Verhaltensregeln für Katholiken herausgegeben im Jahre 1699

Werner Schönhofen, Leudersdorf.

In früherer Zeit gab es in den Pfarreien die sogenannten Sendtge richte. Dazu berufenen Laien oblag die Überwachung des Lebenswandels der Gemeindemitglieder. Sie mussten dem Pfarrer über ihre Tätigkeit Rechenschaft ablegen. So finden wir sie auch in den folgenden Anordnungen für eine Kirchengemeinde aus dem Jahre 1699; diese Anordnungen sind also fast 300 Jahre alt. Darin heißt es: An den Sonn- und Feiertagen soll ein jeder in seiner Pfarrkirche die hl. Messe und Predigt hören. Welche anderswohin gehen, sollen sich bei dem Herrn Pastor oder bei einem der Sendscheffen abmelden, widrigenfalls sie gestraft werden. - Diese Vorschrift beruht auf einem der fünf Kirchengebote, die in der katholischen Kirche wohl in der Zeit nach dem Konzil von Trient erlassen wurden. Die Predigt wird besonders erwähnt, da die Unsitte zu vermuten ist, während der Predigt sich draußen aufzuhalten. An den Sonn- und Feiertagen sollen die Schuster und Schneider nicht arbeiten, die Bäcker nach Mitternacht nicht backen, die Metzger und Juden kein Fleisch verkaufen, die Müller kein Mehl ausfahren und des Vormittags ohne große Not nicht mahlen, die Barbierer nicht barbieren (rasieren oder Haare schneiden] und die Weibsleut nicht waschen, stärken, bügeln und nichts Neues machen. -Ich erinnere mich dabei des Ausspruches aus meiner Kindheit: »Wer am Sonntag einen Hammer gebraucht, schlägt Jesus noch einmal ans Kreuz-!

Die Juden sollen an Sonn- und Feiertagen nicht handeln, nichts kaufen, nichts verkaufen, keine Last (Waren) tragen, noch Vieh über die Straßen treiben, ausgenommen, wenn ein Markt abgehalten wird.

Während der Messe, Predigt oder Vesper dürfen sie nicht auf der Straße stehen, sondern sie müssen in ihren Häusern bleiben. An Sonn- und Feiertagen soll niemand Karten spielen noch kegeln während der Vesper. Die

Wirte sollen außer Reisenden niemand in ihren Häusern Aufenthalt gewähren. Die Herren Sendtschöffen sollen während der Predigt und Vesper die Wirtshäuser visitieren und alle, welche sie nur auf der Straße finden, dem Herrn Pastor benennen; in der Kirche sollen sie auch die mutwillige Jugend vom Schwatzen und Scherzen abhalten.

Die Kinderlehre (Christenlehre) soll sommers und winters, ausgenommen wenn es gar zu kalt ist, gehalten werden und die Jugend dabei zu erscheinen angehalten werden; die Abwesenden, welche dabei keine Erlaubnis vom Herrn Pastor erhalten haben, sollen um drei Albus (kleine Münze) gestraft werden. Die Täuflinge sollen sobald als möglich zur hl. Taufe getragen werden und den Weibern soll keine Mahlzeit, sondern nur ein Trunk und etliche Wecken gereicht werden. Die großen Hochzeiten sollen auch abgeschafft werden, dieweilen viel Mutwillen dabei geschieht, in Gleichen sollen auch die Toten-Mahlzeiten abgeschafft werden.

Wenn das hochwürdigste Sakrament zum Kranken getragen wird, soll ein kleines Zeichen (Geläute) mit der großen Glocke gegeben werden, und die beiden nächsten Nachbarn des Kranken sollen das hochwürdigste Sakrament hin- und herbegleiten, dasselbe wie auch die letzte Ölung, soll ihnen ohne einige Vergeltung (Stolgebühren) gegeben werden. Die Herren Sendtschöffen sollen nach Gebühr geehrt werden. Wer ihnen einige Unbill erweist, soll hart gestraft werden. Dieselben samt dem Herrn Pastor sollen alle Übertretungen, besonders was wider diese Verordnung gehandelt wird, strafen ...

Niemand soll an Sonn- und Feiertagen vor der Messe Branntwein trinken noch Tabak rauchen, weil dieses großen Gestank in der Kirche macht und der Gottesdienst verunehrt wird. Zuwiderhandlungen werden jedesmal mit 1/4 Pfund Wachs bestraft.

Unterschrieben ist die Anordnung des Kurfürsten/Erzbischofs von Trier von dem kurtrierischen Visitator und Missionar, Pater Martin von Cochem. Er wurde 1634 als Martin Linnius in Cochem geboren. An seinem Geburtshaus, der Apotheke am Cochemer Marktplatz, erinnert eine Tafel an den damals weitbekannten Kapuzinermönch und Volksschriftsteller, der Verfasser zahlreicher religiöser Bücher war; er lebte zeitweise im Kloster Waghäusel in Nordbaden, Die Originalfassung des Textes befindet sich in der Pfarrchronik der Pfarrei Heimbach.