Erinnerungen an die Kinderzeit

Angela Dingels, Salm

Gern erinnere ich mich noch an früher. Es war ein bescheidenes Leben auf dem Dorfe, und ich erlebte trotz vieler Entbehrungen eine schöne Zeit.

Es begann schon in den Schuljahren. Wir konnten morgens länger schlafen, da die Schule im Dorf war, und brauchten erst kurz vor acht Uhr loszugehen.

In Salm standen mitten im Dorf zwei Schulgebäude mit je einem Saal. In einem wurden die ersten vier Jahrgänge unterrichtet und in dem anderen die Schuljahre 5 bis 8. Zu unserer Zeit hieß es »Volksschule« - Abitur und mittlere Reife waren für uns kein Begriff. Die Winter waren früher länger, sehr kalt und mit viel Schnee. In unserer Klasse stand ein großer alter Ofen. Er wurde mit Holz geheizt. Die Jungen mussten in den Pausen das Holz hochbringen. Das machte ihnen viel Spaß, wenn sie die Treppe hochgepoltert kamen und dann die schweren Holzstücke mit viel Lärm auf den Boden fallen ließen. Mit der Wärme war es oft schlecht, weil das Holz nass war. Da rauchte der Ofen und das ganze Klassenzimmer war voller Qualm. Wenn es gar nicht mehr ging, durften wir früher in die Pause.

Mit dem Schnee im Winter hatten wir viel Spaß. Es ging manchmal sehr wild zu und bei einer Schneeballschlacht ging oft eine Fensterscheibe zu Bruch. Aber da wir uns meistens einig waren, hat der Lehrer den Übeltäter nicht erfahren.

Am schönsten war es abends. Wir fuhren oft Schlitten bis nach 22.00 Uhr. Hier waren die Jungen gefragt. Es wurden mehrere Schlitten hintereinander festgebunden und am vorderen ein Rad zum Lenken angebracht. Das war dann unser »Bummelzug« und wir sind mit Geschrei und großem Tempo durch das Dorf gerast. Doch am anderen Morgen, auf dem Schulweg, sahen wir einen Lastwagen, beladen mit Sand. Dieser wurde auf die glatte Fahrbahn gestreut und vorbei war es mit unseren abendlichen Schlittenfahrten.

Wenn im Frühjahr der Frost aus dem Boden und die Erde wieder abgetrocknet war, wurde das Klickerspielen sehr beliebt. Wir suchten uns eine schöne sonnige Stelle, wo der Boden weich war. Mit einem Stöckchen bohrten wir ein »Käulchen« (Vertiefung) in die Erde. Dann warf von einem bestimmten Punkt jeder Mitspieler einige Klicker auf dieses Käulchen zu. Anschließend durften alle mitspielenden Kinder (meistens waren es fünf), abwechselnd Klicker ins Käulchen mit dem angewinkelten Zeigefinger kicken. Die dabei hineingerollten Klicker durfte das betreffende Kind behalten.

So konnte man sich bei viel Geschick einen regelrechten »Klickerschatz« anschaffen. Es gab Ton- und Glasklicker, große und kleine. Besonders beliebt waren die dickeren Glasklicker. Die Mutter hatte uns aus buntem Schürzenstoff ein Säckchen genäht, worin wir unseren Schatz aufbewahrten.

 

 

Eigentlich waren wir als Kinder sehr genügsam, brauchten nicht viele Dinge zum Vergnügen und amüsierten uns zum Beispiel mit Eisenreifen vom ausgedienten Pflug oder ein Rad von einem alten Fahrrad ohne Reifen, oft auch mit krummen Felgen - die Hauptsache, sie liefen schnell. Diese schoben wir mittels eines Stockes durch die Dorfstraße und halten viel Spaß dabei. Wir nannten es »Bänches scheiwen«. (Reifen schieben)

Sehr beliebt war sowohl bei Jungen als auch Mädchen das Spiel »Höppehäuschen«, ein Hüpfspiel, das sich auch gut auf unbefestigten Hofflächen spielen ließ. Mit einem spitzen Stein wurden mehrere aneinander grenzende Vierecke in die Erde geritzt. Ein kleiner flacher Stein oder ein buntes Porzellan-Stückchen musste mit dem Fuß durch alle Vierecke geschoben werden, wurde dabei die Markierung berührt -einmal aussetzen und der nächste war dran. Wer als erster seinen Stein zum Ende brachte, war der Sieger.

Besonders wir Mädchen hatten viel Spaß beim Ballspielen. An glatten Hauswänden und Scheunentoren machten wir viele Bewegungsund Wurfspiele, mit den Händen, den Armen oder auch mit dem Kopf. Fiel dabei der Ball zur Erde, schied das Kind aus und das nächste kam an die Reihe. Hatte ein Mädchen einen besonders schönen dicken Ball, war die Freude, wenn man damit spielen durfte, natürlich besonders groß.

An Bewegung fehlte es uns wirklich nicht. So spielten wir auch mit Begeisterung »Verstecken". In der Scheune, im Schuppen, hinter Holzstapeln, einfach in allen Ecken.

Ein Kind wurde ausgezählt, musste sich an eine Hauswand stellen und die Augen zuhalten. Es zählte bis 10 oder 20 und in dieser Zeit mussten sich die anderen Mitspieler verstecken. Jetzt galt es aufzupassen, damit man nicht überlistet wurde- Waren alle Mitspieler entdeckt und aufgerufen, kam ein anderes Kind mit Zählen dran. Aber wie oft kam schnell aus irgendeiner Ecke ein Kind angelaufen, das der Zähler nicht sah und klopfte sich an der Hauswand frei, so dass das Ganze wieder von vorne begann. Die Zeit verging so schnell und wir dachten ja gar nicht daran, dass wir auch noch Hausaufgaben zu machen hatten. Erst nach dem Rufen der Mutter liefen wir nach Hause.

Wir konnten noch ohne Gefahr über die Straße laufen, denn es kamen selten ein Auto oder Traktor. Die Ackerwagen wurden damals noch mit Pferden, Ochsen oder Kühen gezogen.

Ich habe keine schlechten Erinnerungen an meine Schulzeit und muss immer wieder feststellen, dass wir trotz aller Entbehrungen eine unbeschwerte Kindheit verleben konnten.

"Wie schön ist die Erinnerung, an unsere Kinderzeit. Einst war man glücklich, froh und jung, voll inniger Heiterkeit-.

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