Kunst in einer natürlichen Rollenverteilung

Robert Gericke, Basberg

Ein Denkmal aufzustellen, damit verbindet man zunächst einmal viele Probleme. Die größte Schwierigkeit liegt in der Geldbeschaffung, aber auch Standort und Gestaltung sind nicht zu unterschätzende Diskussions- und zuweilen heftige Streitpunkte.

Jüngstes Beispiel für diese Vorgehens weise ist das Adenauerdenkmal nahe dem Kölner Neumarkt. Fünfzig Jahre benötigten die denkmalliebenden Kölner, um auch ihrem ehemaligen Oberbürgermeister ein solches Ehrenmonument aufzustellen. Umstände machte nicht nur die Finanzierung, die fast ausschließlich über Spenden zustandekam, auch der endgültige Standort neben der St. Aposteln-Kirche war erst das Ende vieler Platzplanspiele. Die Gestaltung der Zweimetermetallfigur sollte ein bekannter Bildhauer übernehmen. Doch er starb, und hinterließ der langsam wachsenden Denkmal an hängerschar lediglich eine in einen dicken Wintermantel gehüllte Figur. Adenauers etwas speziell geformten Kopf wollte sich der Künstler bis zum Schluß aufheben. Doch trotz des Todesfalls schien die Vollendung gesichert zu sein, denn ein Schüler des verstorbenen Meisters übernahm diese heikle Aufgabe, aber nach einem Jahr Wartezeit im Atelier bedeckte den kopflosen Wintermantel lediglich eine Staubschicht. Der nächste Künstler musste ran, aber auch er hatte mit dem Alten aus Rhöndorf seine Schwierigkeiten. Letztendlich schaffte es doch noch einer, der Figur das charakteristischste, eben den Kopf, zu verpassen.

Zur Einweihung Anfang Juli kam sogar der Bundeskanzler, um seinem großen Vorbild höchstpersönlich das Leintuch vom Leibe zu ziehen, und Köln hat mit reichlicher Verspätung auch diesen Sohn gewürdigt. Dabei halte alles so einfach sein können, wenn - ja wenn die Kölner als ihr Denkmal den Steinbruch in der Steffelner Lavagrube erklärt hätten. Keine Kosten, keine Standortsuche und auch keine pompösen Einweihungen mit feierlichen Enthüllungen, es sei denn, Christo hätte gleich die ganze Wand verpackt. Eher unbeabsichtigt hat der Mensch beim Adenauerdenkmal in Steffeln mit Hand angelegt, nämlich vor zwei Jahrzehnten, als der Steffelkopf in eine Lavagrube umfunktioniert wurde. Das Loch wurde immer tiefer, und die wertlosen Gesteinsschichten beim Abbau lediglich angekratzt. Den Rest der Kunst hat die Natur besorgt. Durch jahrelange Erosion bildeten sich dann im Stein Figuren und Gesichter. Die Konturen des ersten Kanzlers mit den für ihn typischen Schlitzaugen erkennt man sofort. Als wäre es beabsichtigt, ist an zwei paralellen Stellen das Gestein weggesprengt worden, die prägnante Stirn, der Hinterkopf und die Nase sind ebenfalls treffend herausmodelliert. Das Ganze ist in einem wunderbar geschichteten Relief dargestellt, und damit entwickeln sich Vorstellungen an die faltenreiche Haut des alten Herrn aus dem Palais Schaumburg. Ein Naturdenkmal, das für sich auch die Bezeichnung Kunst verdient, und zudem in seiner Entwicklung nie stehen bleibt. Einerseits ist diese Kunst auf Zeit schade. Doch es entwickelt sich eine Illusion, und die macht das ganze wiederum spannend. Vom Steffelner Adenauerdenkmal ist inzwischen nur noch diese Aufnahme als Dokument übriggeblieben. Die Natur hat sich auch hier nicht manipulieren lassen, die Erosion der Felswand ist weitergegangen. Was bleibt, ist auf jeden Fall die Fotografie, verbunden mit dem Hinweis von Kurt Tucholsky: »Erhalten zu bleiben, ist kein Zeichen von Wert».

Foto: Rose-Marie Geriefte