Der Huldigungseid von 1686

Hubert Pitzen, Stadtkyll

Immer dann, wenn in der Feudalzeit des Mittelalters und der frühen Neuzeit ein Grundherr starb, mussten die leibeigenen Untertanen den Huldigungseid auf den neuen Herrn ablegen. Damit ging das Territorium oder auch ein einzelnes Hofhaus in den Besitz des neuen Grundherrn über. Auch bei den jährlich stattfindenden Herrengedingen, den Gerichtstagen der Feudalherren, hatten die in das Herrschaftsgebiet »eingezogenen« Untertanen diesen Huldigungseid zu leisten. Eine interessante Quelle über die Inbesitznahme der Dörfer Schüller, Pelm, Rockeskyll und Berlingen ist aus dem Jahre 1686 erhalten geblieben. Das Dorf Schüller und einige Gehöfte der erwähnten Orte gehörten zu damaliger Zeit dem Freiherrn von Wiltberg. 1633 hatten die Wiltberger, die eigentlich im Hunsrückraum ansässig gewesen waren, Besitz vom Hartelsteiner Erbe ergriffen. Die Herren.von Hartelstein residierten

Territorial- und Grenzplan der Herrschaft Jünkerath des Jahres 1687. (Kartenausschnitt) Die Karte zeigt im Vordergrund das Dorf Schüller (»Scholler«) im Gebiet Hartelstein (»Harallsteins«). Im linken Hintergrund entdeckt man eine anschauliche Zeichnung des Jünkerather Schlosses, umgeben von einem von der Kyll durch einen Stichkanal gespeisten Wassergraben. Neben dem Schloß befinden sich zwei »Lustgärten« und ein künstlich angelegter Fischteich (alter Sportplatz). Umgeben ist die gesamte Anlage von einem umzäunten »Tiergarten«. Der Zugang zum Schlossbereich erfolgte durch einen Torturm südlich der Kyll. Die Karte zeigt ebenfalls die Jünkerather Eisenhütte und ist der früheste bildliche Beleg für die Existenz der Hütte (gegründet 1687). Die südlich der Kyll eingezeichnete Ringmauer ist der Überrest der Ummauerung des römischen Kastells Icorigium. Quellennachweis: Landschaftsverband Rhein/and mbH, Abtei Brauweiler, Pulheim

Wandergruppe des Eifelvereins aus Jünkerath in Schüllerum das Jahr 1930.

Foto: Sammlung Theo Krämer, Jünkerath

auf der gleichnamigen Burg bei Schwirzheim. Als Freiherr Wolfgang Wilhelm von Wiltberg zu Beginn des Jahres 1686 ohne Nachkommen starb, fiel das Erbe an seine jüngeren Brüder Emmerich Ernst und Anton, der als Domscholast in Würzburg wirkte. Abgabe- und Dienstleistungen mußten die Hartelsteiner und auch Wiltberger Untertanen seit jeher nach Ulmen liefern und verrichten.

So erschien am 29. Januar des Jahres 1686 der Ulmener Amtsverwalter Cornelius Baur zunächst in Schüller, um das Dorf für die neuen Herren in Besitz zu nehmen. Morgens zwischen sechs und sieben Uhr ließ er Schultheiß, Schöffen und sämtliche Untertanen zusammenrufen und verkündete den Tod des Grundherrn. Danach fragte der Gesandte die Anwesenden, ob sie den Huldigungseid ablegen wollten. Alle Untertanen waren bereit, diesen abzulegen, wenn die althergebrachten Gewohnheiten nicht zu ihrem Nachteil verändert würden. Nachdem der Verwalter zugesichert hatte, dass ihnen keine Nachteile entstünden, zog die ganze Versammlung zum Gemeindeplatz »Kirschelheck«, wo dann eine Inbesitznahmezeremonie ablief.

Zunächst warf Baur, vermutlich mit einem Spaten, Erde in die Luft und brach danach »allerhand« Zweige ab. Daraufhin legten die Schüllerer den Huldigungseid ab, der Gehorsam, Huld und Treue beinhaltete. Nachdem der Verwalter jedem Anwesenden die Hand gereicht hatte, war das Dorf offiziell in den Besitz der neuen Herren übergegangen. Der Schultheiß erhielt den Auftrag, jedem Untertan zwei Reichstaler zum besten zu geben, die mit den abzuliefernden Gefallen zu verrechnen waren. Zum Abschluss hielt der Pfarrer von Lissendorf, der die Filiale Schüller betreute, eine Messe für den »abgelebten« Herrn.

Am nächsten Morgen brach Cornelius Baur nach dem Frühstück nach Pelm auf, wo die Wiltberger ein Hofhaus besaßen. Er ließ die Grundhörigen Johann Horß, Heinrich Plonnigen, Mattias und Johann Osters zusammenrufen und befahl ihnen, ihre Pacht, Zinsen und Zehnten nur nach Ulmen zu liefern. Durch das Eintreten durch die Tür nahm Baur das Hofhaus und die angegliederten Güter in Besitz. Eine Besichtigung der Scheune und Stallungen folgte. Das Aufwerfen der Erde und ein Handschlag besiegelte auch in Pelm das neue Herrschaftsverhältnis.

Hiernach ritt Cornelius Baur nach Rockeskyll, wo sich auch die Gemeinde von Berlingen versammelt hatte. Nach Verkündigung des Todes des Grundherrn legten die Rockeskyller und Berlinger Untertanen den Huldigungseid ab und sicherten zu, ihre jährlichen Schuldigkeiten nach Ulmen zu liefern. Danach begab sich der »Commissarius« zur Kirche und zog am Glockenseil. Das G locke n läuten besiegelte die Besitzergreifung des Dorfes. Einige Jahre später (1722) hören wir von einer nicht weniger interessanten Besitzergreifung des Dorfes Schüller durch einen luxemburgischen Beamten. Dieser, aus Vianden angereist, ließ sich zunächst von allen Dorfbewohnern huldigen und umging dann das gesamte Schüllerer Gebiet. Danach durchjagte er einen Wald (Prangert) in der Hoffnung, einen Hirsch zu erlegen. Im Schüllerer Gemeindebach ließ er schließlich nach Krebsen fangen. Somit war das Dorf in Besitz genommen.

Quellennachweis:

Herzog von Croy'sches Archiv Dülmen: Blankenheim II, 1 Nr. 2-5