den Vorgarten oder befestigt sie, soweit dies möglich ist, am Haus. Besonders beliebt sind in dieser Sparte der Erinnerungspflege alte Wagen- und Karrenräder aus Holz, manchmal noch zusätzlich mit Blumen geschmückt. Für jeden Straßenpassanten, der am Haus vorbeikommt, weisen sie anschaulich auf längst verschwundene ehemalige bäuerlich und hand-

werklich geprägte Zeiten hin. Ein wenig Nostalgie oder gar Wehmut mögen dabei mitschwingen. Damals gab es zwar noch keine Computer und Mobiltelefone, dafür waren die Zeitläufe auf jeden Fall weniger hektisch als in unserer Zeit, die sich soviel auf ihre Fortschrittlichkeit und Modernität zugute hält. Nicht jeder Mitbürger von heute findet Geschmack an dem »alten Kram« oder gar an seiner »Dauerausstellung« auf eigenem privaten Grund und Boden. Zur Aufbewahrung dessen seien doch die dafür eigens ausgestatteten Heimatmuseen da, mag so manche Passantenmeinung lauten. Doch lässt sich darüber im Sinne von »Geschmacksache« ja trefflich streiten, wie hinlänglich bekannt und sofern man dies will.

Offenbar gibt es auch Vorgarten-Denkmäler, die hinsichtlich des Geschmacks- und Zweckmäßigkeitsgesichtspunktes im positiven Sinne über jeden Zweifel erhaben sind. So wird etwa ein altes, steinernes Rundbogenportal im Vorgarten eines ähnlich alten Pfarrhauses allem Anschein nach mit anderen Augen angesehen, als ein ausgedientes Wagenrad aus Holz und geschmiedetem Bandeisen. Das Beispiel des mysteriösen kleinen Buntsandsteinportals vor dem ehrwürdigen Niederbettinger Pfarrhaus zeigt es. Niemand findet etwas dabei oder nimmt daran Anstoß, dass es hier quasi als Zierat steht. Niemand fragt aber auch danach, wo kommt dieses steinerne Zeugnis aus »uralten Zeiten« eigentlich her, was hat es wo für eine Rolle gespielt, wie kam es ausgerechnet hierhin, seit wann steht es hier? So sehr ist man im Dorf und/oder in den vier Filialdörfern der alten Pfarrei an seinen Anblick gewöhnt, dass man keinerlei Gedanken an seinen »Lebenslauf« und »Werdegang« verschwendet. Es stand schon immer da und soll auch da stehen bleiben. Fragt man jemanden nach der Bewandtnis

dieses geheimnisvollen Steindenkmals, gibt es entweder leicht verlegenes Achselzucken ob der eigenen Unkenntnis oder phantasievolle Spekulationen, aber auch hinreichend Zeichen erwachten Interesses. Plötzlich leuchtet das Geheimnisvolle und Besondere dieses ungewöhnlichen Erinnerungsstücks auf. An der respekteinflößenden Patina der Verwitterung ist unschwer sein ehrwürdiges Alter zu erkennen. Würden die vielen Pfarrherren, denen das alte Pfarrhaus von 1829 mit dem im Dorf selten gewordenen verkrüppelten Walmdach noch Amtssitz und Residenz zugleich war, sonst das Steingebilde vor ihrer Haustür immer wieder geduldet haben, handelte es sich hierbei nicht um ein bemerkenswertes Zeugnis der Bettinger Kirchbaugeschichte? War man in der Kirche selbst mit Veränderungen in der Ausstattung zu verschiedenen Zeiten doch auch nicht immer zögerlich.

Eine Pfarrchronik der uralten Pfarrei Niederbettingen, in der man eine Mitteilung darüber finden könnte, gibt es leider nicht. Auch die Niederbettingen mit einschließende Dohmer Schulchronik, die von 1874 bis 1929 sorgfältig geführt wurde, schweigt sich über das kleine Steindenkmal aus, obwohl sie sonst sehr genau über den Aufbau und die Konsekration des Niederbettinger »Eifeldoms« berichtet. In Peter Schugs ausführlicher Geschichte der Pfarreien (Trier 1956) suchen wir vergebens nach einem Hinweis auf das interessante Denkmal, obwohl Schug zum alten Niederbettinger Pfarrhaus beträchtliche Detailinformationen liefert und sogar einen einmaligen Einbruch in dieses- Haus nicht unerwähnt lässt. So bleibt unsere Hoffnung schließlich, dass wir in dem rund 30 Jahre zuvor erschienenen, im Auftrage des rheinischen Provinzialkonservators herausgegebenen Kunstdenkmälerbuch des Kreises Daun von Ernst Wackenroder (Düsseldorf 1928) fündig werden. Und tatsächlich, es gibt darin einen wichtigen Hinweis, allerdings in den Ausführungen zur Remigius-Kapelle in Dohm. Er lautet: »Von der Kapelle (..) ist der Unterbau des Westturmes noch romanisch. Heydinger (Public, de Luxemb. 32, S. 107) fand um 1875 ein 'ausgebrochenes am Boden liegendes Rundbogenportal', darauf 'einerseits einen Löwen mit verschlungenem Schweif, andererseits zwei Schlangen, deren Hinterteile ineinander-gewunden.'« (E. Wackenroder, S. 718). Da die Beschreibung in diesem knappen Fundbericht mit dem Hinweis auf das beiderseitige Ornament auf das Rundbogenportal im Vorgarten des Niederbettinger Pfarrhauses genau zutrifft, wäre damit dessen Identität und Herkunft aus der Dohmer Kapelle geklärt. Offen bleiben müssen dann aber einstweilen noch die Fragen nach dem baugeschichtlichen Zusammenhang des Portals mit der Dohmer Kapelle sowie nach seiner Übertragung und Aufstellung sowie dem Zeitpunkt dafür ausgerechnet vor dem Pfarrhaus in Niederbettingen. Vermutlich war das Rundbogenportal beim Einbau des neugotischen Außenportals in den 1862 errichteten Turm der Dohmer Kapelle als Portalgewände entbehrlich geworden und niemand wusste eine geeignete neue Verwendung dafür. Möglicherweise sah erst der Niederbettinger Kirchenbauer Pfarrer Josef Pfeifer (Amtszeit in Niederbettingen 1892-1907) mit seinem erwiesenen Geschmack für die Schönheit des neoromanischen Baustils des 1897 erbauten und 1898 geweihten Niederbettinger »Eifeldoms« die besondere dekorative Eignung des kleinen Denkmals und Bauzeugnisses im altromanischen Stil sowie als Erinnerungsstück an die baugeschichtliche Vergangenheit einer besonders reizvollen Filialkapelle. Bis zum Beweis des Gegenteils und bis zum Fund neuer und anderslautender Quellen müssen diese Annahmen jedoch verständlicherweise spekulativ bleiben.

Jedenfalls stand in den 30er Jahren unseres Jahrhunderts das Rundbogenportal bereits an seinem Platz, wie das Foto des alten Niederbettinger Pfarrhauses im »Schmuck« der im Dritten Reich üblichen Hakenkreuzfahne deutlich zeigt. Für weitere Hinweise zu den noch offenen Fragen über das hier behandelte Kleindenkmal ist der Verfasser sehr dankbar.